| 57 | 𝐂𝐨𝐧𝐧𝐞𝐫

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Natürlich fuhr ich ihm hinterher. Zwar tat er nichts Verbotenes, immerhin war es helllichter Tag, aber es gefiel mir trotzdem nicht.

Ziemlich ungünstig hielt er an und behinderte somit einen Autofahrer, der seine Tür nicht aufbekam. Typisch. Etwas weiter weg kam ich ebenfalls zum Stehen. Eigentlich musste ich nicht tanken und auch Blake erwartete mich schon, aber Neros Verhalten irritierte mich etwas.

Als ich meinen Helm abnahm und ihn vor mir auf den Tank ablegte, trafen sich unsere Blicke. Mit seinen Blauen sah er in meine Grünen. Die Zeit schien für einen Moment stillzustehen. Das war das erste Mal, dass wir uns außerhalb der Gangs trafen. Grinsend schlenderte er zu mir herüber. Wie wäre es mal mit Motorrad abschließen, oder am besten wo anders hinstellen?!

„Na, sieh mal einer an! Was macht denn der persönliche Lakai des Serpensalpha hier?", wollte er wissen. Sein Blick war provozierend und er schien mich absichtlich nerven zu wollen. Und außerdem, Lakai?!

„Nur einen Feind ausspionieren", gab ich zurück.

„So nach dem Motto, der Spion von Nebenan, oder wie?" Der Weißhaarige zog die Augenbrauen hoch. Ziemlich große Klappe. Aber, dass es ihm an Respekt mangelte, wusste ich schon lange. Genervt und gespielt schockiert seufzte er. „Sag bloß, du kennst den Film nicht?!"

„Doch, leider. Und es ist auch ziemlich klar, wer hier welche Rolle hat."

„So?" Amüsiert zuckten seine Mundwinkel nach oben. Ich wollte gerade nicken, da unterbrach mich ein Hupen. Unsere Köpfe schnellten zu Neros Suzuki, die anderen Fahrern im Weg stand. Unabgeschlossen, mit dem Helm am Lenker und das Licht war auch noch an. Oh Gott.

Statt das Problem zu beheben, gab er seine Aufmerksamkeit wieder mir. „Ist es denn so verwerflich, dass ich an einer Tankstelle gehalten habe, oder was hab ich so Kriminelles getan?"

„Ich weiß nicht, bis auf die Tatsache, dass du bewaffnet bist und Drogen verkaufst, bist du doch eigentlich dem Gesetz treu ergeben", meinte ich schulterzuckend. Die Geschwindigkeitsüberschreitung und Missachtung der Vorfahrtsregeln ignorierte ich einfach mal.

Nero fing an zu Lachen. „Der werte Herr beherrscht also auch so etwas wie Humor. Hatte schon Angst, dass du nie den Stock aus dem Arsch kriegst. Selbst bei den Treffen bist du immer so angespannt."

Bitte was?! Mir klappte die Kinnlade runter.

„Wie dem auch sei, schönen Tag noch." Damit stiefelte der Lümmel davon und ließ mich einfach stehen. Was war sein verdammtes Problem?!

Immer noch perplex lief ich zu meiner Honda und nutzte die Gelegenheit. Wenn ich schonmal hier war, dann konnte ich auch gleich selber tanken. Dies tat ich auch und anschließend wollte ich bezahlen. Wäre auch möglich, würde da nicht das kleine Ungetüm mitten im Gang stehen!

„Kannst du mal rübergehen?", fragte ich und bemühte mich, dass meine Tonlage nicht zu genervt klang. Denn so, wie ich ihn kannte, würde er dann erst recht nicht beiseite gehen.

„Können und Wollen sind zwei unterschiedliche Dinge, Arbeitsbiene." Arbeitsbiene?! Bei dem hakts wohl! Wütend sah ich ihn an. Als ob ich in meinem Revier an ihm vorbeigehen würde. Hier hatte er zu gehen! Warum sprach ich überhaupt mit ihm?! Entschlossen machte ich einen großen Schritt nach vorn und drängte ihn einfach beiseite. An der Kasse musste ich aber dennoch warten, weil noch ein anderer Kunde vor mir dran war. Die Zeit nutzte ich, indem ich mir die verschiedenen Kaugummisorten ansah und schlussendlich eine davon mitnahm.

„Gute Wahl, wobei die ganz schön teuer sind! Bezahlt dich Blake denn überhaupt?"

Bereits mit einer guten Antwort sah ich auf und stockte. Warum stand der plötzlich vor mir?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, antwortete er. „Das nennt sich Vordrängeln, Conner", erklärte er mir stolz, als wäre ich ein kleines Kind.

„Schon klar", murrte ich. „Und abgesehen davon, Blake bezahlt mich sehr wohl, immerhin stehen wir finanziell besser da als ihr!", stellte ich klar.

Wieder zuckten seine Mundwinkel. Das war alles nur ein Spaß für ihn! Er ergötzte sich ja förmlich daran, mich zur Weißglut zu bringen. „Dann bist du ja mehr als nur sein kleiner Lakai." Seine Augen wurden groß. „Komm schon, raus mit der Sprache! Gibst du ihn etwas für einen Vorschuss oder eine Erhöhung?"

Ich runzelte die Stirn. „Nein... ich..." Es machte endlich Klick. „Alter, was stimmt bei dir nicht?!"

Anfangs lachte er, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck. Leise murmelte er noch ein „Sehr vieles." und drehte sich wieder um. Okay?!

Als Nero endlich an der Reihe war und bezahlen wollte, fiel ihm auf, dass ihm noch zehn Doller fehlten. Spitzbübisch grinsend drehte er sich zu mir um. „Hast du mal zehn Doller?"

Der. Kerl. Machte. Mich. Fertig!

„Nein!", knurrte ich.

„Ähm, hast du doch! Blake bezahlt dich doch so gut!", sagte er aufgebracht, aber seine Augen verrieten, wie sehr er es genoss, mich zu ärgern.

Mit meinem Geduldslevel am Ende rieb ich mir den Nasenrücken. „Geh und ruf Jackson an, seh ich aus, wie jemand der Almosen verteilt?"

„Nope, aber vielleicht hilft man sich ja mal unter Kollegen. Du bist ein Beta. Ich bin ein Beta. Was gibt's da noch zu besprechen?" Er steckte sich die Hände in die Jackentasche und holte eine kleine Packung heraus. „Du bekommst auch dieses Bonbon!" Und ich dachte schon, das wären Drogen.

„Nein, danke", entgegnete ich. Ich mein, wer aß schon gerne Life Savers?!

„Haben sie es dann endlich?!", verlangte die Kassiererin zu wissen, die zwischen uns beide gestresst hin und her sah.

Nero sah mich flehend und auffordernd an. Oh man, ich glaubte es echt nicht! Kurz schloss ich meine Augen, um nicht die Nerven zu verlieren, ehe ich das Geld der Frau hin klatschte und gleich für mich mit bezahlte. Zusammen liefen wir dann nach draußen und die blauen Augen meines Nebenmanns musterten mich aufmerksam. Dann blieb er stehen und knetet nervös die Hände. „Also, ähm... danke!"

Scheiße, hatte der Stimmungsschwankungen! Erst kindisch, dann traurig und jetzt nervös! Was kam als nächstes? Notgeil?!

„Kein Ding." Ich ließ ihn stehen und wollte schnell zur Arbeit. Blake würde mich sonst rupfen!

Doch der Beta schien nicht daran zu denken, mich gehen zu lassen. Denn er trottete mir hinterher und gab mir sogar meinen Helm. Ach, jetzt war er auch noch hilfsbereit? „Du scheinst in Ordnung zu sein, hab mich eventuell in dir getäuscht. Bist vielleicht doch nicht so ein angespannter Spießer", sagte er und lief zu seiner Suzuki. Doch kurz davor drehte er sich nochmal zu mir um und schenkte mir ein Lächeln, was ich von ihm nie erwartet hatte. Denn es war die pure Ehrlichkeit. „Und mach dir nicht zu viel Sorgen, Blake wird wegen deiner Verwandtschaft zu Alec schon nicht ausrasten. Bis irgendwann."

Ich sah ihm perplex hinterher. Woher verdammt wusste er das?!

Irgendwie war die Begegnung heute komisch. Nicht nur die Tatsache, dass Nero offenbar ein Problem mit der Gesellschaftsordnung hatte und meine Nerven gerne tötete, sondern, dass er einen sonderbaren Weg einschlug. Er fuhr aus der Stadt. Allein. Weit weg vom Gebiet der Hydra.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now