Kap. 125 Von einem Desaster zum nächsten

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Roran pov

Roran?" Es war nur dieses eine Wort und doch erkannte ich sofort, wem die Stimme gehörte. Obwohl ich noch eine Sekunde zuvor vollkommen entkräftet und nicht einmal in der Lage gewesen war, einen Finger zu heben, hob ich nun meinen Kopf und suchte hastig meine Umgebung ab. Dann bemerkte ich, dass es sehr unwahrscheinlich war, dass ich sie wirklich gehört hatte.

„Katrina?", flüsterte ich. Eine Antwort erwartete ich nicht. In diesem Moment glaubte ich, ich hätte mir die Stimme einfach nur eingebildet. Es würde zu meiner Situation passen.

Als dann aber doch etwas zurück kam, spürte ich eindeutig, dass das keine von der Erschöpfung ausgelöste Halluzinationen war, sondern dieses merkwürdige über Gedanken sprechen, was Eragon damals auf den brennenden Steppen das erste Mal mit mir gemacht hatte. Aber seit wann konnte sie das? Meine Gedanken waren in diesem Moment zu langsam, um zu erkennen, dass es vermutlich an dem Anhänger lag, den wir am Vorabend angelegt hatten. Schließlich war er der einzige grundlegende Unterschied zu all den anderen Einsätzen, auf denen ich gewesen war.

Geht es dir gut? Roran?" Ich wollte nicht, dass sie sich jetzt Sorgen um mich machte. Nicht jetzt, wo es sowieso keine Hoffnung mehr gab. Ich bejahte also beide Teile ihrer Frage, zögerte jedoch beim zweiten Mal ein klein wenig. Genug offenbar, um sie meine Lüge erkennen zu lassen. „Roran Garrowson, lügst du mich gerade an?"

Ich seufzte. Offenbar würde ich aus dieser Befragung nicht so leicht rauskommen. Dass das etwas Gutes war, zeigte sich wohl erst im Nachhinein. Ein weiteres Mal fuhr der Schild auf mein Gesicht nieder und ich stöhnte auf wegen dem Kraftverlust. „Nein, kein bisschen", gestand ich also. „Ich bin umzingelt und habe keine Kraft mehr, mich zu bewegen."

Ich spürte zuerst ihr Entsetzen, dann eine andere Präsenz, die ich so noch nie gespürt hatte, in meinen Gedanken. So komisch das Gefühl auch war, ich wusste sofort, dass es Katrina war. Es fühlte sich genau so an, wie ich es mir vorgestellt hätte. Und noch etwas anderes spürte ich. Mein Hammer erschien wieder an meiner Hüfte. Offenbar war er jetzt so lange verloren gewesen, dass die Rückholmagie einsetzte. Praktisch, half mir aber in dem Augenblick nicht weiter. Ich hatte nämlich noch immer keine Kraft, mit der ich ihn heben könnte.

Du... du stirbst mir hier nicht so alleine irgendwo an der Mauer. Wo ist der unaufhaltsame Krieger? Der der nie aufgibt?", fragte sie. Auch wenn ihre Worte fast gemein und vorwurfsvoll klangen, erkannte ich, dass der einzige Vorwurf der war, dass ich immer und immer wieder in die Gefahr rannte. Der Rest war ebenfalls nicht böse gemeint, das spürte ich durch unsere neu geschaffene Verbindung, sondern sollte mich antreiben, nochmal aufzustehen und sich zu widersetzen. Leider musste ich sie dieses eine Mal enttäuschen.

Ich habe es versucht. Wirklich! Aber ich habe nichtmal mehr die Stärke, meinen kleinen Zeh zu bewegen. Es tut mir leid!" Ich spürte, wie es in ihr für einen Moment hin und her ging. Dann aber auch, wie sie sich scheinbar meine Gedanken nochmal ansah und schließlich erklärte: „Enttäuschen kannst du mich nur, wenn du wegläufst, nachdem du dich dieser Aufgabe und all den Gefahren verschrieben hast. Enttäuscht wäre ich, wenn du stirbst, aber nicht enttäuscht von dir, sondern von der Welt. Dass es immer die Besten erwischt. Aber du wirst hier nicht sterben. Du hast immer Stärke und du kannst dich aus jeder hoffnungslosen Situation heraus ziehen. Verstanden?"

Ich zögerte wieder. Ich spürte, dass ihre Worte auch einen Effekt hatten, aber keinen, der so stark war, dass ich damit einen Kampf gewinnen könnte. Wegkriechen wäre vielleicht eine Option, aber auch wenn das eine klare Verbesserung war, würde es mir nichts helfen. „Ich... ich habe keine Kraft mehr. Ich kann nicht...", stotterte ich. Ich hasste es, diese Worte zu sprechen, aber leider waren sie die erdrückende Wahrheit. Und ein weiterer Schlag saugte mir die Kraft aus.

Die Macht ist mit mir, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt