8. Kapitel

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Ich erwachte in einem düsteren Raum. Verwirrt setzte ich mich auf, sah mich, Übelkeit übermannte mich, mein gesamter Körper begann zu zittern. Mir war nicht kalt, nein, ein Blick auf die Uhr, die über einem Schreibtisch hing, zeigte mir, dass ich seit fast 5 Stunden keine Tablette mehr genommen hatte. "Scheiße.", murmelte ich und blickte hektisch hin und her. Ich war bei Ardian, daran konnte ich mich noch erinnern, also würde das hier wohl auch sein Bett sein. Aufstehen kam nicht in Frage, da mir vom Sitzen bereits schlecht war und ich definitiv nicht hier in dieses Zimmer kotzen wollte. Meine Jacke hatte ich noch an, sehr gut, unruhig wühlte ich in meinen Taschen, suchte beinahe panisch nach einer Tablette, drehe mich um, sah in den Laken nach, wurde immer hektischer, ängstlicher, je länger ich keine fand. Tränen liefen mir über das Gesicht, mein Sichtfeld verschwamm, das Zittern würde nach und nach stärker werden, meine Körper verlangte nach dem Stoff, seine Funktionalität schien abhängig von ihm. 'Du bist so nutzlos. Vergisst selbst deine Lebensgrundlage, du Opfer.' Ich versuchte aufzustehen, musste nach Hause, in mein Badezimmer. Schwankend stand ich vor dem Bett, zitterte, konnte kaum einen Schritt gehen, ohne mich irgendwo festzuhalten. Ich hatte gar nicht gewusst, wie abhängig ich war. 'Zwing dich! Du musst laufen!' Ich versuchte es, wankte bis zur Zimmertür, öffnete diese mit viel Kraftaufwand, hielt kurz inne, lauschte. Nichts. Ich trat auf den Flur, schlich unter größter Anstrengung, an die Wand gestützt bis zur Haustür und raus auf die Straße. Es schien fast Abend zu sein, jedenfalls dunkelte es bereits. Langsam, ein wenig schwankend bewegte ich mich auf dem Heimweg. Glücklicherweise schien Ardians Wohnung nur zwei Straßen von meinem Haus entfernt zu sein, sodass ich trotz meines Schneckentempos gerademal 15 Minuten brauchte. Allerdings konnte ich den Weg nicht zurücklegen, ohne insgesamt zweimal mich an den Straßenrand übergeben zu müssen. Mein gesamtes Sein beschränkte sich nur auf den Gedanken, dass ich bald meine Tabletten wieder hätte. 'Ist nicht mehr weit. Danach geht es dir viel besser.' Die Treppen waren bei weitem das Schlimmste des gesamten Weges.

Ich lag auf meinem Bett, die Augen geschlossen, der Atem gleichmäßig. Mir ging es jetzt, eine halbe Stunde später, definitiv besser, gar nicht mehr fast tot. Mein Handy hatte ich sowieso nicht an, glaubte sogar, dass der Akku leer war, aber egal.
In meinem Zimmer war es kühl, das Fenster stand sperrangelweit offen, kalte Luft zog hinein, außer den Geräuschen der Straße draußen hörte ich nichts. Stille lag über unserem Haus, wiedermal war niemand anwesend.
Die Gedanken Ardian quälten mich, mein schlechtes Gewissen plagte mich. Ich war einfach abgehauen, nur weil ich, verdammt nochmal, drogenabhängig bin. Der Hass auf mich selbst wuchs von Mal zu Mal. 'Mädchen! Hör auf über diesen Jungen nachzudenken.' Ich konnte ihn nicht vergessen, wollte mich gerne bei ihm entschuldigen, traute mich allerdings nicht ihn anzurufen. Was, wenn er mich nie wieder sehen wollte? Oder sich Sorgen um mich machte?
Plötzlich hatte ich mein Handy in der Hand, schaltete es an, der Akku war nicht leer, sogar noch so gut, wie voll. Tausende Anrufe und Nachrichten wurden mir angezeigt, es vibrierte sich halb tot. Ich tippte auf Ardians Kontakt, mein Finger hielt direkt über seiner Nummer inne, ich konnte das nicht, wollte es aber unbedingt. 'Tu es nicht. Wie willst du ihm erklären, warum du einfach abgehauen bist?' Stimmt, ich hatte keinerlei Ausreden, geschweige denn plausible Gründe, weshalb ich gegangen war. Ich sperrte das Handy wieder. Aber er machte sich sicherlich Sorgen um mich. 'Ach quatsch.' Ich bin einfach abgehauen, wieso sollte er sich keine Sorgen machen? 'Er ist zum einen ein Junge und zum anderen kennt er dich gar nicht.' Er weiß, dass meine Mutter tot ist. 'Deshalb kennt er dich noch lange nicht.' Er weiß mehr als jeder andere, er war in vielen Situationen da, die andere nichtmal wahrnehmen. 'Na und? Er wird dich niemals so akzeptieren, wie du bist, weil er dich niemals kennenlernen wird.' Ich würde gerne mit ihm befreundet sein, so wie jedes Mädchen sich jemanden wünscht, der für sie da ist. 'Du hast deine Tabletten, die lassen dich niemals im Stich.' Ja, ich weiß.
Plötzlich vibrierte das Handy in meiner Hand. Scheppernd landete es auf dem Boden. "Shit.", murmelte ich, hob es hoch, sah Ardians Namen aufleuchten und schmiss es wieder davon. Ängstlich beäugte ich das weiterhin leuchtende Display, wartete auf den Moment, in dem es dunkel werden würde.

Seit ungefähr zehn Minuten starrte ich mein Handy jetzt an, es zogen sich Risse über den gesamten Bildschirm, doch funktionierte es problemlos. Mir war das egal, nutzte ich es sowieso nie.
Kurz schwebte mein Finger über der Rückruftaste, zum vierten Male innerhalb dieser Zeit nun schon. Ich seufzte frustriert auf. Warum bin ich nur so ängstlich? 'Weil du zu dumm bist. Nimm eine Tablette.' Nein. Ich will keine Drogen mehr nehmen. Ich möchte endlich wieder normal sein. 'Spätestens in drei Stunden fühlst du dich wiedermal tot.'

Ich drückte auf seinen Namen, drückte mir das Handy ans Ohr und lauschte dem Rufzeichen. Plötzlich knackte es, Ardians Stimme ertönte, ich legte auf. Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen, starrte an die Decke, spürte die Vibration neben mir, warscheinlich versuchte Ardian zurück zu rufen, ich ging nicht ran, traute mich nicht, wusste nicht, was ich hätte sagen sollen. Nie wieder würde ich auf ihn reagieren, es ist besser so. Ich würde ihn nur zerstören. 'Endlich hast du diesen Fehler eingesehen, Dummkopf.' Irgendwie fühlte es sich an, als würde in mir etwas brechen. Irgendetwas schien zu fehlen. 'Dir fehlt das Rauchen. Wann hast bitte zum letzten Mal eine Zigarette gehabt?' Stimmt, das fehlt.
Ich stand auf, ging zum Tabakschrank meines Vaters und fischte eine seiner Zigarettenschachteln heraus.
Wieder an meinem Fester zurück, setzte ich mich so, dass ich nach draußen sehen konnte und zündete sie an. Tief atmete ich den Rauch in meine Lungen, hatte das Gefühl mich sofort entspannen zu können, merkte erst in diesem Moment, wie sehr mir das tatsächlich gefehlt hatte. 'Siehst du. Damit wird alles besser.'

Drugs ● Ardy (Reupload) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt