| 8 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Ich folgte der Hauptstraße, ohne zu wissen, wohin ich eigentlich wollte. Seit längerem suchte ich nach etwas, was es eigentlich gar nicht gab. Freiheit, Unabhängigkeit und Sorglosigkeit, gepaart mit etwas Adrenalin. All diese Dinge gab es zwar, nur brachten sie auch unerwünschte Nebenwirkungen mit, wie Verpflichtungen, Gefahren und eine Menge an Einschränkungen. Das klang ja schon fast nach einer Krankheit.

Und irgendwie fühlte es sich auch so an.

Würde ich der Hydra beitreten, hätte das, wie immer im Leben, positive und negative Seiten. Jetzt lag es an mir, diese abzuwägen und mich zu entscheiden. Von Drogen wollte ich immer fernbleiben und diesen Vorsatz würde ich auch weiterhin aufrechterhalten. In direkten Kontakt würde ich damit als Neuzugang nicht kommen.

Aber es kommt ja immer anders, als man ursprünglich dachte.

Was mein Onkel betraf, er machte sich Sorgen um mich. Vielleicht auch zurecht, aber dennoch gingen seine Maßnahmen zu weit. Er musste es akzeptieren, dass ich meinen eigenen Weg ging. Wir waren eben verschieden und hatten andere Prioritäten. Der einzige Punkt, in dem ich ihm zustimmen würde, war die Sache mit meinen Panikattacken, oder Anfällen. Beim Fahren könnten sie schlimmstenfalls meinen Tod bedeuten und das lag nicht in meinem Interesse.

Das Komische war nur, dass mich das Fahren gleichermaßen beruhigte, wie stresste.

Der Sound meiner Yamaha erinnerte mich an Zuhause und gab mir so ein gutes Gefühl. Aber der Straßenverkehr und die anderen Teilnehmer erinnerten mich an den Unfall. Eine blöde Situation, mit der ich noch lernen musste umzugehen.

Irgendwann hielt ich in der Nähe des Kate Sessions Parks und stellte dort meine R6 ab. Wenig später hatte ich es mir auf einer Bank gemütlich gemacht und beobachtete die vielen Menschen, die an mir vorbeihetzten. Immer von A nach B. Natürlich unter Zeitdruck. Schreiende Kinder hier, bellende Hund da und Stress überall.

Das war doch kein Leben. Angewidert rümpfte ich die Nase und mein Wunsch nach einer Veränderung wurde stärker.

Ein lautes Motorengrollen, welches sich von der Masse abhob, riss meine Aufmerksamkeit auf sich. Interessiert versuchte ich im wirren Straßenverkehr die Motorräder zu erkennen. Eine weiße, vollverkleidete Maschine schlängelte sich durch die Autos hindurch und zwei weitere Schwarze hinterher. Allerdings viel zu schnell, um ein Hydra Aufkleber zu erkennen oder deren Marke und Model zu identifizieren.

Aber ihre geschmeidigen Bewegungen und die beeindruckende Geschwindigkeit, faszinierten mich und erinnerten mich an mein eigentliches Vorhaben.

Schnell sah ich auf das Display meines Handys, um zu sehen wie lange ich bereits hier sahs und die vielen Menschen, inklusive mir bemitleidete. Geschlagene zwei Stunden hatte ich hier gesessen! Eilig sprang ich auf und startete mein Motorrad. Natürlich hatte ich keine Ahnung, ob sich heute eine Gelegenheit bieten würde, aber ich wollte vorbereitet sein und ohne Handschuhe und Helm wollte ich keine Rennen fahren.

Es war nahezu ein Wunder, dass ich nicht von der Polizei angehalten wurde. Denn wenn, wäre ich ziemlich am Arsch gewesen so ohne Motorradkleidung, Helm und Führerschein.

Zuhause allerdings musste ich feststellen, dass ich meinen Helm im Zimmer liegengelassen hatte und nun wohl doch ins Haus musste. Genervt schloss ich die Tür auf und spähte in den Flur. Keiner da. So schlich ich leise bis zur Treppe. Doch das Leben schien mich zu hassen, denn ich lief geradewegs in ihn hinein, da er aus der Küche kam und wir beide wohl nicht miteinander gerechnet hatten. Die Spannung war fast sichtbar.

„Miles", begann er, doch er brach ab und sah zu Boden. Also drängelte ich mich an ihm vorbei. „Es tut mir leid, wegen vorhin", sagte er dann doch und als ich ihm in die Augen sah konnte ich ehrliche Reue sehen.

RIDERS ~ Burn For ThisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt