94 | best comfort

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JULIA

Mittlerweile war es schon stockdunkel. Keine Sterne schwebten am Himmel. Nicht einmal der Mond leuchtete so hell wie sonst.

Da war nur leere. Leere überall.

Ich kam gerade vor dem Indora's an, um bei Indora nachzuhaken, ob sie etwas von Savannah gehört hatte, als meine Augen eine dunkle Gestalt auf dem Dach des Gebäudes erkannten. Das war nur durch das große rote Neonschild mit den Buchstaben INDORA'S DINER möglich.

Ich verzog meine Augen zu Schlitzen und schaute genauer hin.

Es war Savannah. Sie saß eingekauert auf dem Dach des Diners. Ihre Knie waren an ihre Brust gezogen und ihre Arme waren darum geschlungen.

Ich ging um das Diner herum, auf der Suche nach einer Leiter oder so ähnlich, um an der Außenfassade hoch zu klettern, so wie sie es wahrscheinlich auch tat.

Auf der Rückseite fand ich genannte Leiter.

Ich kletterte hoch. Oben angekommen, waren Savannahs Augen auf mich gerichtet.

»Wie hast du mich gefunden?«, fragte sie leise, ihr Gesicht halb im Schatten, halb rot beleuchtet.

»Das Neonschild hat dich verraten.« Ich machte ein paar Schritte auf sie zu.

Sie seufzte, stand auf und stellte sich mir gegenüber. »Julia ...« Ihre Augen waren so rot und geschwollen wie meine eigenen.

Ich unterbrach sie. »Du wusstest es schon längst, oder? Das mit deinem Dad. Dass er krank ist ...«

Sie nickte schwach und spähte nur zu ihren Schuhspitzen. »Ja, ich wusste es schon lange.« Das war also nicht der Grund, warum sie wegrannte ...

»Tut mir leid, Sav. Das muss hart sein.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab mich schon vor Monaten damit abgefunden. So ist das nun mal mit der Leber: Betrink dich zwanzig Jahre lang jeden Tag und sterbe einen langsamen, qualvollen Tod.«

Ich betete stumm, dass das für sie eine Lektion war, niemals mit dem Trinken anzufangen.

»Aber ... das ist es gar nicht, warum ich gegangen bin. Ich bin eben abgehauen wegen ... wegen meiner Mom. Das war zu viel. Es hat zu sehr geschmerzt, die Wahrheit zu hören. Ich habe die letzen Jahre mit einem Mörder zusammen gelebt. Und ich habe es ernsthaft noch gewagt, ihn in gewissen Situationen in Schutz zu nehmen! Naveen hatte recht: Er ist nichts weiter als ein Monster.«

Die Erinnerung an Naveen waren wie tausend Messerstiche auf einmal.

»Ich muss mich bei ihm entschuldigen ... Wo ist er? Seid ihr zusammen gekommen?«, fragte sie, unwissend, dass sie gerade den Timer für eine Bombe stellte, die jede Sekunde drohte, hochzugehen.

Vergisst die Messerstiche. Es fühlte sich an wie Schüsse eines Jagdgewehrs. Mitten in mein Fleisch.

Meine Atmung versagte. Ich musste stark bleiben, wusste aber nicht, ob ich es kann.

»Er ist gegangen«, schaffte ich zu sagen.

Tick-Tack. Tick-Tack. Tick-Tack.

Fears Between UsWhere stories live. Discover now