25. Clacie1 • Hoffnung

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H O F F N U N G

Clacie1

Bunte Stände säumten die Straße. Händler priesen lauthals ihre Waren, fröhliches Geplauder war zu hören. Kinder lachten, das sanfte Klirren von aneinander schlagenden Schmuckstücke war zu vernehmen. Ein leichter Wind wehte durch die Gassen und trug weiße Wölkchen über den blauen Himmel.

Langsam schlenderte Emma durch den lebhaften Flohmarkt, bestaunte Antiquitäten und aufwendig gewebte Stoffe. Alles war dabei. Von verstaubten Kleinigkeiten bis zum modernsten High-Tech.

Der Duft von Waffeln wehte an der Schwarzhaarigen vorüber und ließ Wasser in ihrem Mund zusammenlaufen.

Doch ein kleiner, unscheinbarer Stand weckte ihr Interesse.

Zog Emma beinahe magisch an.

Einzigartige Gegenstände strahlten ihr entgegen, flehten sie an, sie mitzunehmen.

Eine kleine Glaskugel glitzerte neben einem bronzenen Kerzenständer auf dem Tisch.

Viele solche Besonderheiten zierten ihre kleine Wohnung und gaben ihrem trauten Heim dieses gewisse Etwas. Das Gefühl, genau richtig zu sein.

Aus dem Augenwinkel sah sie eine Reflexion und ihr Blick fiel auf einen antiken Spiegel.

Lächelnd griff Emma nach ihm, fuhr mit den Fingern über den aufwändig geschnitzten Rand.

Mit dem Daumen strich sie über den Griff, der von öfteren Benutzung ganz glatt war. Nur leichte Linien deuteten auf die Muster, die auch hier sicherlich mit Mühe und Liebe geschnitzt wurden. Eine Gänsehaut erfasste sie. Dieser Spiegel hatte etwas Geheimnisvolles an sich, zog sie in seinen Bahn mit seiner mysteriösen Aura.

Plötzlich trat ein Mann hinter einem großen Stapel von Büchern hervor, einen Zahnstocher zwischen seinem weißen langem Bart.

„Na, Fräulein, ist etwas für Sie dabei?", nuschelte er. Dann bemerkte er den Spiegel in der Hand der jungen Frau, deren dunklen mandelförmigen Augen auf den kleinen Handspiegel gerichtet waren und deutete mit seinem knochigen Finger darauf.

„Das ist etwas Einmaliges. Finden Sie nirgendwo. Damit kann man die Zukunft sehen." Er gab sich nicht mal die Mühe, den Zahnstocher weg zu tun, doch seine tiefe Stimme ging ihr durch Mark und Bein.

„Die Zukunft sehen, sagen Sie? Das ist doch Quatsch." Emma versuchte, ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, die ihr seine Worte angetan hatten. Fest umklammerte sie den Griff, um ihre zitternde Hand zu verbergen und hob entschlossen den Kopf.

„Wie viel?"

„Für 60 Mäuse gehört er Dir."

Empört schnappte die Schwarzhaarige nach Luft und machte Anstalten, die Kostbarkeit wegzulegen.

„Nein, warte, ich versichere Dir, er ist magisch. Ich gebe Dir mein Wort. Komm, für 50 ist es ein Schnäppchen."

Angetan von seinem Entgegenkommen betrachtete sie ein weiteres Mal den Spiegel.

„Sind Sie sich da sicher? Denselben finde ich für 20 im Second-Hand-Laden." Das war eine glatte Lüge, sie wollte unbedingt diesen Spiegel. Er war anders, das war klar. Schien ihr zu zuflüstern und sie konnte ihren Blick nicht abwenden. Diese Aura war atemberaubend und gleichzeitig eigenartig bekannt.

„35, mein letzter Preis. Deine Chance!"

„Ich weiß ja nicht", seufzte sie und ließ den alten Händler noch etwas zappeln, was er mit einem Grummeln kommentierte.

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