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P A R K S T R E E T - F L U C HMike Pearson war es in den letzten paar Jahren gelungen, auf seiner Karriereleiter Stufe für Stufe nach oben zu gelangen. Der Preis dafür waren zahlreiche Umzüge. Kaum hatte sich seine Familie irgendwo eingelebt, mussten sie erneut ihre Sachen packen, um dem Vater den nächsten Aufstieg zu ermöglichen.
So kam es, dass die Familie ein Haus in einer Kleinstadt namens Silver Creek kaufte.
Mike versprach, dass es der letzte Umzug war, denn er war nun der Leiter einer neuen Zweigstelle seiner Firma. Sein Sohn Cody hoffte sehr darauf, dass er an dieses Versprechen auch glauben konnte.
Cody hatte sich gerade erst in seiner Schule eingelebt gehabt und sogar einen Freund gefunden, als die Nachricht über den erneuten Umzug kam. Er hatte versucht seinen Vater zum Bleiben zu überreden, doch der hatte ihm erklärt, wie wichtig seine neue Position für die Familie war. Seine Mutter Laura versuchte Cody zu trösten, doch das half ihm nicht wirklich.
Er war ein Durchschnittsschüler, der im nächsten Schuljahr auf die High-School wechseln sollte. Allein davor hatte er schon genug Angst gehabt, denn es war ihm nie leicht gefallen, Anschluss zu den anderen Kindern zu finden.
Er wollte sich nach ein paar Umzügen auch nicht mehr wirklich auf seine Mitschüler einlassen, denn immer dann, wenn er Freunde gefunden hatte, verlor er sie auch gleich wieder.
In seiner Freizeit fand er Trost in den Büchern, die ihn bei jedem Umzug begleitet hatten. Seine Mutter teilte und unterstütze dieses Hobby und kaufte ihm regelmäßig neue.
Es war Sommer und als Cody die Autotür öffnete, nachdem sein Vater den Wagen vor dem neuen Haus angehalten hatte, wurde er von der flirrenden Luft fast erschlagen. Das stundenlange Sitzen im klimatisierten Auto hatte ihn das Wetter ausblenden lassen.
Das Haus stand in der Parkstreet in einem gepflegten Vorort und war das Einzige mit einem verwucherten Garten.
„Da muss aber viel gemacht werden“, stellte die Mutter fest.
„Mit deinem grünen Daumen schaffst du das doch im Nu“, versuchte der Vater sie mit einem Grinsen aufzumuntern. „Es stand halt eine Weile leer. Aber die Inspektion hat ergeben, dass das Haus an sich solide und frei von Ungeziefer ist. Und weil es schon so lange auf dem Markt war, konnten wir es so kurzfristig bekommen. Mit ein paar Farbtupfern hier und da wird es bald unser Zuhause sein.“
Die Mutter verschränkte die Arme und betrachtete das Haus mit seiner Holzfassade, den spitzen, sich kreuzenden Dächern und dem Türmchen an der einen Ecke. Das Holz war vom Wetter dunkel geworden, was dem Gebäude eine düstere Ausstrahlung verlieh.
„Und du bist dir sicher, dass nur Schönheitsreparaturen notwendig sind?“, hakte die Mutter skeptisch nach.
„Ja, komm erst mal mit rein und mach dir ein Bild vom Innenleben, okay?“
Der Vater eilte voraus auf die Veranda und öffnete die Haustür.
Im Eingangsbereich führte eine breite Treppe nach oben. Geradeaus ging es in die Küche. Links vom Eingangsbereich war ein Wohnzimmer und rechts davon ein Esszimmer.
Die mit dunklem Holz vertäfelten Wände waren von Einbauschränken und -Regalen durchbrochen.
Tatsächlich machte das Innere des Hauses einen gepflegteren Eindruck als die Außenansicht.
„Also gut“, sagte die Mutter nach einem Moment. „Cody, lass uns mal nach oben gehen und schauen, welches dein Zimmer wird.“
Cody nahm sich seine Tasche und folgte seiner Mutter nach oben.

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Wichtel-Adventskalender 2023
Short StoryWeihnachtszeit ist die schönste Zeit! Und ein Adventskalender darf in der Lounge natürlich auch nicht fehlen! Fast zwei Monate hat unsere Community fleißig geschrieben, hat eine Herausforderung angenommen, die ihnen das Schreiben ein wenig spannende...