Kapitel 47

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Marlon

Die Luft um das Schloss herum roch anders als die Luft an seinem Anwesen. Hier roch es nach Macht. Dieser Geruch fehlte seinem Anwesen gänzlich. Etwas, dass Marlon missfiel.

Seine Eltern erwarteten ihn bereits vor dem riesigen Palast. Ja, das Schloss war eher ein Palast, auch wenn niemand es so nannte. Marlon würde dies ändern.

Seine Mutter schloss Marlon in die Arme und sein Vater klopfte ihm liebevoll auf die Schulter. Dann fragten sie ihn, ob die Fahrt angenehm war und alle anderen Floskeln, die in so einer Situation üblich waren. Marlon, ganz der perfekte Sohn, antwortete ihnen lächelnd und winkte dann seinen neuen ‚Diener' zu sich.

Der Auftragskiller verbeugte sich tief vor König und Königin.

„Das ist Keno. Mein neuer Diener", stellte Marlon ihn vor. Dabei würdigte er den sogenannten Diener keines Blickes. Keno schmunzelte.

„Ein Mensch?" Verwirrt betrachtete sein Vater ihn. „Bislang hast du dich geweigert, Menschen als Diener zu akzeptieren."

Marlon lächelte. Mit dieser Farge hatte er gerechnet. „Er hat mich von seinen Fähigkeiten und Qualitäten überzeugt. Er wird sich um mein Wohl kümmern... Und... Nun, am besten arbeiten ein paar eurer Diener ihn in die Aufgaben des Schlosses ein? Damit er sich schnell zurechtfindet? Ich bin mir sicher, er wird generell gute Dienste tun. Er hat bereits als persönlicher Butler gearbeitet." Marlon log gekonnt.

Seine Mutter nickte eifrig. „Ja, natürlich. Und woher kommt dieser qualifizierte Diener?"

„Aus einem kleinen Dorf an der Grenze, Majestät. Es ehrt mich, in Eurem Schloss dienen zu dürfen", antwortete Keno geschmeidig und verbeugte sich dabei erneut.

Marlons Eltern lächelten sich zufrieden zu. Doch dann wurden ihre Blicke ernst. „Marlon? König Friedrich ist verstorben. Wir bekamen die Nachricht vor einigen Tagen."

„Was?" Marlon zeigte sich höchst erschüttert. „Das ist ja fürchterlich!"

Seine Mutter seufzte. „Allerdings. Deine Schwester und Prinz Torsten sind derzeit nicht hier. Wir mussten sie mit einem Brief darüber informieren. Aber wir erwarten sie in ein paar Tagen zurück."

Marlon nickte mit gespielter Anteilnahme.

Annemarie

Sie würden nicht zum Schloss zurückkehren. Annemarie und Torsten hatten dies gemeinsam beim Frühstück beschlossen. Und sie hatten einen guten Grund als Ausrede: Torsten hatte eine Grippe mit hohem Fieber. Auch den kleinen Rayk und Rosina hatte es erwischt. Da sie zur Hälfte menschlich waren, waren die beiden Anfällig für menschliche Krankheiten. Doch die Symptome der Kinder waren wesentlich geringer als bei Torsten.

Die beiden Kindermädchen kümmerten sich um die kränkelnden Kinder. Annemarie saß am Bett ihres hustenden Mannes und las einen Brief, welcher sie nach dem Frühstück erreicht hatte.

„Schatz? Dein Vater ist gestorben", sagte sie leise.

Torsten sah sie verwundert durch fiebrige Augen an. „Was?"

„König Friedrich ist verstorben. Die Gründe sind nicht ganz klar, doch man geht von plötzlichem Herzversagen aus."

„Herzversagen? Er war ein Zauberer." Torsten setzte sich auf und nahm Annemarie den Brief ab. „Die Unsterblichen werden nur selten krank..."

„Plötzliches Herzversagen kommt wohl vor. Sonst wäre dein Vater nicht daran gestorben."

Torsten nickte. „Das kann sein, ja. Das ist schlimm. Ich kannte ihn noch nicht sehr lange..."

Hexe - Die KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt