~𝑵𝒆𝒖𝒏𝒖𝒏𝒅𝒛𝒘𝒂𝒏𝒛𝒊𝒈𝒔𝒕𝒆𝒔~

65 20 8
                                    

Mit klopfendem Herzen starre ich das penibel gepflegte Haus an. Hatte ich nicht am Anfang schon ein komisches Gefühl, als ich den Vorgarten betreten habe?!

Das kalte Lächeln in dem Gesicht meiner Mutter und die triste Einrichtung des Hauses erscheint vor meinem inneren Auge. Alles weiß, sauber und leer. Grausam. Unter gesundem Wohnen stelle ich mir eine farbenfrohe Wohnung mit gemütlichen Plätzen zum Ausspannen vor. Vielleicht ein weiches Wohnzimmer oder wenigstens die Erlaubnis sich wie Zuhause zu fühlen. Aber das war in diesem Haus definitiv nicht der Fall.

Die Sicht verschwimmt vor meinen Augen und die Erlebnisse verschwinden im Hintergrund.

Werde ich nachher einfach wieder nach Hause fahren und so tun, als wäre nichts gewesen? Beziehungsweise kann ich das? Oder sollte ich mich so richtig entschuldigen für das, was ich nicht mehr gut machen kann? Für die ganzen Jahre, in denen ich mich wie ein egoistischer Vollidiot verhalten habe?

„Laira Carvalho?", unterbricht eine erdige Stimme meine Gedanken. Erschrocken zucke ich zusammen. Vor mir steht der Polizist, der sich über die Autotür gehängt hat und mich lächelnd mustert. „Ähh ja?", frage ich und blinzle ein paar mal.

„Deine Mutter ist da."

Meine Mutter?! In meinem Kopf schrillen sämtliche Alarmglocken, als ich mich aufrichte und ein furchtbar leises „Echt?"„ murmle.

Der Polizist strahlt mich an und geht dann ein Stück beiseite, damit ich aufstehen kann. Weil jetzt nicht mehr der kantige Körper des Mannes vor meiner Sicht steht, kann ich auch endlich sehen, wer hinter ihm steht.

Esperanҫa! Am liebsten würde ich jubeln oder lachen oder weinen, aber es kommt keine Reaktion aus mir heraus. Außer ein aufatmendes Lächeln, dass vermutlich mehr sagt, als alles andere, denn als Esperanҫa es sieht, kommt sie auf mich zu und wischt sich Tränen aus den Augen. „Laira, ich bin so froh, dass es dir gut geht." Sie lacht erleichtert auf und ignoriert die Tränen.

„Ich auch", antworte ich und lasse es zu, dass Esperanҫa mir über die Schulter streicht. Zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt lasse ich es zu, dass sie mich anfasst und muss zugeben, dass es mich in dem Moment gar keine Überwindung kostet.

Der Polizist lächelt, ehe er sich räuspert „Wir können dich auch morgen Vormittag noch auf dem Polizeirevier befragen", sagt er plötzlich und sieht Esperanҫa an. „Wir ermitteln in dem Fall, aber für heute hat Laira erst mal genug erlebt."

Esperanҫa sieht mich fragend an. „Und? Möchtest du wieder mit nach...Hause kommen?"

„Wirklich?", frage ich verdattert und sehe in das unsichere Gesicht meiner Adoptivmutter.

„Natürlich nur wenn du möchtest, aber es würde mich sehr freuen."

Vermutlich muss in meinem Gesicht ein riesiges Fragezeichen zu sehen sein, denn Esperanҫas Mundwinkel zucken leicht. „Was hast du denn erwartet? Das wir dich einfach so gehen lassen? Kamil und ich lieben dich!"

Lieben? Nach all dem, was ich getan habe?!

„Aber ich-"

Mein Mund schließt sich, ohne das ich es will und verweigert sämtliche Anweisungen weiter zureden. Aber vielleicht ist es gut nichts mehr zu sagen. Vielleicht würde ich damit wieder alles kaputt machen.
„Also darf ich wieder bei euch wohnen?"

Esperanca nickt und wischt sich über die Augen. „Natürlich!" Natürlich?! Ich habe Dinge getan, für die andere niemals mehr mit mir reden und mich vermutlich hassen würden und meine Adoptiveltern lieben mich? Wie kann ich überhaupt noch nach meinem Handeln liebenswert sein?

Honeymilk SmellDonde viven las historias. Descúbrelo ahora