| 64 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Nervös spielte ich mit meinen Fingern, während der Fahrstuhl nach oben fuhr und Jacksons durchdringender Blick auf mir lag.

Die ganze Zeit schon ging ich das Gespräch gedanklich durch und legte mir meine Argumente zurecht. Dabei versuchte ich die silberne Farbe und die Enge des Fahrstuhls zu ignorieren, denn ein Anfall in Form einer Panikattacke war jetzt nicht hilfreich.

„Miles, alles in Ordnung? Du wirkst so verkrampft."

Angespannt hob ich meinen Kopf und sah in die grüngrauen Augen des Alphas. Das wäre vielleicht der richtige Moment, um zu antworten, doch ich schwieg. Meine Kehle war trocken wie eine Wüste und wahrscheinlich würde nicht ein einziges Wort meinen Mund verlassen.

„Miles?", wiederholte sich Jackson. Seine Stimme hatte wieder diesen dominanten Touch und brachte mich somit zum Nicken.

Nur nahm er mir das nicht ab. Also antwortete ich mit, „Es ist wirklich alles in Ordnung", und wandte meinen Blick ab.

Ungeduldig wartete ich darauf, dass der Fahrstuhl oben ankam. Diese blöden Dinger hasste ich einfach und ich kam nicht darauf klar, wieso sie überall so beliebt waren. Natürlich war die Anstrengung beim Treppenlaufen nicht schön, aber immer noch besser, als in einem Metallkäfig zu stecken und nichts von seiner Außenwelt sehen zu können! Außerdem konnte er jeden Moment abstürzen und von den ganzen technischen Problemen, wobei man steckenbleiben konnte, sprach ich noch nicht einmal!

Umso erleichterter war ich, als sich die Türen öffneten.

Ohne ein weiteres Wort betrat Jacksons den edlen Flur und steuerte auf seine Wohnung, oder Apartment zu. Die Tür ließ er, nach dem Aufsperren für mich auf und ich folgte ihm hinein. Fast schon hätte ich den ganzen Luxus hier oben vergessen. Es war einfach eine ganz andere Liga als Ryans Wohnung in dem heruntergekommenen Gebäude. Nur lag das vermutlich nicht nur am Geld.

„Willst was trinken?"

Ich schüttelte mit dem Kopf. Es war schon wie eine Angewohnheit immer abzulehnen. Natürlich war das nicht sonderlich höflich, aber in dem Moment machte ich mir da halt keinen Kopf drüber. Außerdem hatte ich noch immer die Hoffnung, dass das Gespräch nicht allzu lange dauern würde!

„Okay, du wolltest reden?", meinte er und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er bereits eine böse Vorahnung hatte.

„Ja, aber es wird dir nicht gefallen", warnte ich ihn schon mal vor. Mit zusammengezogenen Augenbrauen setzte er sich auf das teuer aussehende Sofa und forderte mich ebenfalls dazu auf. Kurz zögerte ich, da ich das Gefühl nicht loswurde, sie beschmutzen zu können. Nicht ein Fussel.

„Miles?"

Mein Blick schnellte zu Jackson und nachdem ich mich überwunden hatte, setzte ich mich endlich dazu. Zu allem Übel war die Couch auch noch weiß und könnte locker im Krankenhaus stehen, so sauber war sie.

„Also, naja...", druckste ich herum, da ich es vorsichtig angehen wollte. „Erinnerst du dich noch an den Brand bei der alten Halle?"

Als ich das Thema ansprach, veränderte sich Jacksons Einstellung sofort. Er beugte sich weiter nach vorn, als würde er sich auf etwas bereitmachen wollen und seine Schultern drehten sich dadurch etwas, weswegen er breiter aussah. Im Gesamten hatte er eine angespannte und dunkle Aura. „Ja, wie könnte ich nicht? Aber was gibt's dazu noch zu sagen?"

Seine Abwehrhaltung nahm mir schlagartig den Mut. Nur, was hatte ich eigentlich erwartet? Klar reagierte er so, wenn ich alte Wunden aufriss.

„Jede Menge", antwortete ich und war mir unsicher, wie ich anfangen und weiter erklären sollte. „Jedenfalls hab ich mich mit Alec unterhalten und wir sind die letzten Wochen nochmal durchgegangen und dabei sind uns diverse Sachen aufgefallen, deren Zusammenhänge wir nicht länger ignorieren können."

„Was willst du damit andeuten?"

„Geh einfach mal die letzten Ereignisse durch. Bei beiden Gangs." Jackson legte die Stirn in Falten und während er sich an die letzten Tage erinnerte, half ich ihm leicht auf die Sprünge. „Die Halle ist abgebrannt und es wurden zwei Leute erschossen, ohne erkennbaren Grund. Zudem wurde eine Waffe am Tatort gefunden. Glaubst du wirklich Conner wäre so dämlich und lässt seine Waffe liegen? Außerdem haben beide Gangs in unterschiedlichen Abständen anonyme Hinweise bekommen."

Mein Gegenüber sah ungläubig hoch. „Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass es jemanden gibt, der uns gegeneinander aufstacheln will, oder?"

„Ähm, doch?"

„Miles..." Jackson lachte spöttisch auf. „Das ist doch absurd. Wer sollte das bitte sein? Wer sollte es mit zwei Gangs gleichzeitig aufnehmen wollen?"

„Na, eben gar nicht!", unterbrach ich ihn. „Er spielt uns gegeneinander aus und lässt uns in den Glauben, dass die andere Gang daran schuld ist, dabei zieht er die Fäden im Hintergrund! So ein Streit ist absolut schädlich fürs Geschäft und die Serpens hatten gar keinen Grund uns so anzugreifen. Wir haben miteinander koexistiert und das ging die letzten Jahre gut! Warum also sollte sich das plötzlich ändern?", warf ich ihn an den Kopf, in der Hoffnung, dass er endlich die Wahrheit sehen könnte. Doch er schien noch immer ungläubig. Und dabei kannte er den Rest noch gar nicht.

„Nehmen wir mal an, dass das stimmt und es wirklich jemanden gibt, der so bescheuert ist und die Geschäfte selber machen will, wer soll das sein?", fragte Jackson. Seine Hände hatte er mittlerweile zusammengefaltet und mit seinem durchdringenden Blick scannte er mich ab.

„Was das angeht... keine Ahnung, aber..." Mir fehlten die Worte. Wie sollte ich ihm bitte erklären, dass sein bester Freund ihn so hintergangen hatte? „Ich weiß nicht, wer dahintersteckt, aber er hat einen Informanten, der ihm Infos gibt und mit dessen Hilfe er diese Dinge organisieren und planen konnte."

Mit lodernden Blick kniff er die Augen zusammen. Offensichtlich glaubte er mir endlich. Sauer spannte er die Arme an und knurrte, „Wer?"

„Ähm...", machte ich unsicher und seufzte anschließend. Mein Kopf ging etwas nach unten, da ich dem Blick nicht standhalten konnte und mir die Worte im Hals steckenblieben.

„Miles", sagte er nachdrücklich. „Du musst mir sagen, wer uns möglicherweise verraten hat, denn auch, wenn ich es nicht zugeben möchte, so klingt der ganze Scheiß ziemlich wahr."

Doch meine Selbstsicherheit war dahin. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe eine Nachricht auf seinem Handy gesehen. Er hat Kontakt mit einem Typ, der von dem Brand wusste und mit dem er offensichtlich einen Deal hat", erklärte ich.

„Miles!", knurrte Jackson nochmal. „Wer?"

Ich schluckte. „Nero."

Sofort war Stille und ich befürchtete schon das Schlimmste. Jacksons Blick war eingefroren und zeigte mir nichts, über seine momentanen Gedanken. Mittlerweile war mir alles lieber als diese blöde Stille. Die Stille vor dem Sturm. Lieber sollte er schreien oder mich auslachen. Irgendeine Reaktion!

Gerade wollte der Schwarzhaarige ansetzen, da klingelte es stürmisch an der Tür. Benommen und nicht klar bei Sache stand Jackson auf und lief zur Tür. Meine Antwort schien ihn nicht unberührt zu lassen, denn von seiner sonstigen Stärker war nichts mehr übrig. Auch als er die Tür öffnete blieb alles Still.

Doch dann hörte ich eine hektische Stimme und als ich sie der Person zuordnete blieb kurz mein Herz stehen. Denn einen Moment später stand Jackson vor mir und neben ihm Nero.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now