19. JuneOLeary • Und täglich grüßt ... der Weihnachtsmann

73 15 58
                                    

U N D
T Ä G L I C H G R Ü S S T . . .
D E R W E I H N A C H T S M A N N

JuneOLeary

Automatisch rollte Lukas mit den Augen, als er beobachtete, wie seine Schwiegermutter die große Treppe in ihrem Cocktailkleid am Arm ihres Mannes hinunterschwebte. Wie immer. Es war jedes Jahr das Gleiche und wie jedes Mal leuchtete das Gesicht seiner Gwen auf. Etwas, das seine Mundwinkel wie eh und je hochzog und seins ebenfalls zum Strahlen brachte.

Er liebte sie, seit er sie das erste Mal gesehen hatte: Sie hatte vor vier Jahren in der vordersten Reihe des Publikums gestanden und ihn angestrahlt, während sich das Licht des Scheinwerfers in ihrem dunklen Haaren verfangen und helle Reflexe hineingezaubert hatte. Der Moment hatte mich so berührt, dass ich sogar den Einsatz verpatzt hatte - sehr zum Leidwesen von Shane.

„Gwen, mein Liebling", flötete seine Schwiegermutter und damit riss Diane ihn aus seinen Gedanken und der Erklärung, warum er wieder einmal hier stand und sich seiner persönlichen Hölle auslieferte. Er wusste, was jetzt kam. Schon drehte sich sein Schwiegerdrache zu ihm um und ihre zuvor strahlenden dunklen Pupillen wurden hart und unnahbar, während sie ihm die Hand reichte. „Lukas. Schön, dich zu sehen."

Im letzten Moment schluckte er das Schnauben, das auf seiner Zunge prickelte und ergriff stattdessen Dianes warme Finger, um sie zu schütteln. Wie nebenbei stellte er fest, dass ihr grau-schwarz-meliertes Haar wie immer, wie ein Helm um ihr fein gezeichnetes Gesicht saß und sämtlichen Bewegungen der Besitzerin widerstand. Genauso hart wie Diane. Sie wäre wirklich eine hübsche Frau, würde ihr Mund nicht so verkniffen aussehen. Wobei - das machte sie ja nur, wenn sie den Gitarristen anstarrte, der ihre Prinzessin geheiratet hatte.

Er murmelte irgendwas davon, dass er sich ebenfalls freute und dann entglitt ihm Dianes Hand und sie starrte ihn noch einen Moment unwillig an, ehe sie wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht kleisterte und sich abwandte. Neben ihm lag Gwen weiterhin in den Armen ihres Vaters und er nahm sich die Zeit, sich erneut in der festlich geschmückten Halle umzusehen. Überall hingen goldene Rahmen mit irgendwelchen Bildern von namhaften Künstlern der Moderne, die er nicht mal aussprechen, geschweige denn unterscheiden konnte. Er passte sowas von nicht hierher. Aber ich gehöre zu Gwen. Und sie gehört in dieses Haus.

Seine Überlegungen wurden unterbrochen, als sein Schwiegervater auf ihn zutrat und seine Hand ergriff. „Junge, schön dich zu sehen."

Lloyd Gallagher war ihm wohlgesonnener und umgänglicher als seine Frau. Demnach fiel es Lukas nicht schwer, dessen Lächeln zu erwidern. „Danke. Freut mich ebenfalls."

Er beobachtete, wie sich etwas Schalk in den Blick seines Gegenübers schlich, doch es schwieg sich zum Glück darüber aus, dass er ihm das nicht abkaufte. Trotzdem musste Lukas sich zusammennehmen, um nicht zu grinsen. Sie wussten beide, dass er diese Treffen hasste. Was aber eher dem Umstand geschuldet war, dass er ein relativ erfolgloser Musiker war, der kaum um die Runden kam und ihm dieser Fakt jedes Mal erbarmungslos von Diane aufs sprichwörtliche Butterbrot geschmiert wurde. Aus deren Mund jetzt ein Seufzen schlüpfte. „Dann sollten wir mal, oder? Elaine hat schwer geschuftet für das Essen und das wird gerade kalt."

Elaine - die Hausangestellte. Automatisch schüttelte er den Kopf. Wer zum Geier hatte heutzutage noch eine Haushaltshilfe, der nicht zum Groß- oder Geldadel gehörte? In seiner Welt gab es das jedenfalls nicht. Aber er war auch nicht in gesicherten Verhältnissen als Sohn eines Unternehmers groß geworden, sondern in den schmutzigen Straßen am Frankfurter Berg, bevor er seine Sachen gepackt und nach Dublin gegangen war. In dem Bestreben, seiner Herkunft zu entkommen und seine Musikkarriere anzuschieben.

Wichtel-Adventskalender 2023Where stories live. Discover now