| 58 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

121 22 8
                                    

Das Zuschlagen einer Haustür riss mich aus meinem unruhigen Schlaf. Als Ryan gestern nach Hause kam, hatte ich noch eine Weile mit ihm über Ruby und die Trennung gesprochen. Er war der Meinung, dass es irgendwann sowieso herausgekommen wäre, egal was ich getan hätte.

Er war sogar froh, dass die Wahrheit nun draußen war. Allerdings konnte auch er sich vor Rubys Enttäuschung nicht retten. Als er sie anrufen wollte, hatte sie ihn weggedrückt.

Eine schmerzhafte Wahrheit ist immer noch besser als eine Lüge, hatte er gesagt. Nur half mir das bei meinem Herzschmerz nicht weiter.

Ich war dann einfach wieder auf dem Sofa eingeschlafen und mittlerweile war ich zu einem Entschluss gekommen. Entweder würde ich ausziehen, oder wir ziehen zusammen um. Keine Sekunde länger wollte ich auf dem Sofa verbringen. Drei Zimmer waren einfach zu wenig für zwei Personen.

„Ryan?" Ich sah mich in der Wohnung um, aber sie war leer. Also war Ryan gerade raus.

Ein Blick zur Uhr ließ mich aufschrecken. Verdammt, ich musste zur Schule! Doch dann kamen die Erinnerungen an die letzten Ereignisse zurück. Ich hatte keine Lust Alec zu sehen und Ruby wollte ich nach der Trennung auch nicht begegnen.

Unentschlossen lehnte ich mich zurück. Sollte ich gehen? Sollte ich nicht gehen?

Frustriert und gelangweilt stand ich doch auf. Mit einem Satz war ich oben und huschte ins Bad, um mich fertig zu machen. Anschließend flitzte ich den Flur herunter. Den bescheuerten Fahrstuhl ignorierte ich. Draußen hörte ich Stimmen. Und als ich die Tür des Hauses aufriss, stand ich Matt und Ryan gegenüber.

„Na, auch mal wach?", fragte Ryan grinsend, der sich zu mir herumdrehte.

Ich wandte mich an Matt und ignorierte die gute Laune meines Mitbewohners. „Was machst du denn hier?" Innerlich schluckte ich, mit der Befürchtung, dass sie wieder saufen wollten und die Bude auf den Kopf stellten.

„Dir auch einen guten Morgen, Miles", lachte er. Dann drehte er sich wieder um und zeigte auf einen riesigen Transporter. „Den habe ich von einem Bekannten, der noch etwas bei mir guthatte", erklärte er beiläufig und ich fragte mich langsam, bei wie vielen Menschen er wohl noch einen Gefallen guthatte.

„Und was macht der nun hier?", wollte ich wissen, während ich drum herumlief und ihn mit großen Augen musterte.

Ryan grinste. „Eine Lieferung für mich vorbeibringen."

Matt öffnete die hintere Ladefläche und gab uns somit einen guten Blick auf das Motorrad im Inneren. Es war die silberne 900er BMW, die wir letzte Woche verkaufsfertig gemacht hatten. Ryan hatte sie gekauft, womit er Jackson aber nicht wirklich überrascht hatte. Da die Beiden eine feste Freundschaft hatten, er dies bereits geahnt und direkt zugestimmt.

Und jetzt war sie da.

Sie sah mittlerweile ganz anders aus. Einige Tuningteile fehlten oder wurden ersetzt, alle Aufkleber waren ab und sie glänzte frisch gewaschen.

„Was machst du jetzt mit ihr?", stellte Matt die Frage und ich konnte mir Ryans Antwort schon denken.

Ryan lächelte, während er in den Wagen stieg und das Bike betrachtete. „Sie wird jetzt zu Loans Freundin kommen und ich werde nochmal mit ihr reden. Sie hat bestimmt viele Fragen." Gedankenverloren glitten seine Finger über den Lenker. Nicht ein Fleck war zu sehen.

Matt legte die Standschiene an und stieg ebenfalls rein. „Was denkst du, was seine Freundin mit ihr machen wird?"

„Bestimmt verkaufen. Sie hat keinen Führerschein und sie braucht das Geld dringend. Immerhin ist sie jetzt alleinerziehend. Vielleicht will sie die Maschine auch als Andenken behalten, nur kann sie sich das nicht leisten." Da hatte Ryan wahrscheinlich recht, aber wie sollte er sie finanziell denn noch unterstützen? Er hatte schließlich schon das Motorrad komplett finanziert.

„Wann wirst du mit ihr reden?"

Ryan zuckte mit den Schultern. „Vielleicht fahr ich gleich mal rüber."

„Mach das. Ich muss los", meinte Matt nur und zusammen luden sie noch die BMW aus, ehe Matt mit dem Transporter wieder wegfuhr und ich zur Schule fuhr. Ruby wusste nun Bescheid, da musste ich die Yam nicht mehr verstecken. Auch das Hydra Kennzeichen nicht.

Ich parkte meine R6 und setzte meinen Helm ab. Dann hielt ich inne. Neben mir stand eine weiße, verkleidete Triumph. So schnell wollte ich sie eigentlich nicht wieder sehen. Alec sollte sich heute bloß von mir fernhalten.

Mein Handy piepte und stirnrunzelnd öffnete ich die Nachricht.

Jackson: (8:15 Uhr)
Vergiss die Überstunden heute
Nachmittag nicht!

Stimmt, die hatte ich ja auch noch vor mir. Deswegen war Alec wohl auch mit dem Motorrad hier. Das bedeutete einen langen Nachmittag für mich. Mit bereits schlechter Laune schleppte ich mich zur Schule. Ich kam eigentlich nur wegen Ruby. Ansonsten hätte ich schon längst hingeschmissen, denn den Gedanken hatte ich bereits.

Im Klassenzimmer fiel mein Blick auf Alec, der auf unserem Platz saß. Also suchte ich mir einen anderen Platz. Dem Lehrer war das immerhin egal. Dann ein Klingeln. Endlich Pause! Eilig rannte ich raus und suchte Ruby auf dem Hof. Dort war sie auch, nur sah sie mich böse an als ich mich ihr näherte.

„Ruby, bitte lass es mich erklären!", flehte ich.

Ihre grünen Augen funkelten. „Nein, Miles! Da gibt es nichts zu erklären."

„Bitte, hör mir nur zu und dann kannst du mich immer noch wegschicken!" Bittend sah ich sie an und meine braunen Augen spiegelten sich in ihren.

Sie seufzte. „Du hast fünf Minuten."

Erleichtert lächelte ich. „Ich wollte dich nie anlügen, aber was hätte ich tun sollen? Du hättest mich sofort verurteilt! Von Anfang an hast du mich vor die Wahl gestellt. Die Hydra oder du-"

„Ja, und offenbar hast du dich ja entschieden!", unterbrach sie mich.

„Ich muss mich nicht entscheiden! Es ist mein Leben und du kannst nicht, aufgrund schlechter Erfahrung-"

Wieder unterbrach sie mich. „Nein, ich hab das schon einmal durchgemacht. Das mach ich kein zweites Mal mit."

„Ruby..." Enttäuschte stieß ich die Luft aus. „Siehst du, genau das mein ich. Du lässt mich ja noch nicht mal ausreden. Du hast schlechte Erfahrungen mit Jackson gemacht, aber das heißt doch nicht, dass das mit mir auch so passieren wird."

„Es ist mir egal, wie du und Jackson sich unterscheiden, aber du bist in kriminelle Machenschaften involviert und da will ich nichts mit zu tun haben! Also halt dich am besten von mir fern!", fauchte sie. Demonstrativ lief sie weg. Doch dann drehte sie sich nochmal um. „Ach, und du solltest vielleicht bei meinem Bruder ausziehen. Das sieht sonst echt falsch aus."

Hatte sie damit gerade ernsthaft gemeint, dass...!? Gereizt ließ ich die Schultern hängen.

Plötzlich spürte ich einen Blick auf mir. Verwirrt und etwas geladen sah ich mich um. Alec, na der konnte sich aber was anhören!

RIDERS ~ Burn For ThisOnde as histórias ganham vida. Descobre agora