12. Chitinpanzer • Bernsteinseele

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B E R N S T E I N S E E L E

Chitinpanzer

Der Schlamm schmatzte laut unter seinen Trekkingschuhen, als er das Gebüsch umrundete, sein Blick konzentriert auf den Boden gerichtet. Der heftige Regenguss letzte Nacht hatte alle alten Spuren weggeschwemmt, doch das war den Yakala nur recht. Dafür waren die frischen Spuren für das geübte Auge umso besser zu erkennen. Asante gab den Männern ein kurzes Handzeichen. Schaut. Prankenabdrücke in der lehmhaltigen Erde. Noch vor kurzem war hier ein Leopard durchs Unterholz gestreift. 

Asante zog einen Mundwinkel nach oben und grimmige Zufriedenheit breitete sich in ihm aus. Eine fette Beute wartete auf die Yakala. Mit Leopardenfellen wurde gut gehandelt, auch die Knochen waren im asiatischen Raum sehr beliebt und wenn dieser Tag für ihn und seine Männer reife Früchte trug, würden sie alle mit Taschen voller Francs heimkehren. 

Dieser Ausblick gefiel Asante. Tatsächlich gefiel dem großen Mann mit breiten Oberarmen und noch breiterem Kreuz das sogar sehr. Er war wie viele andere zu seinem Job gekommen. Miliz und Ausbeutung hatten das Land in eine weitgreifende Krise gestürzt und einfaches Geld war eben nicht mit ehrlicher Arbeit zu machen. Und das war okay für Asante. Mit Wilderei kamen hier viele um die Runden und er würde lügen, wenn er sagte, dass er nicht auch ein bisschen Gefallen an der Sache gefunden hatte. Nicht zwingend an den Tierkadavern, nein, das war eine Sache, die Asante nur nicht sonderlich störte, sondern viel eher an der Jagd an sich. Das Adrenalin, das durch seine Adern pumpte, wenn sie dem Wildtier dicht auf den Fersen waren. Und an dem Respekt, dem es ihm einbrachte. Er war gut in dem, was er tat, fast jede zweite Beute lief auf eine seiner Spuren zurück.

Auch jetzt war wieder der Moment gekommen, sich vor den anderen zu beweisen. Asante bückte sich, sein Blick fuhr über die in den Schlamm gravierte Pranke. Dagegen wirkte seine Menschenhand fast lachhaft winzig. ,,Es ist ein Männchen", verkündete er schließlich. Ein kleines, hartes Lächeln umspielte seine Lippen. ,,Ein Großes." 

Zustimmendes Gejohle kam von den Männern, einige Francs wechselten den Besitz. Asante konnte ihnen die Feierstimmung nicht verdenken, doch noch hatten sie das Vieh nicht in den Händen. ,,Es ist in die Richtung", brummte Jabari, der kleine Bruder von ihrem Truppenführer Zahir, und deutete Richtung Osten, wo sich spärliche Vegetation und Steppenwiese mit dem sonst so kargen Boden des Kongobeckens abwechselte. Mit dem Regen würde das Gras wieder sprießen. ,,Schnappen wir uns den Fleckenpelz, bevor mein werter Bruder selbst einen auf den Kopf bekommt! Weil ihm sonst aus Langeweile die Stoppeln ausfallen." Der junge Mann grinste ihnen zu und auch, wenn seine Worte nun keine Sternenstunde des komödiantischen Himmelszelts waren, gelang es ihm doch immer wieder, den Yakala ein belustigtes Schnauben zu entlocken. Jabari war erst seit gut einem Jahr mit auf ihren Fängen, doch mit seiner witzelnden Art hatte er schnell einen Platz unter ihnen gefunden. Gerade Asante hatte ihn ins Herz geschlossen.

Die Männer kehrten zum Truck zurück. Vier von ihnen fanden auf der Ladefläche Platz, zusammen mit dem gesamten Schusswaffenarsenal, Tarnnetzen und Ködern. Die Männer waren nicht mit leeren Händen gekommen und würden auch nicht mit leeren Händen gehen. Mit einem bleiernen Heulen erwachte der Motor zum Leben. Asante spürte die Kante des großen Metallkäfigs bei jedem Auf und Ab hart in seinem Rücken. Einen Käfig würden sie heute nicht brauchen, ebenso wenig wie die Betäubungspfeile. 

,,Zahir!", rief Jabari bei einer besonders abrupten Bremsung empört und klopfte laut gegen den Metallrahmen. Er war mit vollem Schwung gegen Asante gekracht und der hatte sich nur mit Mühe aufrecht halten können. Aus dem Fahrersitz kam nur ein Grunzen, das irgendwo zwischen genervt und belustigt angesiedelt war. Der Truck kam zum Stehen.

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