Kapitel 38

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Der Rest der Fahrt verlief schweigsam.
Am Flughafen stiegen wir aus und Andrew bezahlte den Taxifahrer.

Nach den ganzen Sicherheitskontrollen, Check Ins und dem Suchen und Finden des richtigen Gates, saßen wir nebeneinander auf den Sitzplatzen vor unserem Schalter und warteten, bis unser Flug aufgerufen wurde.
"Willst du nicht antworten?"
"Nein, ich finde, das brauche ich nicht. Ich habe dich schon verstanden. Ach und übrigens: Sollten wir je einmal ein Paar gewesen sein, sind wir das jetzt nicht mehr."
"Warum?"
"Das weiß du."

Und wie, wenn ich mein Satzende geplant hätte, wurde genau in diesem Moment unser Flug aufgerufen, der dieses Mal zum Glück ein Direktflug war, und ich stand auf und ging ohne mich umzudrehen zu der Frau hin, zeigte meine Bordkarte vor und machte mich daran, ins Flugzeug einzusteigen.

Irgendwann nach gefühlten Stunden, es waren auch Stunden, stand ich vor meiner Wohnungstür, schloss auf und ließ mich auf die Couch fallen.
Später duschte ich noch kalt und legte mich schlafen.
An Essen oder jegliche andere Hygiene dachte ich überhaupt nicht mehr.
Mein Körper hätte auch keinen Moment länger ausgehalten.
Es war einfach zu viel auf einmal passiert. Ob es einfach war, darüber konnte man noch streiten, jedenfalls schlief ich sofort ein. Was etwas verwunderlich war, weil ich hätte schwören können, dass ich mir noch stundenlang den Kopf über meine Situation zerbrechen können, doch das tat ich nicht. Ich schlief ein.

Ich blickte auf den Wecker. Zum Glück war ich rechtzeitig aufgewacht. Denn nichts wäre peinlicher, als am ersten Arbeitstag zu spät zu kommen.
Die meisten Filme fingen so an und wenn ein solcher Einstieg kam, dann wollte ich sie erst gar nicht ansehen.
Aber eigentlich hatte ich mir nicht wirklich Sorgen gemacht, ich könnte zu spät kommen, denn ich wachte immer pünktlich auf.
Ein bisschen nervös war ich schon, schließlich hatte ich mir immer erträumt in diesem Verlag zu arbeiten. Ich hatte noch nicht sehr viel über die Machtverhältnisse herausfinden können und wusste nur, dass der gesamte Verlag Herrn Andrew Carter gehörte.
Schließlich raffte ich mich auf und fuhr mit dem Auto los zum Verlag.


Als ich die Eingangstür öffnete, machte ich Eindruck mit meinen ziemlich hohen Stöckelschuhen und dem schwarzen Businessrock und der weißen Bluse, die einen steifen Kragen hatte.

Die Empfangsdame teilte mir mit, dass ich Herrn Carter im Stock 21 in seinem Büro finden würde.

Im Aufzug nach oben traf ich dann auf eine Frau, dich sich später als Frau Merigde vorstellen würde.
Sie fiel mir auf, weil sie sich immer wieder nervös umschaute.
Irgendwann sprach ich sie dann an, weil ich es nicht mehr aushielt.
"Haben Sie irgendetwas?"
"Ich wurde zum Boss bestellt, das kann nichts Gutes heißen."
"Seien Sie nicht so ängstlich und treten Sie selbstbewusst auf. Das verbessert Situationen wie diese deutlich.", meinte ich nur schulterzuckend.
Mein Ziel, dass sie aufhörte sic
h wie ein Flummi, der einfach nicht aufhörte, zu springen, zu benehmen hatte ich erreicht.

Wir stiegen dann beide im 21. Stockwerk aus und gingen in Richtung des Büros von Herr Carter.
"Müssen Sie auch zu Herrn Carter?", fragte sie mich.
"Nein, ich möchte.", antwortete ich.
Daraufhin sah diese mich nur verstört an und beeilte sich, vor mir an seiner Tür zu sein.
Sie klopfte und wollte schon eintreten, als die Tür aufging und Herr Carter herauskam.

Er sah recht fertig aus, aber doch wie ein Mann, der einen Verlag leitet.
Er verzog keine Miene, als er sagte: "Frau Meridge, Sie warten bitte draußen, ich möchte erst mit Frau Foss sprechen."
Frau Meridge wollte noch etwas erwidern, aber es zog mich einfach in sein Büro und knallte die Tür hinter mir vor ihrer Nase zu.

"Sie sind hier für ihre Einführung in meine Firma? Juliette Foss nehme ich an?"
"Genau, ich denke die Einleitungsfloskeln sind unnötig, kommen wir direkt zum Geschäftlichen."
"Sehr gerne."

Mir hatte mein erster Arbeitstag bei dem Verlag Cartemnix durchaus gut gefallen. Herr Carter war sicherlich ein guter Geschäftsführer. Ich war erfreut, dass meine neue Stelle mich ansprach und ich vorhatte, zu bleiben.


Ich schlug meine Augen auf, war vorher aber schon ein paar Minuten wach gewesen.
Ich konnte mich nur wage an einen Traum erinnern, der ein Erlebnis in der Vergangenheit gewesen sein musste.
Dann sah ich auf die Uhr. Verdammt! Warum musste ich immer so früh aufwachen?
Na gut, etwas Joggen konnte in der Früh nicht schaden.
Bevor ich aber meine Sportsachen anzog, schrieb ich Élo und Julien noch eine Nachricht, dass ich wieder gut Zuhause angekommen war, was ich gestern im Stress vergessen hatte.
Eine Minute später hatte mir Julien schon geantwortet.
Das ist très bien. Wie geht's sonst so? Heute wieder dein erster Tag oder?
Ich schrieb ihm gleich zurück, weil ich gerade irgendwie in Stimmung war, mit ihm zu schreiben.
Oui, bin schon bisschen nervös aber ich denke, das krieg ich schon hin. Hab mit Andrew Schluss gemacht.
Ich schrieb ihm das einfach so. Wie wenn ich sagen würde, dass ich zum Abendessen noch Tomaten besorge.
Oh, kommst du damit klar, wenn du willst können wir mal heute Abend telefonieren.
Das ist lieb. Machen wir 22.00 Uhr?
Ja klar.


Ich war mir nicht sicher, warum ich Trost bei Julien suchte, aber obwohl wir offiziell erst seit vorgestern Freunde waren, wenn man das bei einem Menschen wie mir so nennen konnte, fühlte ich mich gut dabei, ihm von meinen Problemen zu erzählen, weil ich das Gefühl hatte, ihn zu kennen.
Es war auch ein ganz neues Gefühl für mich, einfach so mit einem anderen Menschen zu chatten. Ich fühlte mich ein bisschen komisch dabei, doch im Großen und Ganzen war es ein gutes Gefühl.
So gegen sieben Uhr machte ich mich dann auf den Weg in die Arbeit. Ich wusste nicht, warum ich schon wieder so früh in der Arbeit sein wollte. Vermutlich, weil ich Andrew nicht über den Weg laufen wollte.
Ich hoffte wirklich, dass es jetzt nicht komisch in der Arbeit werden würde, wobei ich mir sicher war, dass es das würde, doch ich hatte die Hoffnung, dass wir uns nicht allzu oft sahen, denn wir waren ja in verschiedenen Abteilungen. Das einzige Unvermeidliche war das Meeting des Chefs und Chefinnen, welches monatlich abgehaltenwurden. Und da würde ich ganz sicher teilnehmen müssen. 

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