| 65 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

100 20 2
                                    

Nero sah mich an, als wäre ich das gefährlichste und abscheulichste Wesen auf dem Planeten. In seinen Augen wechselten sich Wut, Angst, Verzweiflung und Unsicherheit ab und er schien sich selbst nicht einig, was er fühlen sollte.

„Miles", meinte er nach kurzem Schweigen und nickte mir zu. Seine Begrüßung erwiderte ich nicht, was ihn noch mehr verunsicherte und mein Blick ging zu Jackson.

Der Alpha hatte noch nichts dazu gesagt und er schien mit sich selbst zu hadern. Auf der einen Seite glaubte er mir und auf der anderen Seite vertraute er seinem langjährigen Freund und jetzt, wo Nero so zwischen uns stand, war es noch schwieriger als vorher.

Der Erste, der reagierte war Jackson. „Ich glaube wir sollten reden. Setzt dich, Nero!", forderte er ihn auf und seine Worte klangen so hart, dass der Weißhaarige zusammenzuckte.

Nach einem kurzen Nicken kam er dieser Aufforderung nach und setzte sich neben mich. Dabei kaute er unruhig auf seiner Unterlippe und seine rechte Hand tätschelte sein Knie. So hatte ich den Beta noch nie erlebt. Als Jackson sich ebenfalls setzte wurde es ganz plötzlich kühl im Raum.

„Nero...", fing Jackson an, stoppte jedoch. „Miles hat vorhin schon mit mir gesprochen und ich bitte dich als dein bester und langjähriger Freund, nicht als Alpha, dass du mir die Wahrheit sagst." Angesprochener nickte zögerlich und Jackson fuhr sanfter fort, „Hast du Informationen weitergegeben, die den Gangs schaden könnten und hast versucht, sie gegeneinander aufzulehnen?"

Augenblicklich wurde der Beta blasser und seine Worte blieben ihm im Halse stecken.

„Nero?", fragte Jackson dieses Mal härter nach. Lange war es still und Nero schien mit sich zu ringen. Jedoch machte es das alles nur noch schlimmer. Jacksons Ungeduld wuchs und seine Befürchtung, dass meine Vermutung stimmte, wurde mit Neros Schweigen nur bestätigt.

Doch letzten Endes platzte es aus Nero raus. „Ja, aber du musst mir glauben, dass das alles nicht in meinem Interesse war! Ich wollte doch nur-"

„Sei still!", unterbrach Jackson ihn harsch. „Wie konntest du nur?! Ich dachte wir würden über alles reden?!" Nero wurde mit jedem Wort kleiner und blasser. Er fühlte sich unwohl und das zurecht. Zudem fiel mir auf, dass es ihm äußerst unangenehm war, dass vor mir zu besprechen.

„Jacks bitte! Lass es mich erklären!", bat er, doch er drang nicht mehr zu Jackson durch.

Denn der Schwarzhaarige war aufgebracht aufgesprungen und lief im Raum auf und ab, dabei schüttelte er fassungslos den Kopf.

„Ich hab ihm oft falsche Infos gegeben! Glaub nicht, dass ich mit ihm kooperiert hat!", versuchte es Nero weiter.

„Glückwunsch, dann hast du ja alle belogen!", lachte Jackson spöttisch auf und Neros Blick wurde immer verzweifelter. „Wie lange schon, hm?", wollte er wissen. „Wie lange triffst du dich mit ihm und planst solche Sachen hinter meinem Rücken?! Hast du dich gefreut, wenn wir Pläne ausgetauscht haben und du deinen Posten als Beta und als mein bester Freund ausnutzen konntest?", sprach Jackson sich in Rage und bemerkte dabei gar nicht, dass Nero anscheinend längst aufgegeben hatte. „Steckst du am Ende auch noch mit den Serpens unter einer Decke? Warst du der Hydra eigentlich jemals treu?!"

„Jackson!", knurrte ich dazwischen. Klar war er verletzt, aber Nero als kaltblütigen Verräter hinzustellen, der den Untergang herbeigesehnt hatte, war falsch!

Aggressiv sah er mich an. Toll, jetzt war er auch auf mich sauer.

„Misch dich da nicht ein, Miles! Du hast mich eingeweiht und bist damit selbst als Neuling treuer als mein Beta!" Autsch, das tat uns beiden weh! In seinen Augen war ich immer noch nicht sonderlich weit oben und für Nero war das wahrscheinlich schmerzhafter als jeder Schlag ins Gesicht. „Ich versteh dich nicht, Nero. Du hättest jederzeit zu mir kommen können! Ich hätte dir vertraut!"

„Du hast doch keine Ahnung, wozu Zayn im Stande ist", murmelte er kraftlos. Zayn hieß er also. „Er hätte uns alle niedergemetzelt. Unsere Freunde, meine Familie... dich."

Jackson schien tatsächlich mal über Neros Worte nachzudenken, dennoch kommentierte er, „Also war es für dich vertretbarer einfach alle anzulügen und bei dem Untergang mitzuhelfen, weil du es ja eh nicht ändern konntest?"

Betroffen senkte der Beta den Kopf. „Ich... es tut mir leid, Jacks! Ich kann es dir nicht erklären. Es ist einfach dazu gekommen! Keine Ahnung wie er auf mich kam, aber-."

„Weil du an der richtigen Position warst und anfällig bist für solche Sachen!" Wurde er wieder unterbrochen.

Jackson schien jedoch ruhiger zu werden. Er stand nun vor uns und sein Blick lag ausschließlich auf seinem besten Freund. Ehemaligen besten Freund... Seine Hand fuhr über sein Gesicht und abschließend über den Hinterkopf und bei der Geste atmete Nero auf. Er kannte Jackson extrem gut und vielleicht bedeutete das, dass der erste Wutanfall vorbei war. „Dann warst das mit der Halle auch du?"

Nero nickte.

Jackson Augen wurden größer und in seinem Kopf machte es Klick. „Und du hast John und Loan erschossen?" Darauf konnte Nero nichts antworten. Nichts rechtfertigte das und das wusste er. „Warum?!", schrie der Alpha. Als Genannter wieder schwieg, seufzte Jackson laut. „Gib mir dein Handy."

„Was?"

„Gib mir dein Handy! Jetzt!", wiederholte sich Jackson gereizt und zögerlich übergab Nero ihm sein IPhone. Schnell hatte es der Schwarzhaarige entsperrt, da der PIN ihm wohl bekannt war und er durchsuchte das Handy nach Nachrichten, die ihm Antworten geben konnten.

Als er nach einer Zeit lang nichts fand meinte Nero „Die meisten der Nachrichten wurden auf Zayns Wunsch hin gelöscht. Aber da war sowieso nichts Wichtiges dabei. Er wollte alles privat klären."

„Das ist kein Problem, die Nachrichten kann man wieder bekommen", murmelte Jackson, der sofort eine Nummer wählte und sich Neros Handy ans Ohr hielt, um zu telefonieren. „Matt!", sprach er dann sofort los. „Ich brauche dich in der Halle! Sofort!" Ohne die Antwort abzuwarten, legte er auf. Dann steckte er Neros Handy in seine Hosentasche und lief zur Tür mit den Worten, „Nero, mitkommen! Miles, fahr nach Hause!"

Verwundert sah ich die beiden an, wusste allerdings, dass es besser war, nicht zu widersprechen. Ich folgte ihnen bis zum Aufzug und sah Ihnen noch nach, als sie schon längst nicht mehr zu sehen waren. Nur noch das Geräusch ihrer Motoren hörte ich.

Um ehrlich zu sein, kannte ich die Regeln der Gangs nicht. Aber ich wusste, dass Nero eine Bestrafung erwarten würde, die nicht rechtlich vertretbar war.

RIDERS ~ Burn For ThisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt