E I N T E U F E L
Z U W E I H N A C H T E NEin kalter Wind fegte um die Hausecke, neben der Daniel saß. Langsam zog sich Frost über die übrig gebliebenen Bepflanzungen. Es hatte die Zeit des Jahres begonnen, in der es überlebenswichtig wurde, sich einen Unterschlupf zu suchen.
Müde blickte der junge Mann auf die wenigen schmutzigen Münzen in seinem Becher. Davon konnte er sich nicht einmal eine Fertigsuppe kaufen. Als ein erneuter Hauch eiskalter Luft ihn frieren ließ, zog er sich den zerschlissenen Schal enger um den Hals.
Keiner der Vorbeilaufenden beachtete ihn, oder zumindest gaben sie sich die größte Mühe es nicht zu tun. Oft schämte Daniel sich dafür, was aus ihm geworden war, aber dadurch änderte sich auch nicht viel an seiner Situation.
Er arbeitete jeden Tag aufs Neue an sich selbst, an seiner Einstellung zum Leben. Er wollte wieder weg von der Straße, ehrliches Geld verdienen und eine eigene Wohnung haben. Aber wo fängt man da an? Oder besser gesagt, wo hört man auf, um anzufangen?
Daniel hatte schon vor einigen Monaten begonnen, gegen seine Spielsucht anzukämpfen. Das war einfacher gesagt als getan, vor allem ohne einen Freund im Rücken, der einem beistand. Manchmal wünschte er sich wenigstens ein Zeichen zu bekommen, dass seine ganzen Mühen einen Sinn hatten. Dass er es nicht umsonst tat, weil er seinem Ziel tatsächlich näher kommen würde. Wenn es eine höhere Macht gab, dann konnte sie sich seiner doch wenigstens dafür erbarmen.
Daniel wusste nicht, woran es lag, vielleicht waren seine Gebete nun endlich erhört worden. Oder vielleicht war es dem Allerheiligsten langweilig gewesen, da oben auf seinem Thron. Egal woran es lag, als diese Frau langsam mit hängenden Schultern auf ihn zukam, wusste der junge Mann, dass sein Leben sich nun verändern würde.
Ihr langes, dunkles Haar hing schlaff wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht, sie war dünn, vielleicht ein bisschen zu dünn. Sie hatte die Hände in den Manteltaschen vergraben. Ihr Gang war schlurfend und unschlüssig, fast als wäre sie in Gedanken in einer anderen Welt.
Aber es war etwas anderes, das Daniel an ihr sofort auffiel. Es war eine Aura, die sie umgab, eine dunkle Macht, die nur bestimmten Gruppen anhing und zu denen er den Kontakt bisher vermieden hatte. Dämonen, nannte man sie, sie brachten Unglück, Leid und Hass.
Nur wenige Menschen wussten, dass diese Dämonen tatsächlich wirklich keine Menschen waren. Es waren Höllenwesen, dunkle Engel, nannten sie sich selbst. Sie hatten sich einst vor Jahrhunderten unter die Menschen begeben. Zum Zeitvertreib sagte man, ein sehr grausamer, wenn man bedachte, wie viele Kriege sie entfachten und Hass sie schürten.
Auf Daniels Armen breitete sich eine Gänsehaut aus. Stockend blieb die junge Frau vor ihm stehen und hob langsam ihren Kopf. Man wollte fast meinen, sie wäre von einem Dämon besessen, anstatt selbst einer zu sein. Leblose Augen blickten ihm entgegen. In einem so hellen Blau, dass es beinahe schon weiß war.
Sie schob ihre schmale Hand in die weite Hosentasche ihrer Cargohose und kramte darin herum. Daniel wusste nicht, ob er fliehen oder diesem Gefühl nach baldiger Veränderung in seinem Leben, das ihn umgab, vertrauen sollte. Doch woher sollte er wissen, dass es eine gute sein würde?
Endlich kam die graue Hand wieder zum Vorschein. Sie umklammerte ein schmales Portemonnaie. Als sie es aufklappte, konnte Daniel einen Blick auf die gähnende Leere in seinem Inneren erhaschen. Dennoch schaffte sie es, aus seinen Tiefen einen knittrigen Zwanziger herauszuziehen. Verwirrt sah Daniel ihr wieder in die Augen. Etwas, das Traurigkeit ziemlich nah kam, schwirrte darin herum. Er runzelte die Stirn. Was war dieser Frau nur passiert?

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Wichtel-Adventskalender 2023
Short StoryWeihnachtszeit ist die schönste Zeit! Und ein Adventskalender darf in der Lounge natürlich auch nicht fehlen! Fast zwei Monate hat unsere Community fleißig geschrieben, hat eine Herausforderung angenommen, die ihnen das Schreiben ein wenig spannende...