Kapitel 15

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Er hatte mir erzählt, dass Shari ihm gesagt hätte, er wäre ihr nur eine Last und es täte ihr gut, wenn sie sich trennen würden. Doch ich war stets der Meinung, dass Shari gelogen hatte.

Sharis Pov

„Du liebst mich doch, oder?", fragte James, während er das Auto um eine Kurve lenkte.

„Klar doch", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Innerlich aber merkte ich, dass das eine Lüge gewesen war. Ich liebte ihn nicht. Aber was empfand ich dann für ihn?

Keine zehn Minuten später waren wir im Krankenhausparkplatz angekommen und sofort stieg ich aus. Ich wollte unbedingt wissen, wie es Tiago ging. Irgendwie drehten sich meine Gedanken dauernd nur um ihn.

„Gibst du mir einen Kuss?", fragte James und hielt mich an meiner Hand fest.

Ohne eine Antwort zu geben, drückte ich meine Lippen kurz auf seine, doch er kam immer näher und ich spürte, dass er einen intensiveren Kuss verlangte. Also erwiderte ich seinen Kuss. Doch genau in diesem Moment hörte ich zwei Frauenstimmen, die sich sehr nah anhörten.

„Sind Sie nicht Shari Seaborn?", fragte die eine Frauenstimme. Sofort fuhr ich hoch und schaute den beiden in die Augen. Eines der Handys war auf uns gerichtet und wahrscheinlich hatte sie ein Video gemacht.

„Oh mein Gott ich kann nicht glauben, dass ich Shari Seaborn beim Knutschen gesehen habe!", rief die eine Frau und rannte mit der anderen Frau weg.

„Oh nein, jetzt wissen die alle, dass wir zusammen sind!" Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. Schon morgen oder so werden massenweise Reporter vor meiner Haustür stehen und nicht mehr weggehen."

„Ist doch nicht so schlimm. Dann wissen sie es halt. Na und? Ist doch egal", versuchte James mich zu beruhigen. Irgendwie vermittelte sein Gesichtsausdruck mir, dass es ihm sogar gefiel.

„Das ist schlimm!", sagte ich und bewegte mich weiter zur Tür, die hoch in das Krankenhaus führte.

„Wieso denn? Ist es dir peinlich mit mir zusammen zu sein?", fragte James mit einer enttäuschten Stimme.

„Nein, aber du wirst berühmt! Jeder wird dich kennen, du kannst nicht mehr auf der Straße herumlaufen, ohne dass du erkannt wirst. Du musst immer eine Kappe mit einer Sonnenbrille tragen. Falls du später mal eine andere Freundin haben solltest, wird sie alles erfahren, was wir gemacht haben und-"

James unterbrach mich. „Du denkst also schon daran, dass wir uns trennen? Du möchtest also gar nicht mehr mit mir zusammen sein? Kann es sein, dass du mich gar nicht liebst? Es ist gerade mal eine Woche her und schon empfindest du nichts mehr für mich?", fragte James mich und ich spürte seine Trauer und Enttäuschung. Aber ich konnte nicht abstreiten, was er sagte, denn es stimmte. Und das wussten wir beide.

„Ich glaube, es ist besser für uns beide, dass wir uns trennen."

Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Sollte ich traurig sein? Enttäuscht? Wütend? Frustriert? Das einzige, was mir in den Kopf stieg, war, dass ich jetzt in Tiagos Krankenzimmer wollte. Dass ich schauen wollte, ob es Tiago noch gut ging.

„Vielleicht ist es besser so", meinte ich und rannte dann einfach die Treppen hoch, um zu Tiagos Zimmer zu gelangen. Nur leider hatte ich nicht die Karte sondern James. Mist!

Eilig griff ich zu meinem Handy und wählte Noahs Nummer. Schnell gab ich ihm Bescheid, dass ich vor der Glastür stand und keine Karte hatte. Natürlich fragte er mich, wieso ich denn nicht mit James hier war, doch ich sagte ihm nur, dass ich ihm das gleich erzählen würde.

Nach ein paar Sekunden öffnete sich die Schiebetür und Noah erschien mir seiner Karte.

„Was ist los? Habt ihr euch gestritten?", fragte Noah stirnrunzelnd.

„Wir haben uns getrennt", meinte ich nur und schob mich an Noah vorbei in den langen Gang bis zu Tiagos Krankenzimmer.

Dort lag er. Mit einer Atemmaske, einem verbundenen Kopf, mehreren Gipsen unter einer Decke. Hoffentlich wachte er schnell wieder auf.

„Setz dich", sagte Noah sanft und schob mich auf einen der Stühle. „Was ist passiert?"

„Ich-" Ich schluckte. „Es hat einfach nicht gepasst. Ich glaube er ist einfach nicht der richtige. Ich war nicht glücklich und er hat andere Ziele als ich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er es nur auf das Berühmt sein abgesehen hat."

„Ich hatte schon von Anfang an gespürt, dass das nichts wird. Ich wollte es dir nur nicht sagen, damit du mal eine Pause von all dem Stress hast. Ich hatte gehofft, dass James dir helfen würde, dich von diesen ganzen Sachen, die die ganze Zeit passieren, ablenken könnte", erklärte Noah mir.

„Darf ich fragen, wieso du dich überhaupt von Tiago getrennt hast? Das was du mir erzählt hast, kaufe ich dir nicht ab."

Ich war einen kurzen Blick auf den bewusstlosen Tiago. „Er hat mir früher, als wir noch in der Schule waren, erzählt, dass er sich ein Leben wünscht, in dem er von nichts abhängig ist und nicht in der Öffentlichkeit mitspielt. Na ja und ich war kurz vor dem Durchbruch in meiner Karriere und das konnte ich nicht aufgeben. Es war der Traum meiner Eltern und auch mein Traum. Ich dachte, Tiago wäre einfach glücklicher mit seinem Leben, wenn ich nicht mehr da bin und er unabhängig ist."

„Und jetzt? Findest du, die Entscheidung war gut? Oder bereust du es?", fragte Noah mich, während er sich mit einem Stuhl gegenüber mir setzte, sodass sich unsere Knie berührten.

„Ich- ich vermisse ihn", brach es aus mir heraus und Noah nahm mich in den Arm. „Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen." Schluchzend heulte ich mich bei Noahs Schulter aus. Ich ließ alles aus, was ich ausgehalten hatte, während Tiago für mich arbeitete. Ich konnte ihm das nicht sagen, er war bestimmt noch sauer auf mich.

„Wenn- wenn er jetzt stirbt, dann kann ich das nicht mehr. Ich würde ihm so gerne noch sagen, dass ich ihn noch liebe", schluchzte ich und drückte Noah noch fester.

„Noch ist es nicht zu spät. Du kannst es ihm sagen, sobald Tiago wieder aufwacht", ermutigte Noah mich.

Plötzlich regte sich etwas in Tiagos Bett und ich sah, dass er seine Finger und Zehen bewegte. Nicht sehr viel, aber wenigstens ein Lebenszeichen. 

Seawalkers - That's my JobWhere stories live. Discover now