Kapitel 96

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Julia

Im hellen Sonnenlicht näherte ihre kleine Gruppe sich der Grenze zum Sumpfland. Sie konnten bereits die ersten Bäume sehen. Dunkle Tannen. Die Luft roch leicht feucht. Nach nasser Erde und Blättern.

Julia griff nervös nach Leopolds Hand. Er schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln und gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Bereit für dein nächstes Abenteuer?", flüsterte er ihr ins Ohr. Sie antwortete mit einem nicken.

„Dort vorne steht ein Grenzzelt!", verkündete Fiete. „Wir kommen nicht drumherum."

„Und nun?", fragte Peter leicht fröstelnd. Ein starker, eiskalter Wind blies ihnen in das Gesicht. Er wickelte seinen mit rosa Perlen verzierten Wollschal enger um seinen Hals. Fiete legte lächelnd den Arm um ihn. Sofort schmiegte Peter sich seufzend an ihn.

„Fienchen? Kannst du rüber fliegen und schauen, wie viele Grenzsoldaten dort sind? Aber sei vorsichtig!", bat Julia ihre Freundin. Sie wollte Peter nicht von seiner Wärmequelle trennen. Und Das Drachenmädchen wippte gerade leicht gelangweilt auf ihren nur durch eine Illusion von leichten Sandalen geschützten Füße.

„Klar. Einen Moment!" Das Drachenmädchen nahm die Form einer winzigen Meise an und flog los. Fasziniert sah Julia dem Drachen hinterer. Die Verwandlungen der Drachen verließen so schnell und fließend, dass sie sich kaum daran gewöhnen konnte. Es dauerte etwas, bis Josef wiederkam und menschliche Gestalt annahm. „Fünf Grenzsoldaten. Sie schlafen alle. Die machen ihre Arbeit nicht besonders gut. Darf ich sie essen?"

„Nur, wenn sie uns bemerken. Wir schleichen uns am Zelt vorbei!", entgegnete Julia. „Ich verstecke uns hinter dem Zauber, den Cleo mir gezeigt hat. Aber wir müssen leise sein!" Josefine war mit dieser Antwort einverstanden.

„Ich liebe schleichen!", verkündete Finn, der wieder auf Markos Rücken saß. Marko rollte amüsiert seine Wolfsaugen. „Schade, dass wir sie nicht erschrecken können. Das würde Marko sicher gefallen!" Kichernd strich er seinem Freund über das weiche Fell. Marko nickte zustimmend.

Julia schüttelte amüsiert den Kopf. Die Idee war zwar lustig, aber auch eine sehr schlechte, wenn man bedachte, dass sie sich in das Vampirland schleichen wollten.

Vorsichtig näherte die Gruppe sich dem Grenzzelt. Leise schlichen sie unter dem Schutz eines Zaubers an den schnarchenden Vampiren vorbei, die in einem halboffenen Zelt saßen. Sie trugen Armbänder, die Julia aus ihren Visionen kannte. Erschüttert seufzte sie.

Dann knackte etwas. Julia verzog das Gesicht.

Peter war auf ein Stückchen getreten. Erschrocken verharrten sie. Einer der Soldaten blinzelte kurz, schlief dann aber weiter. „Er hat uns gehört, richtig?", flüsterte Josefine hoffnungsvoll. „Ich kann ihn doch jetzt essen?"

„Nein. Lasst uns weiter gehen!", antwortete ihr Onkel ebenso leise. Erst als sie den dichten Wald hinter dem Grenzzelt erreichten, und weit vom Zelt entfernt waren, wagten sie es wieder lauter zu sprechen. Hier war niemand zu sehen. Oder zu riechen, wie Finn ihnen versicherte. Daher löste Julia den Schutzzauber auf.

„Es riecht nach Sumpf", brummte Fiete. „Passt auf, wohin ihr tretet. Diese Wälder sind gefährlich. Besonders, wenn man sich nicht auskennt. Wir sollten sehen, ob wir einen festen Weg finden."

„Einen festen Weg? Hier?" Peter runzelte die Stirn. „Und Finn? Er kann auf diesem Boden schlecht laufen. Der Boden hier ist nicht nur uneben, er gibt auch leicht nach!"

„Es wird schon gehen", murmelte Finn und stieg langsam von Markos Rücken. Büsche und in den Weg ragende Äste, machten das Reiten auf Markos Rücken unmöglich. Und zu zweit wogen sie zu viel für den Boden. Markos Füße sanken leicht ein. Der Werwolf nahm wieder menschliche Gestalt an, und zog die Kleidung an, die Leopold ihm reichte. Er hatte diese in einem Beutel mit sich getragen. Jeder von ihnen hatte einen Beutel dabei. In Finns war jedoch nur sehr leichtes Gepäck. Ein dicker Schal und ein weiches Kissen. Beides wog kaum etwas.

Hexe - Die KöniginWhere stories live. Discover now