Kap. 64 Auftrag

376 22 35
                                    

Nasuada pov

Ich saß mal wieder auf einem der wenigen massiven Möbel im Lager, meinem Stuhl hinter dem Schreibtisch im Kommandozelt, und wartete. Seit ich nicht mehr Botin und unbekannte Kraft im Hintergrund war, um meinen Vater zu unterstützen, ohne dass dieser etwas davon mitbekommen durfte, hatte ich das Warten gelernt. Boten brauchten immer Zeit, genauso wie die Personen, die ich zu mir rufen ließ, dieselbe brauchten, um bis zum Pavillon vorzudringen.

Ich seufzte. Der Auftrag, den ich nun vergeben wollte, war nicht unbedingt das, was ich mir wünschte. Er war notwendig, aber trotzdem missfiel er mir. Ein Zweifrontenkrieg ist verheerend, vor allem wenn man schon so in der Unterzahl ist, und solange Aroughs noch zum Imperium gehörte, forderten wir ein solches Desaster geradezu heraus.

Dementsprechend musste eine Mission gelingen. Ich hatte natürlich schon kurz nach dem Verlassen Surdas eine Truppe zu dieser Stadt ausgeschickt, aber meine Späher waren getäuscht worden und so war diese vermeintliche Einnahme in eine Belagerung ausgeartet. Zum einen hielt uns das vorerst noch den Rücken frei, aber es war wohl kaum von Dauer. Neueren Berichten zufolge, für die ich jedes Mal die Initiative ergreifen musste, da ich nichtmal einen Magier zu diesem Trupp beordert hatte und so nur von uns aus Kontakt aufgenommen werden konnte, waren in der Stadt fast drei mal so viele Soldaten wie Belagerer außen herum. Somit war nichtmal klar, ob wir darüber unterrichtet werden würden, wenn es zum schlimmsten käme und diese Soldaten ausziehen würden.

Während ich die aktuelle Lage beim Warten durchging, spürte ich plötzlich ein Gewicht auf meiner Schulter. Ich lächelte. Es war in letzter Zeit keine Seltenheit, dass sich Luna, so hatte ich die kleine genannt, auf diese Weise bemerkbar machte. Auch wenn ich sie nicht sah, spürte ich sie meinen Oberkörper hinab klettern und es sich auf meinem Schoß bequem machen. Es war eine der wenigen einfachen Dinge... nein, es war überhaupt eine der wenigen Dinge, die mir zur Zeit wirklich Freude bereitete.

Natürlich kämpfte ich weiterhin mit allem Elan für den Widerstand, aber die Kämpfe bereiteten mir keine richtige Freude. Sicher, Siege gaben mir Genugtuung und weitere Überzeugung, dass wir es schaffen könnten, aber das lag nicht an den Kämpfen selbst sondern daran, dass wir einer besseren Welt einen Schritt näher kamen. Ich war mir auch nicht sicher, ob das gut oder schlecht war. Zum einen war ich erstmal nur Oberkommandeur unserer vereinigten Streitkräfte und als solche waren diese Gemetzel eigentlich meine primäre Aufgabe, aber zum anderen glaubte ich auch, dass zu viel Gewaltbereitschaft eher negative Auswirkungen hätte. Es war eine Frage, die ich mir nicht selbst beantworten konnte.

Ich starrte gedankenverloren auf die Stoffplanen, die zur Zeit jeden Blick von außen aufhielten, und streichelte dabei weiterhin Luna, was mit einem zufriedenen Summen meiner unsichtbaren Begleiterin kommentiert wurde, als von draußen erst Stimmen und dann ein Klopfen ertönten. Ich wusste, was diese Geräusche bedeuteten und so streckte, wie erwartet, einer der Nachtfalken, deren Namen ich noch immer etwas gewöhnungsbedürftig, wenn auch nicht schlecht, fand, seinen Kopf herein. „Roran Hammerfaust begehrt Euch zu sprechen, Herrin" Ich nickte und seufzte innerlich auf. Formalitäten. „Lasst ihn durch!"

Ich schob die Gedanke an Aroughs zumindest soweit nach hinten, dass ich mich erstmal auf die Begrüßung konzentrieren können würde, und straffte meine Schultern etwas. Es war indirekt meine Pflicht, allgegenwärtig Disziplin zu wahren. Nicht besonders schön, unter garkeinen Umständen einfach, aber unumgänglich.

Da die Wachen die Eingangsverhänge nur zur Seite und nicht hoch zogen, konnte ich Roran bereits einen Augenblick früher sehen als er mich. Es war nicht großartig von Bedeutung, aber solange es keine richtigen Nachteile dabei gab, sah ich keinen Grund es zu ändern.

Als Hammerfaust, den Namen hatte er sich ja mehr als verdient, vollständig eingetreten war und seinen Blick kurz durch das Innere des Zeltes schweifen ließ, räusperte ich mich. „Roran, ich möchte hier nicht um den heißen Brei herum reden. Ich weiß, dass wir erst gestern eine große Schlacht hatten, aber ich muss dir schon wieder einen Auftrag geben." In Sekundenbruchteilen verfinsterte sich seine Miene, doch er sagte erstmal nichts.

Die Macht ist mit mir, oder?Where stories live. Discover now