Kapitel 5

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Ich wachte auf und wusste sofort, dass noch nicht Morgen war. Meine gesamte Wohnung lag noch im Dunkeln.
Genervt, weil ich zu früh aufgewacht war, drehte ich mich nochmal im Bett um und versuchte wieder einzuschlafen.
Doch wie konnte es anders sein, ich blieb wach. Obwohl ich den Schlaf wirklich dringend nötig hatte.

Dann kam mir mein Traum in den Sinn. Ja, ich hatte geträumt. Das tat ich normalerweise nie.
Und dann auch noch von meinem Big Boss.
Im Traum war er aber sehr nett gewesen und auch sehr attraktiv. Ich mochte ihn.
Komisch.

Ich kannte ihn eigentlich kaum. Nur bei den monatlichen Meetings hatte ich ihn immer mal wieder gesehen.
Und da auch nur aus 10 Meter Entfernung.

Dann überraschend vor 4 Tagen. Im Aufzug und danach im Krankenhaus. Da hatte ich eigentlich nicht so sehr auf ihn geachtet, weil ich entweder wütend war oder verletzt. Körperlich und seelisch verletzt versteht sich.
Okay.
Und jetzt war mir im Traum plötzlich aufgefallen, wie attraktiv er eigentlich war.
Sehr attraktiv sogar. Seine Augen, sein Körper, na ja eigentlich alles, wenn man es genau nahm. Er war...

Wieso dachte ich das alles eigentlich?
Mein dummes, dummes Gefühlchaos! Oh wie ich es hasste. Immer öfter in letzter Zeit hing ich meinen Gedanken nach und träumte von einem anderen Leben.
Das ich nie haben würde.
Warum?
Weil ich für jeden eine unnötige Last wäre. Mich eigeschlossen, wenn ich irgendwelche Gefühle zuließ.

Um 6.15 Uhr beschloss ich, mich einfach jetzt schon fertig zu machen und sehr früh ins Büro zu kommen. Dann konnte ich, ohne Andrew, nein Herr Carter, begegnen zu müssen seine Kleidung bei ihm ins Büro legen.
Ich schnappte mir einen kleinen Post-it Zettel und schrieb...
Was sollte ich schreiben? Was sollte die dumme Frage? Über so etwas hatte ich mir doch noch nie Gedanken gemacht!

Hallo,
das sind die Anziehsachen, die Sie mir geliehen haben.
Danke.
Juliette Foss

Heute wollte ich ein schwarzes Kleid mit Gürtel anziehen und machte einen hohen, strengen Dutt. Ich fand, dass ich nicht mehr so aussah, als ob ich 4 Tage nicht in der Arbeit gewesen wäre. Die Genugtuung würde ich meinen Kollegen nicht gönnen.

Ich stieg ins Auto und fuhr los. Es war eigentlich eine ziemlich schöne Fahrt, weil ich mir Zeit ließ und nicht in Eile war.
Doch der Weg von mir zum Büro dauerte nur 20 Minuten und so war ich trotzdem recht schnell da.
In der Tiefgarage sah ich, dass noch niemand da war außer mir.
Ich stieg aus und sah, dass ich, sehr zum Glück für meine Nerven, richtig eingeparkt hatte.

Und genau, wie vor vier Tagen, kam dann wieder ein Auto angebraust.
Ich sprang zur Seite und um ein Haar hätte mein Auto wieder einen Außenspiegel weniger gehabt. Es war selbstverständlich in der Werkstatt gewesen.

Ausstieg ein genervter und wütender Andrew, nein Herr Carter. Und... Oh mein Gott!
Er war dermaßen heiß! Sein Hemd war noch and den obersten Knöpfen offen und sein Jackett leicht verrutscht. Seine Haare verstrubbelt.
Uhhh, das war sehr sexy und attraktiv.

Das mir das erst jetzt, nach 10 Jahren, auffiel?!

Er starrte mich an. Dann legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht.
"Foss ist wieder da.", sagte er, immer noch grinsend.
"Immer noch Frau Foss!", erwiderte ich.
"Scheint Ihnen ja wieder recht gut zu gehen, wenn Sie mich schon so anstarren..." Mit diesen Worten verschwand, nein, rannte er nach oben.

Was war das bitte schön gewesen?!
Argghh, er hatte definitiv ein viel zu groß geratenes Ego und wusste leider nur zu gut, dass er attraktiv war. Aber wieso war er auf einmal so anders drauf? Sonst war er immer der Miesepeter des 30. Stocks gewesen...
Egal, auf jeden Fall durfte mir so etwas nicht nochmal passieren!
Okay, dann packte ich mal meine Kälte aus meiner Handtasche aus.

Mist, ich hatte die Anziehsachen ganz vergessen, na ja... Der würde mich nicht nochmal drankriegen!
Ich stöckelte die Trappe nach oben und kam in der Eingangshalle an, wo ich gerade noch sah, wie der sexy Andrew im Aufzug verschwand. Kein sexy, überhaupt nichts. Einfach nur Andrew.
Doch ob er einfach war? Nein, definitiv nicht!

Ich nahm den Aufzug nach ihm und ging dann schnurstracks in sein Büro. Ich klopfte und wartete erst gar nicht auf sein Herein.
Doch als ich gerade die Tür aufmachte und hineinschaute, wünschte ich, ich hätte auf sein "herein" gewartet.
Die Situation, in der mich gerade befand war wirklich mehr als peinlich.

Er saß auf seinem Schreibtischstuhl und hatte vor sich auf dem Tisch eine junge Dame. Sie knöpfte gerade seine restlichen Hemdknöpfe auf. Und streckte ihm ihre Oberweite in einem pinken BH entgegen. Immerhin hatte sie den noch an.
Doch ich hatte mir meine kühle Maske zugelegt.
"Fertig?", fragte ich genervt.
Die Brünette bemerkte mich erst jetzt und sah geschockt auf. Hastig knöpfte sie ihre Bluse zu und rannte aus dem Zimmer.

Ich war etwas geschockt von seinem Verhalten. Wer hatte Sex im Büro? Okay, sie hatten immerhin nicht miteinander geschlafen, aber das machte man doch nicht!
Ich bewahrte meine Fassung.
"Ich wollte Ihnen nur die Anziehsachen bringen, die Sie mir geliehen haben." Ich brachte ihm die frischgewaschenen Sachen und machte unauffällig das Post-it ab.
"Was haben Sie da eben abgemacht?" Wieso fragte er?
"Einen Post-it Zettel, falls Sie nicht da sein sollten."
"Geben Sie ihn mir." Den groben Befehlston in seiner Stimme überhörte ich natürlich nicht.
"Okaaay....
Ich ging zu ihm hin und reichte ihm das Post-it. Unsere Hände berührten sich kurz und es prickelte leicht.
Wieso prickelte es?!
Das war doch nicht normal, oder? So etwas hatte ich noch nie bei einem Mann gespürt.

Plötzlich packte er mich am Handgelenk.
"Lassen Sie mich los!"
"Deine Maske hat Risse.", flüsterte er mir ins Ohr.
Ein Schauer durchfuhr mich und ich merkte, wie es in meiner Mitte gefährlich feucht wurde. STOP!
"Lassen Sie mich los." Aus meinen Augen blitzte es. Ich wurde wütend.
"Ich meine ja nur.", sagte er noch und gab mich frei.
"Ich denke, Sie haben noch genug Arbeit zu tun heute."

Ich drehte mich auf meinen hohen Absätzen um und verschwand, nicht ohne ihm noch einen kalten Blick zuzuwerfen.
Er brachte mich wirklich an meine Grenzen. Ich war nicht emotional und schon gar nicht in der Arbeit.
Er riss wirklich zu leicht meine Mauern ein.

Ich kannte ihn doch jetzt schon 10 Jahre. Seit wann hatte der Big Boss, den ich immer gehasst hatte, nein immer noch hasste, so eine Wirkung auf mich?!
Es war nur sein Körper, der mich verwirrte. Jede Frau reagierte so auf ihn. Das zeigte das Beispiel der Brünette nur zu gut. Und warum bei mir dann erst nach 10 Jahren?
Na ja, ich war keine Ausnahme. Er bekam, was er wollte. Wahrscheinlich immer.
Allein seine Persönlichkeit war ja schon ekelhaft. Während ich das dachte, dachte ich nicht an mich.

Ich durfte ihm nur nicht zu nahe kommen, denn es war wirklich schwer meiner Lust zu widerstehen.

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