| 38 | 𝐂𝐨𝐧𝐧𝐞𝐫

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Ich ignorierte die ganzen Blicke auf mir und schob mich durch die verunsicherten Gangmitglieder. Normalerweise sollte ich eine gewisse Ruhe ausstrahlen und sie beruhigen, so wie immer. Doch heute war mir nicht danach.

Stattdessen lief ich eilig durch den großen Gang zu meinem Zimmer, mit der Zahl 125. Jeder Raum war nummeriert, doch im Gegensatz zu den anderen hatte meine Ziffer wenigstens eine Bedeutung. Sie erinnerte mich an mein erstes Motorrad in meiner Jugend, womit ich fahren gelernt hatte. Eine schwarze Honda CBR 125, heute hatte ich die ein paar Kubik größer. Nämlich eine ebenso schwarze 650er mit etwas rot an der Verkleidung.

Im Zimmer schnappte ich mir nur kurz meinen Helm, indem die Handschuhe lagen und meine Jacke, ehe ich genauso schnell, wie ich gekommen war, den Raum verließ. Mein Weg führte zum Fahrstuhl, wo ich beinahe mit Damien zusammenprallte.

„Conner, du machst schon los?", fragte er verwundert, da ich sonst meist bis in die Nacht im Plaza blieb. Dementsprechend war ich abends immer recht müde. Nur heute nicht.

„Ja, ich will die Rennen heute Nacht nicht verpassen", antwortete ich schnell und leichte Vorfreude machte sich in mir breit. Ich brauchte einfach mal Abwechslung.

Damien grinste. „Da bist du nicht der Einzige", sagte er und deutete auf seinen schwarzen Helm, den er in der linken Hand hielt.

„Gut, dann lass uns zusammen fahren." Es klang zwar wie ein Vorschlag, war aber insgeheim ein Befehl und Damien wusste das auch. Denn er nickte und stieg mit mir in den Fahrstuhl, der gerade nach oben gekommen war.

In dem geräumigen Metallkäfig herrschte eisiges Schweigen und jeder war mit seinen Gedanken wo anders. Dann gab es ein kurzes Signal und wir stiegen aus. Draußen war es schon fast dunkel und der Wind überraschte mich kurz. Für einen kurzen Augenblick schloss ich meine Augen und atmete tief ein. Es roch nach künstlichen Aromen, Abgasen und Essen, Großstadt eben.

Gemeinsam mit meinem Schüler ging ich zu den Motorrädern und machte mich Startklar. Damien tat es mir gleich und kurze Zeit später, fuhren wir hintereinander zum äußeren Rand San Diegos.

Die Rennen waren jedes Mal aufs Neue mein Lichtblick. Sie gaben mir die Chance einfach mal abzuschalten und meine Leidenschaft fürs Fahren auszuleben. Zudem konnte ich ein bisschen Geld nebenbei verdienen und war somit nicht komplett abhängig von den Geschäften der Serpens. Im Gegensatz zu meinen Kollegen, die sich nur auf Drogen -und Erpressungsgelder verließen. Außerdem konnte man hier gute Kontakte knüpfen und vielleicht auch neue Kunden gewinnen.

Trotzdem war ich vor jedem Rennen etwas aufgeregt, denn wenn ich verlieren sollte, konnte ich auch eine Menge Geld verlieren.

Der Ablauf war schon total routiniert und zeigte, wie lange ich schon in dieser Szene aktiv war. Motorrad parken, etwas herumlaufen, hier und da ein kurzes Gespräch und immer seine Maschine im Blick behalten. Man wusste ja nie. Damien hingegen war erst seit kurzen ein Teil davon und hatte erst zwei Rennen hinter sich. Also noch ein ganz schöner Frischling auf diesem Gebiet.

Ein wenig treudoof und verloren folgte er mir die ganze Zeit und sah sich interessiert um. Ich hielt derweil nach mir bekannten Gesichtern Ausschau und hoffte nebenbei meinen Bruder nicht zu sehen. Außer Damien wusste niemand von unserer Verwandtschaft und das war auch gut so, für uns beide.

Plötzlich blieb ich abrupt stehen und Damien lief voll in mich hinein. Dabei fluchte er leise und entschuldigte sich sofort unsicher. So, als hätte er immer noch nicht gelernt, dass ich ihm nichts tun würde. Mein Blick war derweil starr nach vorn gerichtet. Ein Meter vor mir stand mein Bruder. Seine hellen Haare vom Helm zerzaust und die blauen Augen ohne jegliche Emotion. Er schaltete ab. So wie immer, wenn wir uns außerhalb von Zuhause begegneten. So wie ich jetzt auch.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now