~Kapitel 27~

26 3 0
                                    

Ich lag auf dem fremd riechenden Bettlaken. Der Geruch ähnelte nicht ein bisschen dem von zu Hause. Er war mir völlig unbekannt. Genau wie alles andere hier auch. Neben mir hörte ich die Tür des weißen Kleiderschrankes und ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus dem das Geräusch kam.

Thea stand mit dem Rücken zu mir und war gerade dabei die Jacken, die wir von Nora bekommen hatten, darin zu verstauen. Was sie in diesem Moment dachte, konnte ich nicht genau sagen, denn sie stand mit dem Rücken zu mir. Als sie sich jedoch umdrehte und die Leiter zu dem Bett über meinem erklomm, schenkte sie mir nicht einen Blick. Sie schaute quasi durch mich durch, als wäre ich nicht da. Okay, sie war definitiv noch sauer. Ich seufzte enttäuscht. So wie alle.

Unsere klinisch weiße Zimmertür wurde aufgeschoben und eine Frau betrat das Zimmer. Nora wirkte müde, aber ich war unendlich erleichtert sie zu sehen. Sie lächelte freundlich, als sie uns sah und reichte uns jeweils einen Kleiderstapel.

„Die soll ich euch geben. Zieht euch das am besten morgen früh an, dann führe ich euch erstmal rum. Um 6:30 ist Frühstück." Schon ironisch. Wir waren Gefangene hier und trotzdem kriegten wir ne Privat-Rundtour. Ich war kurz versucht meinen Ärger auf Nora zu schieben, dann rief ich mir wieder ins Gedächtnis, wer wirklich schuld an der ganzen Situation war. Nora konnte nichts dafür. Ich dafür schon.

Mein Blick wanderte zu den frischen Klamotten. Ich musste zugeben, dass es vielleicht nicht mein Kleidungsstil war, aber trotzdem war ich überaus dankbar tagsüber nicht mehr in meinem Pyjama rumlaufen zu müssen.

„Danke." Die Worte waren leise und kraftlos von Thea gekommen. Ohne mir auch nur einen Blick zu würdigen verließ sie mit dem Stapel das Zimmer. Vermutlich wollte sie zum Bad. Wo das lag, wussten wir immerhin mittlerweile. Nora schwieg eine Weile, bis ich irgendwann die Stille brach.

„Bist du gefeuert worden?" Ich zuckte zusammen. Die Worte hatten leiser und ängstlicher geklungen, als ich wollte. Nora holte tief Luft und setzte dann ein erzwungenes Lächeln auf.

„Nein, das zumindest nicht. Obwohl er mich ja sowieso nicht weg schicken könnte." Sie fügte den letzten Satz mit einem säuerlichen Unterton hinzu. Ich hatte also recht behalten. Selbst Mr. Bakers Möglichkeiten waren begrenzt.

„Also war er nicht sauer?" Nora lachte verbittert auf.

„So würde ich das jetzt nicht sagen. Ich werde ziemlich viel Extraarbeit bekommen, da sei dir sicher. Außerdem hat er mich für euch verantwortlich gemacht. Deswegen die Führung. Seiner Meinung nach hab' ich euch hergebracht, also soll ich mich auch um euch kümmern. Sonst müsste er sein kostbares Geld für extra Arbeitskräfte ausgeben." Ich senkte den Kopf und meine schwarzen Locken fielen mir ins Gesicht. Zum ersten Mal in meinem Leben schämte ich mich.

„Sind Sie... sauer auf mich?" Ich hob entschlossen den Kopf. Ich müsste wenigstens so viel Stärke haben, dass ich mich nicht davor versteckte. Wenn dem so war und mich jetzt jeder hasste, würde ich es mit Fassung tragen.

„Nein, wieso sollte ich?" Nora wirkte mehr als überrascht.

„Ich bin durch den Zaun geklettert. Meinetwegen sind wir hier und nur deswegen haben Sie jetzt solche Probleme mit Mr. Baker bekommen." Nora hob meine Hand an, legte sie in ihre und lächelte versöhnlich.

„Du hast ziemlich viele Dumme Sachen gemacht und wenn du deinen Kopf eingeschaltet hättest, wärest du jetzt nicht hier." Ich sah sie irritiert an. Wollte sie mich aufbauen oder noch mehr runterziehen? Nora war anscheinend aber noch nicht fertig.

„Aber jeder ist auch verantwortlich für sein eigenes Handeln. Niemand hat deine Freunde gezwungen dir zu folgen und ich habe euch versucht zu helfen, weil ich es so wollte." Sie lächelte beruhigend.

„Mach dir keine Sorgen, deine Freunde werden dir schon noch verzeihen. Sie hassen dich nicht, auch wenn es vielleicht jetzt so wirkt." Sie hatte erraten, was ich gedacht hatte. Nur, dass ich absolut schlecht darin war klein bei zu geben. Das gerade hatte mich schon sehr viel Überwindung gekostet und ich war mir nicht sicher, ob ich das nochmal konnte. Nora stand auf und verließ wortlos den Raum, sodass ich wieder alleine war.

Ich starrte noch eine Weile die Decke an, entschied dann jedoch, dass ich es damit zu nichts bringen würde. Aber mit ihnen Reden? Darauf warten, dass sie mir verzeihen würden? Dann erinnerte ich mich verbittert daran, dass ich ja jetzt genug Zeit dafür hatte. Vielleicht sogar den Rest meines Lebens, aber darüber wollte ich lieber nicht zu lange nachdenken.

Ich schwang mich von der Bettkante und schnappte mir ebenfalls meine neuen Klamotten.

Kalte Luft schlug mir ins Gesicht, als ich in den Flur trat. Wenigstens hatten sich die Gänge etwas geleert, weshalb ich keine komischen Blicke zugeworfen bekam. Allerdings würden sich diese Leute sowieso früher oder später an mich gewöhnen müssen. Ich schlüpfte durch die Tür zum Bad. Dort fand ich Thea.

Sie hatte sich zwar umgezogen, doch saß einfach nur still auf dem Boden. Noch hatte sie mich nicht bemerkt. Mein Herz zog sich zusammen. Nach außen hin hatte sie so gut gelaunt gewirkt, so optimistisch. Doch das Abenteuer und ihr Optimismus waren für sie in dem Moment zu Ende gewesen, als sie verstanden hatte, dass es dieses Mal kein nach-Hause-gehen gab.

Ich setzte mich vorsichtig neben sie auf den kalten Boden. Unsicher, ob sie überhaupt Gesellschaft wollte, starrte ich sie zunächst einfach nur an. Nach einiger Zeit drehte sie ihren Kopf zu mir und sah mich kraftlos an. Offenbar hatte sie beschlossen, mich nicht länger zu ignorieren.

„Glaubst du, wir kommen je wieder nach Hause?"

Area 51 - Don't trust anybody! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt