| 1 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Ich sah nur noch, wie der schwarze Wagen auf unserer Spur uns entgegenkam und spürte den heftigen Ruck als mein Vater das Lenkrad zur Seite riss, um auszuweichen. Der andere Wagen fuhr unbeirrt weiter.

Wir allerdings verließen die Straße. Auf der linken Seite ging es einen kleinen, leicht bewachsenen Abhang hinunter, der in einer Senke endete, an der eine weitere Straße entlanglief. Selbst die Scheinwerfer unseres silbernen Mercedes sorgten nicht für genug Licht und so sah mein Vater kaum, wohin er fuhr. Er konnte den Wagen ohnehin durch die Geschwindigkeit nicht richtig lenken.

Ich dachte erst, dass alles wieder gut werden würde, doch dann verlor mein Vater die Kontrolle über das Auto und als wir unten auf der zweiten Straße des Highways langsamer wurden, krachte ein etwas größere Wagen in unsere Vorderseite. Dann ging alles ganz schnell. Der Wagen überschlug sich und ich verlor das Bewusstsein, den Schrei meiner Mutter noch in den Ohren.

Verschwitzt schreckte ich hoch.

Diesen Traum hatte ich schon seit ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Und das war noch nicht lange her. Zwar hatte ich keine lebensgefährlichen Verletzungen, dafür starben aber meine Eltern. Vielleicht überlebte ich, weil ich hinten saß, keine Ahnung. Doch dieser Unfall hatte alles verändert. Im Negativen.

Und da ich meine Schule noch nicht beendet hatte, wohnte ich nun schon seit zwei Tagen bei meinem Onkel, dem Bruder meines Vaters. Er arbeitete hier als Polizist und hatte schon früh meinem Vater versprochen, dass er für mich sorgen würde, sollte es einmal Probleme geben. Als hätte er es geahnt. Zwar war ich mit meinen 18 Jahren schon volljährig, aber ohne Schulabschluss und Ausbildung hatte ich schlechte Chancen, weshalb ich nun hier in San Diego mein letztes High-School Jahr machen sollte.

Und das ging mir gewaltig gegen den Strich, denn heute war mein erster Tag.

Mein Leben in New York war fast perfekt gewesen. Doch von einer Sekunde auf die andere war es zum größten Scheiterhaufen geworden. Das hatte mir gezeigt, dass wir absolut nichts unter Kontrolle hatten, auch wenn wir das oft glaubten.

Müde stand ich auf. Es half alles nichts. Ich konnte jammern, wie ich wollte, Selbstmitleid brachte mich auch nicht weiter. Unten in der Küche wartete schon mein Onkel auf mich. Wir kannten uns kaum und hatten auch nicht das beste Verhältnis, aber ich war ihm dankbar dafür, dass er mich aufnahm.

„Morgen, Miles", begrüßte er mich freundlich, was ich nur mit einem Nicken kommentierte.

Ich war einfach nicht sonderlich begeistert von Smalltalk und hatte auch keine Lust an diesem Morgen ein größeres Gespräch zu führen. Und meine Message kam an, denn er blieb still. Bis ich das Haus verließ und anschließend planlos durch die Straßen irrte. natürlich könnte ich ihn auch nach dem Weg fragen oder einfach mein Handy nutzen, doch meine Sturheit und mein leerer Akku durchkreuzten den Plan.

Ohne jegliche Orientierung bog ich rechts ab und wurde auch schon direkt umgerannt.

Mein Gegenüber war mindestens genauso überrascht wie ich, denn sie quietschte erschrocken auf und machte einen Satz nach hinten, wobei sie über den Bordstein stolperte. Gerade noch rechtzeitig packte ich sie am Arm und bewahrte sie so vor der Bekanntschaft mit dem Boden.

„Alles in Ordnung?", fragte ich sie.

„Ehm ja, tut mir wirklich leid", entschuldigte sie sich.

„Alles gut", entgegnete ich und ließ sie los.

Während sie sich leicht hinunter beugte und ihr Shirt wieder richtete, beobachtete ich sie aufmerksam. Sie hatte rote lockige Haare, die ihr ungehalten ins Gesicht fielen und ihr Look war sehr sommerlich, kein Wunder bei der Wärme in San Diego. Als sie wieder zu mir hochsah, lächelte sie mich freundlich an und ihre strahlend grüne Augen verloren sich in meinen.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now