3 | T O M

1.3K 144 1K
                                    

Hitze staut sich über dem Asphalt und lässt die Abgase in der Luft flirren. Überfüllte Straßen sind hier genauso an der Tagesordnung wie anhaltende Hupkonzerte. Jedes Jahr kommen zig Touristen aus aller Welt, um die Stadt der Engel zu besuchen. Auf unserer Wache waren auch schon einige. Ich erinnere mich noch an die heiße Blondine, die sich an Bens zweitem Schätzchen, der Drehleiter, geräkelt und ihn ernsthaft gefragt hat, ob er nach dem Dienst im Hotel vorbeikommen würde, um ihren Brand zu löschen. Zu dumm, dass unser Rock – wie wir ihn aufgrund seiner Statur nennen – sein mindestens genauso großes Herz an seine Heather verloren hat. Ich werde nie den Gesichtsausdruck von dem Püppchen vergessen, als er zu ihr meinte, dass es in Norwegen doch schneien würde und sie sich bitte dort abkühlen soll.

Seufzend lehne ich mich gegen die halbhohe Mauer. Ich mag es überhaupt nicht, wenn mir einer zu nahekommt. Die Einzige, bei der ich diese Kuschelattacken über mich ergehen lasse, ist meine Mutter. Und selbst das zähneknirschend. Mein Blick fällt auf die Flasche mit der goldenen Banderole. Das soll wohl ein Scherz sein?! Ein verdammt schlechter! Champagner lese ich auf dem Etikett. Der Fusel sieht aus, als würde dafür ein ganzes Monatsgehalt draufgehen, aber so genau kenne ich mich da nicht aus. Ich trinke keinen Alkohol mehr.

Mal abgesehen davon gehen mir sowieso ein Haufen anderer Fragen durch den Kopf. Wer auch immer dieser Logan T-irgendwas sein soll, er muss gut aussehen. Bei so vielen Herzchen, die sie in den Augen hatte, bevor sie mir meine fast ausgekratzt hat. Was auch immer das für ein komischer Film war, der da in ihrem Oberstübchen ablief, sie sollte sich dringend helfen lassen. Klar habe ich davon gehört, dass Frauen unter Stimmungsschwankungen leiden, aber ihr Verhalten ist garantiert alles andere als gesund.

Die wichtigste Frage, die ich mir jedoch stelle, ist: Woher zum Teufel weiß sie, wer ich bin?

Daniels wedelnde Hand vor meinem Gesicht holt mich zurück in die Realität. »Was das da gerade war, hab ich gefragt?«

Ich zucke mit den Schultern und wende mich zum Gehen. »Du, keine Ahnung, was die heute Morgen im Kaffee hatte.« Nicht nur Milch. So viel ist sicher.

Daniel folgt mir. Natürlich tut er das! Neben Eric ist er nicht nur mein zweiter Vorgesetzter, sondern auch so etwas wie mein Freund. Das behauptet er jedenfalls ständig, wenn er seine neunmalklugen Ratschläge zum Besten gibt. »Wahrscheinlich das Gleiche wie du, hmm?«

Bevor ich dazu komme, ihn zu fragen, was daran jetzt so witzig sein soll, platzt Michael dazwischen. »Uhh ... die hat's dir aber gegeben!«, meint er grinsend und wedelt dabei mit der Hand, als hätte er sich verbrannt.

Dieser Typ ist einfach ein Waschweib. Oder eine Frau mit Eiern. Wie so oft ignoriere ich ihn und drücke Daniel die Flasche in die Hand. »Hier! Schenk ich dir.«

»Was wollte Eric eigentlich ...«

Ehe er weitersprechen kann, drängt sich Samuel dazwischen. »Alter! Hast du die geile Karre gesehen?« Ich korrigiere mich. Diese Typen sind schlimmer als jedes Waschweib. Und zwar alle! »Porsche Cayenne Turbo. 550 PS ... von Null auf Hundert in vier Komma eins Sekunden!«

Samuel liebt Autos. Vor allem schnelle Autos. Kopfschüttelnd verschwinde ich in die Umkleide. Wie immer klemmt die dämliche Tür an meinem Spind. Hat diese Frau denn gar nichts gelernt?! Sonst würde sie ja nicht schon wieder mit so einer PS-Schleuder durch die Gegend brettern. Kräftig schlage ich dagegen, woraufhin sie aufspringt. Geht doch!

»Du hast mir übrigens meine Frage noch nicht beantwortet.«

Daniel. Das war klar. Statt etwas zu sagen, drücke ich ihm den zerknüllten Zettel in die Hand. Ich muss nicht wiederholen, dass ich mich demnächst vor irgendeinem Klugscheißer dafür rechtfertigen darf, jemandem das Leben gerettet zu haben. Von den zwei Wochen Auszeit – oder sollte ich lieber Suspendierung sagen – will ich gar nicht erst sprechen.

Where Doubts should be silentUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum