Kapitel 30

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Mein Gesicht war bestimmt mit blauen Flecken und Blutergüssen übersäht, aber das einzige, was ich wirklich aus diesem Ort mitgenommen hatte, war, dass ich wie ein Roboter funktionieren musste.

Tiago Pov

Ab jetzt gehorchte ich nur noch den Wachen, tat alles was sie mir befohlen. Ich wollte einfach nicht mehr zurück in diesen Keller. Mein Rücken und meine Brust taten immer noch weh. Ich konnte mich kaum bewegen, trotzdem tat ich alles, was in meiner Macht stand, nichts mehr anzustellen. Mein Arm brannte und wenn ich die Stelle nur anfasste, fühlte es sich an, als würde meine Haus in Stücke zerreißen.

Natürlich dachte ich an Shari. Jede Sekunde schwebte ein Gedanke über sie in meinem Kopf und ich hackte das Holz unter Tränen. Ich vermisste sie, doch jedes Mal, wenn ich zu den Lastern schaute, hörte ich eine tiefe, heisere Stimme in meinem Kopf, die immer weder den Satz Wie ein Roboter wiederholte.

Gerade kam eine neue Ladung Holz rein, als plötzlich eine vertraute Gestalt die Halle betrat.

Carag kam ganz unauffällig zu mir rüber und packte mich am Arm.

„Komm mit, wir haben ein Auto", meinte er und versuchte, mich mitzuschleifen.

„Nein, ich- ich kann nicht", stotterte ich und versuchte, ihn abzuschütteln.

„Was? Wieso? Das ist deine Chance, Tiago. Wir können dich jetzt hier rausbringen!", versuchte Carag mir deutlich zu machen.

„Der K-keller", stotterte ich weiter und schaute mich hektisch um. War hier keiner der Wachen? Fielen wir nicht auf? Gleich würden wir wieder in den Keller gesteckt werden!

„Was? Komm einfach mit, es wird schon klappen." Carag versuchte es noch einmal, doch auch diesmal wehrte ich mich.

„Tiago, was ist los? Shari wartet doch draußen auf dich!", machte Carag mir klar.

Shari. Sie wartete auf mich. Für sie würde ich jeden Schmerz aushalten können, solange es ihr gut ging.

Carag Pov

Bitte, Tiago", bettelte ich und zog noch einmal an seinem Ärmel.

„Okay, gut", sagte er und stolperte hinter mir her. Natürlich mussten ausgerechnet jetzt Wachen da sein, was für ein Pech.

Schnell erklärte ich Tiago den Plan. „Wir tun erstmal so, als würden wir Kisten reintragen wollen, aber kurz bevor du in den Laster gehst, drehst du dich weg und rennst zu dem SUV rechts hinter dem Busch. Die Tür ist offen, sobald wir beide drinnen sind, fahren wir weg, okay? Den Rest habe ich schon erledigt."

„Okay", Tiago nickte, doch ich sah diese Angst in seinen Augen. Sein Blick war leblos und irgendwie war sein Blick voller Furcht. Was war passiert? Außerdem hatte es mich vorhin schon gewundert, dass er überall blaue Flecken im Gesicht hatte und auch ein paar Blutergüsse. Was war passiert, nachdem wir gegangen waren?

Ich hatte den Fahrer, der zufälligerweise Brian war, gebeten, so viele Gefangene mitzunehmen, wie er konnte. Er sollte die Klappe zu klappen, bevor irgendeine Wache in den Laster gelangen konnte.

Ich sah, wie Tiago losrannte, also rannte ich ihm gleich hinterher. Ich konnte ihn überholen, anscheinend hatte er Schmerzen im Oberkörper. Der Wagen war noch etwa 25 Meter entfernt von uns und leider waren uns ein paar Wachen auf den Fersen. Um ehrlich zu sein genau 3. Wieso waren das ausgerechnet heute so viele?

„Tiago? Was ist los?", fragte ich ihn und packte ihn am Arm.

„Es tut weh", hauchte er und genau in diesem Moment stolperte er über eine Wurzel und flog auf den Boden.

„Tiago, nein!", rief ich und drehte wieder um.

Die Wachen waren nur noch etwa 10 Meter von uns entfernt. Ächzend versuchte ich, ihn hochzutragen und weiter zum Auto zu bringen, doch das klappte nicht sehr gut.

Auch die anderen hatten aus dem Auto gesehen, dass hier etwas nicht nach Plan lief, denn alle kamen aus dem Auto gestürzt, außer Noah, der ja so schnell es geht das Auto starten musste, wenn wir alle drinnen waren.

„Tiago!", schrie Shari und rannte am schnellsten auf uns zu.

Der ächzend auf dem Boden liegende Tiago blickte auf und starrte Shari an.

„Shari", krächzte er und versuchte sich aufzurappeln, doch das machte das alles nur noch schlimmer. Er knallte schon wieder auf den Boden.

Nun waren auch die Wachen da, doch meine Freunde und ich stellten uns in einem Kreis um Tiago und wehrten die Schläge ab. Wir konnten es schaffen, die Wachen von Tiago wegzulocken und einen von ihnen auszuknocken.

Nun waren noch zwei übrig, aber wahrscheinlich waren noch welche unterwegs.

„Wir brauchen Noah! Holly, wechsel du dich mit Noah ein!", schrie ich über den Platz und Holly flitzte los.

Mit einem kräftigen Tritt zwischen die Beine zwang ich meinen Gegner auf die Knie und ließ meine Faust auf seinen Kopf heruntersausen, sodass er nach ein paar weiteren Schlägen umkippte und liegen blieb. Atmen tat er noch, das war gut.

Auch Shari hatte es geschafft, ihren Gegner auf den Boden zu zwingen und ihn zum schlafen zu bringen. Inzwischen hatte sich Tiago hinter einen Baum schleifen können und versuchte nun, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Anscheinend hatte er keine Kraft mehr, um aufzustehen, denn immer wieder, wenn er das versuchte, knallte er auf seinen Hintern.

Nun kamen 5 weitere Typen aus dem Gebäude heraus. Einer von ihnen trug eine Waffe mit sich.

„Noah!", rief ich und schon kam er hinter einem Gebüsch hervor.

„Komme!", schrie er zurück und machte sich daran, den Typen mit der Waffe zu entwaffnen, was nicht leicht war, denn auch dieser Typ schien Kampferfahrung zu haben. Doch nach einer Weile hatte Noah es keuchend und schwitzend geschafft, dem Typen die Waffe abzunehmen und ins Gras zu werfen. Wieso hatte er die nicht behalten? Egal, jetzt war es zu spät.

Tiago Pov

Hinter dem Baum versuchte ich erstmal, mein Gehirn wieder zusammenzuschrauben. Ich hatte keine Kraft mehr in den Beinen, doch ich musste meinen Freunden helfen. Ich versuchte, aufzustehen, doch ich fiel dauernd wieder zurück auf den Boden und wusste nicht, was ich tun sollte.

Wie ein Roboter, hallte es in meinem Kopf. Ich verkrampfte mich und ich versuchte, diese Stimme aus meinem Kopf zu bekommen. Mit beiden Händen umklammerte ich meinen Kopf und drückte ihn von beiden Seiten zusammen, stopfte mir beide Finger in die Ohren, hoffte, diese Stimme würde verstummen. Doch das tat sie nicht. Irgendwann, nach unendlich langen Minuten, stand ich endlich auf und versuchte mich wankend auf den Beinen zu halten.

Ich stützte mich am Baum und versuchte, die Kopfschmerzen wegzubekommen.

In dem Moment, in dem ich meine Augen wieder öffnete, sah ich Shari mitten auf dem Platz. Soe schaute mit weit aufgerissenen Augen in eine Richtung, in die ich nicht schauen wollte. Dort stand ein Typ mit Waffe, die auf Shari zielte.

„Nein!", schrie ich und plötzlich schoss die letzte Energie meines Körpers in meine Beine und ich sprintete auf Shari zu. In dem Moment, in dem der Knall ertönte, hatte ich Shari erreicht und umarmte sie sozusagen, sodass die Kugel nicht sie, sondern mich treffen würde. 

Seawalkers - That's my JobWo Geschichten leben. Entdecke jetzt