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Es ist Vollmond. Genauso wie in dieser Nacht, wie ich inzwischen dank der Scheißflashbacks vermute. Neben ein paar anderen Dingen, über die ich mir besser keine Gedanken mache. Ich habe momentan genug mit der Gegenwart zu tun, da brauche ich die Vergangenheit nicht auch noch.

Stöhnend lege ich den Kopf in den Nacken, während ich langsam den Rauch aus meinen Lungen entweichen lasse. Auch heute sitze ich wieder auf der obersten Stufe der Veranda und schaue in den Himmel, in der Hoffnung, dass der mir Antwort en auf meine Fragen geben kann.

Emma macht mich wirklich wahnsinnig. Sogar vor ihr ausgezogen habe ich mich. Aber nichts! Deutlicher kann man es doch nicht mehr sagen, oder? Abstoßend kann sie mich wohl kaum finden, wie mir ihre Reaktion gezeigt hat. So nervös habe ich sie lange nicht mehr erlebt. Ich musste mir echt das Grinsen verkneifen. Es war irgendwie niedlich, als sie da wie ein Matrose stand und versucht hat, sich vor dem sicheren Untergang zu bewahren. Wie sie geguckt hat. Als hätte sie noch nie einen halbnackten Mann gesehen. Dabei ist sie doch schon seit Jahren in einer Beziehung und ein Hänfling ist dieser Arsch auch nicht gerade. Genauso wie Juan hat er dunkle, fast schwarze Haare und einen relativ gut trainierten Körper. Nur seine Augen, die sind kalt wie Eis. Bestimmt zieht gerade das viele Frauen an.

Das war damals auf der Highschool schon so. Die größten Vollblutarschlöcher hatten die meisten Mädels. Warum? Das wissen sie wahrscheinlich selbst nicht mal. Vielleicht stehen Frauen auch einfach drauf, scheiße behandelt zu werden. Wer weiß? Oder es liegt daran, dass der Typ Geld wie Heu hat.

Emma schien mir bisher niemand zu sein, die darauf wert legt. Trotzdem bleibt sie bei diesem Arsch und verbringt mit ihm sogar Weihnachten. Was hat der, was ich nicht habe? Okay. Ne Villa in Beverly Hills, zig Luxuskarren in der Garage und wahrscheinlich so viel Kohle, dass er stinkt. Doch ich will einfach nicht daran glauben, dass das Einzige ist, was Emma so toll an ihm findet.

So oberflächlich ist sie einfach nicht.

Obwohl der Spruch es schon war. Vielleicht hat sie aber auch einfach schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht. Das könnte wiederum auch der Grund sein, warum sie bei diesem Arschloch bleibt. Sie kennt es vielleicht nicht anders und hält das am Ende sogar für normal, wie er mit ihr umgeht.

Trotzdem musste ich weg da. Dieses Haus, der Ring ... das war einfach zu viel. Inzwischen ist meine Zigarette abgebrannt. Ich schmeiße den Stummel in den Aschenbecher. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie ich in Zukunft mit dieser beschissenen Situation umgehen kann. Entweder ich akzeptiere Emmas Entscheidung und mache weiter einen auf best friends oder ich halte mich endgültig von ihr fern. Mit auf den Knien abgestützten Ellenbogen lehne ich mich etwas vor und fahre mir seufzend durchs Gesicht.

Tolle Aussichten. Echt!

Mein Handy vibriert und ich traue meinen müden Augen kaum. Ausgerechnet sie! Dennoch nehme ich den Anruf an.

»Es ... ist mir etwas unangenehm, aber ich ... brauche deine Hilfe«, meint sie und lässt damit kurzzeitig Hoffnung, aber auch Angst in mir aufkeimen.

Ich kenne Emma. Und wenn sie mich freiwillig um Hilfe bittet, muss etwas Gravierendes vorgefallen sein. Sofort sitze ich aufrecht. »Was ist passiert? Ist alles in Ordnung bei dir?«

»Ja und nein.«

Was soll das denn jetzt schon wieder heißen? Kann sie sich bitte einmal entscheiden? »Emma, jetzt rede endlich!«, erwidere ich aufgebracht, als am anderen Ende Funkstille herrscht.

»Es geht um Lucky.«

Wer zum Teufel ist denn das jetzt schon wieder und wieso soll ich ihm helfen? Stöhnend reibe ich mir erneut durchs Gesicht. »Und wer ist dieser Lucky?«

Where Doubts should be silentWhere stories live. Discover now