| 16 | 𝐉𝐚𝐜𝐤𝐬𝐨𝐧

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Nachdenklich rubbelte ich meine kurzen, schwarzen Haare trocken und sah in den kleinen Spiegel im Badezimmer. Mein Gesicht zeigte noch die Spuren von letzter Nacht, aber die Schmerzen waren weg. Ich hätte wahrscheinlich jeden in der Gasse erwartet, nur nicht Miles. Und die Tatsache, dass er mir geholfen hatte, verwirrte mich noch mehr. Er hatte keinen Grund dazu. Vielleicht erhoffte er sich ja einen Vorteil daraus?

Kopfschüttelnd zog ich mich an. Keine Ahnung, was er damit bezweckte, aber ich war ihm unglaublich dankbar dafür. Und es sorgte dafür, dass ich ihn nun mit anderen Augen betrachtete.

Da meine Kleidung noch nass, und außerdem voller Blut war, hatte ich wieder Sachen von Miles bekommen. Nicht unbedingt die Beste, aber ich sollte lieber nicht meckern. Als ich dann fertig war, lief ich runter und nickte Miles kurz zu, der auf dem Sofa saß und mit seinem Handy beschäftigt war.

„Ich bin mal rauchen", gab ich kurz Bescheid und abwesend nickte er.

Ich war noch nicht einmal zwei Minuten draußen, da ging hinter mir die Haustür schon auf. „Dein Babysitter hat mich gerade angerufen und wollte wissen, wo du bist", meinte Miles und stellte sich neben mich.

Verwirrt drehte ich mich zu ihm um und runzelte die Stirn. „Wer?"

„Nero. Er klang total panisch und wollte wissen, ob ich weiß, wo du bist und wie es dir geht." Miles lachte kurz auf. „Ist der immer so besorgt? Und überhaupt, woher hat der meine Nummer?"

„Eigentlich ist er das komplette Gegenteil", meinte ich und zog nochmals an dem Glimmstängel. rum." „Und deine Nummer hat er wahrscheinlich von Ruby", erklärte ich schulterzuckend und musste grinsen. „Oder von Matt", murmelte ich leise für mich. Der Braunhaarige hatte eben seine Kontakte und eine Handynummer rausfinden, war ein leichtes für ihn.

Miles holte seinen Zündschlüssel aus der Tasche und drehte ihn ein paar Mal in der Hand hin und her. In der anderen hielt er seinen Helm. „Ich hab ihm gesagt, dass es dir gut geht und du bei mir bist. Er kommt gleich her."

„Gut." Dann fiel mir plötzlich etwas ein. „Hast du ihm auch-"

„Nein", unterbrach er mich. „Wie gesagt, das geht nur uns was an."

Seine Aufrichtigkeit fing ich immer mehr an zu schätzen. „Danke", lächelte ich und er nickte nur.

Miles sah wieder auf die Straße und verzog angewidert das Gesicht, bei dem Zigarettengestank. „Du musst dich nicht bedanken", entgegnete er und wedelte mit der Hand den Qualm weg, wobei ich lachen musste.

„Doch. Und Danke dafür, dass du mich aufgegabelt hast und mir geholfen hast. Das hätte nicht jeder getan. Und das beweist echt Charakter. Danke, für alles." Es war mir noch nie einfach gefallen, mich bei jemanden zu bedanken und noch weniger gefiel es mir, wenn ich bei jemanden in der Schuld stand. Ich musste meine Schuld also möglichst schnell begleichen.

„Deine Ducati ist jetzt aber im Eimer", merkte er irgendwann an, nachdem schon länger Stille herrschte.

Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, egal. Da hing nie so viel Herzblut dran. Klar, sie war teuer und ich hab sehr viel Zeit in das Tuning und Styling investiert, aber es ist nur ein Motorrad und früher oder später hätte ich sie vermutlich sowieso zu Schrott gefahren", antwortete ich belustigt und dachte an all die Stunden, die ich in der staubigen Lagerhalle verbracht hatte, nur um sie zum schnellsten und besten Motorrad San Diegos zu machen. Was ja im Endeffekt sowieso nicht geklappt hatte.

„Ich könnte das nie so locker nehmen wie du", widersprach Miles. „Meine Yamaha war ein Geschenk von meinem Vater zu meinem Geburtstag, obwohl ich noch gar keinen Führerschein hab. Sie ist alles, was ich von ihm habe", sagte er und ein trauriges Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Ich war zugegeben überrascht, dass er sich mir so öffnete. „Das ändert die Sache natürlich." Doch dann kam mir ein wichtiger Gedanke. „Nur, wer war dann der Mann vorhin?"

„Mein Onkel."

Beinahe hätte ich nachgefragt, was mit seinen Eltern war, doch ich konnte es mir schon denken und schwieg lieber. Schweigen breitete sich wieder aus und ich drückte meine Zigarette aus, während wir beide auf die Straße sahen.

Jetzt fiel mir auch ein, warum Nero so panisch war. Die Lagerhalle. Schnell zog ich mein Handy aus der Tasche. Unzählige verpasste Anrufe erschienen auf dem Display. Toll, da konnte ich mir gleich etwas anhören. Missmutig steckte ich es wieder ein und wartete auf die Ankunft meines Betas. Nur, wie konnte er so schnell von der Halle erfahren? War er schon dort? Ein lautes Motorengeräusch erklang und einen Augenblick später, kam die blaue Suzuki in den Hof geschossen. Als er seinen Helm abnahm, konnte ich schon seinen besorgten Blick erkennen. Eilig stieg er ab und musterte mich oben bis unten.

„Man, siehst du scheiße aus", war das Erste, was er sagte, ehe er mich umarmte.

Überrumpelt erwiderte ich die Umarmung. „Danke, das weiß ich selbst."

„Was ist passiert?", wollte er wissen und löste sich von mir.

Unschlüssig fuhr ich mir durch die Haare und sah kurz der Miles. Dieser zuckte mit den Schultern und ich erklärte, „Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit Blake und Miles hat mir geholfen."

„Na dann, danke Miles. Aber du hättest uns auch anrufen können, Jacks." Neros Blick wurde misstrauischer. „Wie bist du denn überhaupt zu Blake gekommen, wenn du eigentlich bei den Rennen warst?"

„Ich bin danach noch zu der Halle gefahren und-"

„Stimmt!", unterbrach mich Nero. „Die Halle... also naja, sie ist abgebrannt und wir haben Loans-"

Jetzt unterbrach ich ihn. „Ich weiß. Loan hab ich ins Gras gelegt, deswegen war ich ja auch bei Blake", erklärte ich und Nero riss überrascht die Augen auf. Dann nickte er kurz und betrachtete Miles mit einem undefinierbaren Blick. Stille herrschte und man konnte deutlich sehen, dass sich Miles in seiner Haut nicht wohl fühlte. Verständlich. „Die Serpens werden dafür bezahlen, Nero. Keine Sorge."

„Nur solltet ihr vielleicht mal aus ihrem Revier raus", warf Miles ein.

Nero knurrte, „Woher weißt du eigentlich von den Serpens?"

„Jackson hat mir von ihnen erzählt", meinte Miles selbstbewusst.

Nero schnaubte und sah wieder zu mir. „Was hast du ihm denn noch alles erzählt?" Ich gab keine Antwort und beleidigt wandte sich mein bester Freund ab. „Wie auch immer, Ryan und der Rest sind schon bei der Halle und wir sollten auch mal los. Es ist zwar mitten Am Tag, ich hab aber trotzdem kein gutes Gefühl dabei."

Ich nickte und folgte ihm, warf Miles aber noch einen vielsagenden Blick zu und dieser strahlte mich plötzlich an, ehe er zur Garage lief und dessen Tor öffnete.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now