Kap. 93 Abfuhr und Abflug

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Nasuada pov

Ich biss die Zähne zusammen und verzog gequält das Gesicht während das glühende Metall meinen Körper zerstörte. Luna hatte Wort, oder mehr Gefühl in ihrem Fall, gehalten und ich spürte nicht mehr als ein leichtes Ziehen an der entsprechenden Stelle, durch das ich wusste, wo ich Schmerzen imitieren musste. Meine Übung der letzten Tage hatte sich bisher bewährt. Noch hatte Galbatorix nicht geahnt, dass er mir eigentlich keine Schmerzen zufügte, sondern mich lediglich physisch schwächte. Als wenn ich mit diesen Sicherheitsmaßnahmen entkommen könnte.

Vor einer den Umständen verschuldet nicht definierbaren Zeit war der König mit einem maskierten Begleiter durch die Zellentür getreten und letzterer hatte eine eiserne Stange mit sich geführt. Während der Tyrann mich als erstes gefragt hatte, ob ich in den vergangenen Stunden zur Besinnung gekommen war. Ich hätte ihm gerne vor die Füße gespuckt, aber mit meinem fixierten Kopf würde ich wohl mich selbst treffen. Stattdessen hatte ich geschwiegen. Er hatte nur geseufzt und seinem Lakaien ein Zeichen gegeben, woraufhin dieser die Kohlen entzündet und sein Mitbringsel hinein gehalten hatte. Ein Magier war er auf jeden Fall. Vielleicht konnte es mir helfen, mehr über ihn zu wissen, und selbst wenn nicht, was sollte ich sonst tun?

„Ihr glaubt noch immer, für das Gute zu kämpfen, doch das liegt nicht daran, dass ihr Helden seid. Ihr seid es nicht. Ihr tötet mein Volk. Ihr verwüstet mein Land. Und das alles nur aus einem einzigen Grund. Weil euch von Kindesbeinen an beigebracht wurde, dass mein Reich schlecht ist. Ihr wart zeitweise eine Anführerin. Ihr solltet besser wissen, dass manche Probleme die Lösung noch größerer Probleme sind, auch wenn das viele nicht verstehen. Lasst mich Euch die Geschichte dieses Ortes erzählen, bevor wir hier fortfahren." Ich starrte ihn nur böse an. Ich hätte nicht Tag für Tag die Energie gehabt, mich meinen Pflichten zu widmen, wenn ich nicht wirklich an unser Ziel glauben würde. Ein Glaubenssatz aus der Kindheit konnte vielleicht eine Meinung festtreten, aber er würde mich nicht persönlich motivieren, wenn ich nach einem warum fragte, wenn ich wieder bis spät in die Nacht arbeiten musste, weil es sonst Probleme unter den Varden geben würde. Trotzdem wollte ich ihm zuhören. Wenn ich irgendwann frei kommen sollte, dann würde ich aus seinen Fehlern lernen. „Kenne deinen Feind!", hatte mein Vater immer gesagt.

Er begann mir eine Geschichte über eine angeblich durch aus einer Spalte hervortretende Dämpfe benebelte Frau zu erzählen, die vermeintlich die Zukunft vorausgesagt hatte. Was immer sie gesagt hatte, es war ihm zufolge wahr geworden und so wurde dieser Ort die ‚Halle der Wahrsagerin' genannt. Auch wenn mir ‚Grab der Zwerge' besser gefiel, sprach ich das nicht aus. Eines Tages hatte einem Jüngling seine Zukunft nicht gefallen und er hatte sie angegriffen. Sie war an den Folgen dessen gestorben und so stand dieser Raum bis zu meiner Ankunft große Teile der Zeit leer. „Und weil jede ihrer Prophezeiungen wahr geworden ist, dulde ich hier unten keine Lügen. Weder von Euch, noch von meinen Dienern, noch von mir selbst. Wenn Ihr mich etwas fragt, werde ich darauf die Wahrheit antworten. Nur zu, fragt."

Wie schon am Vortag klang er vollkommen überzeugt darin, was er sagte, doch ich glaubte ihm den Inhalt nicht. Ich glaubte nicht, dass er mich nicht anlügen würde, würde es ihm einen Vorteil bringen. Was er erzählen würde, dürfte allerdings trotzdem interessant werden. „Schön. Womit rechtfertigt Ihr es, Euch selbst über alles zu erheben, ohne Kritik zu dulden, ohne Rücksicht zu nehmen, ohne irgendeine gewaltfreie Alternative zu bieten?"

Er legte die Stirn in Falten, als müsste er ernsthaft nachdenken. Eigentlich dürfte er diese Frage vorhergesehen haben. Was schließlich hätte ich sonst als allererstes Wissen wollen können, was mir möglicherweise die Chance geben würde, die Unrechtmäßigkeit seiner Diktatur zu offenbaren. „Die Vision einer besseren Welt. Die größte Gefahr für unsere Welt ist die Magie. Menschen, die ohne etwas dafür getan zu haben, mit übermenschlichen Fähigkeiten geboren werden und damit anderen übergeordnet zu sein scheinen. In einer gerechten Welt darf es eine solche Ungleichheit nicht geben. Jemand muss über sie wachen und sie regulieren. Die Reiter haben diese Gefahr in ihrer Eitelkeit und Selbstgefälligkeit nicht erkannt. Sie haben sich auf ihren Traditionen ausgeruht und geglaubt, dass es so wie es war am besten wäre und für immer so bleiben würde. Sie haben diese Ungerechtigkeit ignoriert. Ich werde dem ein Ende bereiten und es fehlt nicht mehr viel, um dieses Ziel endgültig zu erreichen. Ich werde eine Beschränkung oder sogar ein Verbot der Magie ins Leben rufen, dass nur mit expliziter Erlaubnis Ausnahmen gestattet. Wenn ich das erreicht habe, wird es allen besser gehen."

Die Macht ist mit mir, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt