~Kapitel 28~

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„Ich weiß es nicht." Ich sah Thea traurig an. Auch wenn ich keine Familie zu Hause hatte, war es doch mein Zuhause und ich vermisste es genauso sehr wie sie. Thea senkte den Blick und fuhr mit ihren Fingern die Linien auf ihrer Schlafanzughose nach. Ich hatte sie noch nie so ratlos gesehen. Vor weniger als einer Woche hatten wir noch Witze über die Lehrer gemacht und uns mit Popcorn und Chips vollgestopft bis wir beinahe platzten.

Entschlossen kniff ich die Augen zusammen. Ich musste das wieder in Ordnung bringen. Es musste alles wieder so werden wie zuvor. Das schuldete ich meinen Freunden.

„Ich verspreche dir, ich finde einen Weg hier raus." Thea riss den Kopf hoch und sah mich verwundert an.

„Aber du hast doch gerade noch gesagt..."

„Du hast recht, ich weiß weder wie, noch wann, aber ich finde irgendwie einen Weg! Wir werden wieder nach Hause kommen." In diesem Moment war ich mir so sicher, dass es sich fast anfühlte, als wäre der Ausgang direkt in Reichweite. Thea lächelte mich schwach an. Dann umarmte sie mich fest.

„Danke." Eine Weile blieben wir regungslos so sitzen und genossen den Trost, den wir einander spendeten. Dann löste ich mich von ihr und stand auf. Thea tat es mir gleich. Ich grinste, um die Stimmung noch ein wenig zu heben.

„Und bis dahin betrachte es einfach wie eine Kursfahrt in der besten Gesellschaft! Streiche spielen, lange wach bleiben und durch die Gänge rennen, wenn alle schlafen."

„Nur, dass wir noch früher aus dem Bett geschmissen werden, als auf den Kursfahrten. Und August würde uns umbringen, wenn wir ihn verarschen!" Obwohl etwas Wahres dran war, musste ich lachen und das fühlte sich gut an. An Theas Mine konnte ich erkennen, dass sie es sowieso nicht ernst gemeint hatte. Das alles würde uns sicher nicht davon abhalten, ein wenig zu entspannen und einfach nur Spaß zu haben. Und das mit den anderen würde ich auch noch in Ordnung bringen.

Ich wollte mich gerade wieder dem eigentlichen Grund, warum ich hergekommen war, widmen und mich fertigmachen, doch ich konnte noch nicht einmal nach meiner Zahnbürste greifen, bevor es plötzlich dunkel wurde.

Das Licht war aus.

Ich hörte Thea überrascht nach Luft schnappen. Einen Streich von ihr konnte ich also ausschließen. Vielleicht hatte Jessica versucht sich zu rächen und erlaubte sich einen Scherz.

„Thea, weißt du, wo der Lichtschalter ist? Ich komm nicht dran."

„Warte, ich glaub der ist neben dem Spiegel." Ich hörte Theas Schritte und wurde von einem Stoffstück gestreift, als sie sich an mir vorbei tastete. Dann ertönte ein leises Klicken, aber es tat sich nichts. Nach einer kurzen Pause hörte ich das Geräusch noch ein paar Mal schnell hintereinander. Thea war wohl nicht gewillt aufzugeben, weshalb ich sie unterbrach.

„Ich glaub nicht, dass das was bringt. Entweder stimmt etwas mit der Lampe hier nicht oder wir haben einen Stromausfall."

„Haben wir ein Glück, wir sind live bei etwas dabei, wovon die Presse nur träumen kann." Theas Stimme klang ironisch und ich konnte mir gut vorstellen, wie sie gerade das Gesicht verzog. Obwohl Louie das Ganze wohl wirklich als einen riesigen Glücksfall abstempeln würde.

„Glaubst du die Jungs haben Licht? Ne Taschenlampe oder ein Nachtlicht? Ein Handy würde ja auch reichen."

„Nur, weil ich im Dunkeln den Weg zum Lichtschalter finde, werde ich nicht gleich ohne was zu sehen bis zum Zimmer der Jungs laufen können. Und wo das Zimmer von Jess liegt, weiß ich nicht einmal genau im Hellen." Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und stolperte trotzdem fast über unsere Sachen, die verstreut auf dem Boden lagen. Meine Fingerspitzen berührten den kalten Griff der Tür und ich zog diese langsam auf.

„Hallo?" Keine Antwort. Ich spürte Theas Atem an meiner Schulter, als sie hinter mir auftauchte.

„Wir könnten ne Taschenlampe gebrauchen!" Immer noch keine Antwort. Da freute man sich einmal über wenig Menschen und schon wurde es einem zum Verhängnis! Ich seufzte und tastete mich unsicher weiter aus dem Bad heraus. Thea war die ganze Zeit über dicht hinter mir. Sie kreischte jedoch erschrocken auf, als wir plötzlich dumpfen Lärm aus einer Richtung hörten.

Wie gern hätte ich jetzt eine Taschenlampe gehabt, die ich in die Richtung hätte halten können. Ich spürte ihre Fingernägel schmerzhaft in meinem Arm, doch ich wagte es nicht zu atmen. Thea hielt ebenfalls die Luft an. Der Lärm war verstummt und egal wie sehr ich mich anstrengte, ich konnte kein einziges Geräusch wahrnehmen.

Dann wurde ich von dem hellen Lichtschein der Deckenlampen geblendet, welche mit einem Summen wieder an gingen. Wir standen allein auf dem Flur und obwohl ich es nur ungern zugab, beunruhigte es mich dieses Mal.

Thea ließ meinen Arm los, auf dem sich schon rote Striemen wegen ihren Nägeln gebildet hatten. Wir standen noch einige Sekunden da und lauschten, doch auch im Hellen hörte man nichts.

„Komm, wir müssen uns noch fertig machen." Thea blickte mich auffordernd an. Mich überraschte der schnelle Themenwechsel. Dann sah ich jedoch, dass sie eine Gänsehaut hatte und ihre Pupillen ängstlich von einer Seite zur anderen flogen. Sie wollte einfach nur hier weg. Ich sollte wirklich nicht schon wieder Streit anfangen. Deswegen nickte ich nur und folgte Thea zurück ins Bad.

Den Rest des Abends wurden wir zum Glück von Stromausfällen verschont. Die Lichter flackerten zu meiner Erleichterung ebenfalls nicht ein einziges Mal.

Area 51 - Don't trust anybody! Where stories live. Discover now