Kapitel 25

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Ich wachte auf und mir war ganz sonderbar zumute. Klar war das ein "das passiert immer in Geschichten" Gefühl, aber ich wusste tatsächlich nicht, ob ich alles nur geträumt hatte. In den Büchern hatte ich immer gelesen, dass sich die Figuren nicht erinnern konnten, zumindest im ersten Moment nicht und ich hatte immer gelacht. Doch jetzt ging es mir tatsächlich genauso und das war mir noch nie passiert.
Andrew war nicht im Bett oder auch nicht mehr, wie ich hoffte und mir jetzt auch schon fast sicher war, denn die leicht wunde Stelle zwischen meinen Beinen sagte tausend Worte.
Auf einmal hörte ich Schritte und Andrew kam ins Schlafzimmer.
Er hatte ein Tablett mit Kaffee und Baguette drauf dabei und lächelte mich an.
"Guten Morgen." "Hi."

"Ich habe schon Frühstück gemacht und ich dachte mir, da wir den ersten Termin erst um zehn Uhr haben, frühstücken wir im Bett."
"Klingt sehr gut."
"Alles klar bei dir. Ich meine nach letzter..."
"Ja, ja! Auf jeden Fall. Bei dir? Hat es dir gefallen?"
"Ja. Wirklich Julie."
"Auch der Teil mit..."
"Besonders der Teil! Weißt du. Ich habe so lange auf diesen Augenblick gewartet. Ich habe sogar vielleicht ein klein wenig nachgeholfen, als ich das falsche Zimmer, beziehungsweise diese Suite gebucht habe."
"Was? Du hast was? Oh du bist ja wirklich hinterhältig."
"Hey, ist doch alles gut ausgegangen."
"Ja, ja. Klar. Weißt du, wahrscheinlich standest du schon die ganze Zeit, die ich bei Contemnix arbeite auf mich."
"Nein. Du standest bestimmt schon länger auf mich."
"Auf keinen Fall! Ich fand dich schrecklich."
"Du fandest mich attraktiv."
Und so ging unsere Unterhaltung noch eine Weile weiter, bis wir merkten, dass es schon neun Uhr war und wir uns noch für unseren Termin fertig machen mussten.
Andrew hatte mir noch gar nicht erzählt, wen wir treffen würden und wie viele weitere Meetings wir noch an diesem Tag hatten. Ich tippte auf mindestens zwanzig. Und das wäre noch erträglich.
"Ich geh noch kurz duschen. Dann können wir auch schon los."
"Okay. Ich mach mich auch fertig."
Er machte einen Schritt in Richtung Tür.
"Es sei denn, du willst mir eventuell beim Duschen behilflich sein." Er lachte mit seiner rauen Stimme, der ich so gar nicht mehr widerstehen konnte.
"Nur weil du dich noch nicht selbst waschen kannst. Und wir duschen kalt." "Alles hat seinen Preis. Okay, komm mit."
"Ich komme mit, weil ich das will, nicht weil du das willst. Nur damit das klar ist." "Ja, klar."
Nach einer langen Dusche, waren wir endlich so weit, dass wir unsere Suite verlassen konnten und zu unserem Termin aufbrechen konnten. Mit wem trafen wir uns eigentlich?
"Hey Andrew. Mit wem treffen wir uns eigentlich und was haben wir heute alles vor?"
"Oh man, jetzt dachte ich, ich könnte das vor dir geheim halten. Du wirst zu dem ersten Termin allein hingehen. Und ich habe ein Treffen mit einem alten Freund, der mir ein paar Ratschläge für unseren Verlag geben will. Du wirst die Lady von Rosen sind rot, das Blut nicht treffen. Danach haben wir noh ein paar Treffen mit eventuellen Sponsoren. Ich hoffe doch sehr, dass du nicht beleidigt bist."
Nein, warum auch?
"Na danke. Aber ist sowieso besser, dass du nicht mitkommst, weil du sie nicht verstehen würdest, wenn sie dich eine von ihren Fangfragen fragt."
"Okay, quitt. Sie trifft sich mit dir in der Rue Racine in ihrem Büro. Wir sehen uns um elf Uhr für unseren Besuch beim Sponsorenteam Prevors&Grun. Ciao."
"Na toll. Da brauche ich mit dem Bus ja ewig hin. Das schaffe ich nicht bis zehn Uhr."
"Wie gut, dass es außer Taxis auch noch den Hotel Shuttle-Service gibt. Ah, da ist er ja auch schon." "Bonjour, Monsieur. Wen soll ich mitnehmen?"
"Die Dame hier."
Irgendwie klang der Mann unfreundlich. Und Andrew auch ein bisschen.
Dann hörte ich ihn murmeln, dass ich hoffentlich nicht auch so unhöflich wie der Mann, mit dem er telefoniert hätte, sei.
Andrew war mal wieder sehr zuvorkommend gewesen.

Zwanzig Minuten später, um kurz vor zehn Uhr, stand ich in der Rue Racine und klingelte bei Madame Rombouz.
Ich war ziemlich aufgeregt, weil ich nicht ganz genau wusste, was mich erwartete.
Aber im Großen und Ganzen freute ich mich.
Seit ich mit Andrew gesprochen hatte und ihm von mir erzählt hatte, fühlte ich mich so viel besser. Ich hatte wieder zu meinem Leben zurückgefunden. Natürlich würde ich meine Vergangenheit nie vergessen, aber sie würde zu einem Teil von mir werden, den ich langsam akzeptierte und vielleicht bald auch abhaken würde.
Und das alles wegen einem einzigen Mann auf der ganzen Welt.
Noch fühlte sich alles so unwirklich an.
Gerade eben war ich noch zuhause gesessen, jetzt zusammen mit einem Mann in Paris, der mich liebte.
Und ich liebte ihn.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als das Summen des Türöffners ertönte.
Jetzt musste ich mich auf Madame Rombouz konzentrieren.
"Bonjour Madame. Sie sind Frau Foss, wenn ich mich richtig erinnere." "Ja, die bin ich und ich freue mich sehr, Sie hier persönlich zu treffen." "Das haben wir ja schon einmal. Aber kommen Sie rein. Es gibt Tee." Sie ging mir voran in die Wohnung hinein, direkt in den Salon.
Ich sah mich um und entdeckte eine alte Schreibmaschine, einen Tisch, der so verschnörkelte Beine hatte, dass ich mich wunderte, dass er überhaupt stehen konnte und dann war da natürlich noch die außergewöhnlichste Frau, die ich je in meinem Leben getroffen hatte.
"Sie haben mich damals, auf der Vorstellung meines Buches schon beeindruckt. Sie sind intelligent und sagen, was Sie denken. Doch seit damals haben Sie sich verändert. Was ist passiert?"
"Ich habe mich jemandem geöffnet, der mir sehr viel bedeutet. Ich hoffe, dass das etwas wird zwischen uns."
Wieso erzählte ich das einer wildfremden Frau, die ich gerade zum zweiten Mal in meinem Leben sah? Und noch dazu jemandem, der eine grellorange Bluse mit lila Knöpfen und eine Hose, die einen so großen Schlag hatte, dass ich willkürlich an zwei übergroße Trichter denken musste, trug.
"Ja, die Liebe. Unbegreiflich. Ich wünsche Ihnen Glück. Wissen Sie, warum ich Bücher schreibe?"
"Ich weiß es nicht."
"Ja, das können Sie auch gar nicht wissen, weil ich es Ihnen nicht erzählt habe und wann sollte ich es Ihnen auch erzählt haben, denn ganz sicher würde ich nie jemandem von meinem Geheimnis auf einer Buchvorstellung erzählen und auch ganz bestimmt nicht Ihnen, weil Sie zwar um mein Buch gebeten, aber nicht mit vollem Herzen dabei waren, natürlich nicht, Sie haben sich gefragt, wo Ihr Chef, inzwischen Freund, steckte und Sie haben sich gefragt, wo er ist, weil Sie damals schon in ihn verliebt waren, sie waren es schon lange, und nicht wollten, dass ihm irgendetwas zustößt, Julie, wenn ich Sie so nennen darf, Sie sind eine wunderbare Person, in der ganz viel Potential steckt und ich hoffe, Sie werden irgendwann einmal verstehen, warum ich meine Bücher schreibe und wer mein Antrieb ist, aber lassen Sie sich eine Sache gesagt haben, von jemandem, der weiß wovon er spricht: Schauen Sie nach vorne und nehmen Sie die Menschen mit in Ihre Zukunft, die Ihnen etwas bedeuten, denn wenn man jemanden einmal zurücklässt, ist es sehr schwer, ihn wieder zu sich zurückzuholen, besonders dann, wenn man selbst der Grund ist, warum der andere gelitten hat. Machen Sie es gut, Julie."

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