Kapitel 59 - Der Angriff

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So oder so ähnlich verliefen auch die nächsten zwei Tage und am Morgen nach Ablauf der Frist versammelten wir uns, eingehüllt in Kampfanzüge und mit ernsten Gesichtern, im Speisesaal. Mein Herz klopfte vor Nervosität viel zu schnell und ich presste die Lippen fest aufeinander. Bereits jetzt schwitzte ich unter dem Stoff meines Anzugs, während ich nach dem Heft meines Schwerts tastete, das sicher in der Lederscheide steckte. Die Kälte des Metalls beruhigte mich ein wenig und ich atmete tief durch. Dann erschien meine Tante auf dem Podest und automatisch wurde es still.

„Wir müssen verhindern, dass sie die Akademie einnehmen. Sollte die erste Abwehr am Haupttor durchbrochen werden, ziehen wir uns zum Hauptgebäude zurück. Bis dahin wird die Verstärkung der AFE eingetroffen sein und wir haben eine realistische Chance, sie zu besiegen." Die Stimme meiner Tante klang fest und entschlossen und ich spürte, wie der Kampfgeist in mir zum Leben erwachte.

„Dieser Ort ist unser Zuhause und wir werden nicht zulassen, dass Raven Dragoni ihn in die Finger bekommt!", rief sie und die Menge um mich herum grölte zustimmend. Wie eine Göttin stand die Direktorin der Academy for Elementarys auf dem kleinen Podest im Speisesaal. Aufrecht und stark. Der schwarze Kampfanzug schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihren perfekten Körper und ihre grünen Augen funkelten wild.

*****

„Sie kommen", murmelte ich und umklammerte den Griff meines Schwertes ein wenig fester. Aufgereiht standen wir circa fünfzig Meter vom Haupttor entfernt und warteten. Währenddessen drehte ich mich zu meinen Freunden um. In ihren Gesichtern las ich dieselbe Furcht, die auch mich ergriffen hatte, doch sie wurde von der Entschlossenheit verdrängt. Der Entschlossenheit zu kämpfen.

Für diese Akademie und für die, die wir liebten. Jeder war sich der Tatsache bewusst, dass er heute sterben konnte und trotzdem hatte sich jeder dazu entschieden zu bleiben. Ein warmes Gefühl strömte durch meine Adern und linderte die Angst. Ich war unendlich dankbar, dass diese Menschen heute bei mir waren.

Mara fing meinen Blick auf und zwinkerte mir zu. Ich lächelte sie an und versuchte ihr zu zeigen, wie glücklich ich war, sie als Freundin zu haben. Dann schweiften meine Augen zu Will, dessen Miene deutliche Kampfbereitschaft ausstrahlte und mir wurde warm ums Herz. Als hätte er meinen Blick bemerkt, glitten seine eisblauen Augen zu mir und verhakten sich mit meinen.

Dann drehte ich mich wieder nach vorne und lauschte auf das näherkommende Dröhnen hunderter Autos. Mein gesamter Körper kribbelte vor Anspannung und die Magie in mir tobte. Sie verlangte danach, freigelassen zu werden und den Gorgonen den Garaus zu machen.

Links von mir stand meine Mum, die Lippen vor Konzentration fest zusammengepresst. Auf der anderen Seite wurde ich flankiert von meiner Tante und James. Ich wusste, dass der Wächter alles andere als glücklich darüber war, dass Elara in vorderster Reihe stand, doch die Direktorin hatte sich partout nicht umstimmen lassen, denn sie war diejenige, die uns in den Kampf führen würde.

Dann bog der erste dunkle Wagen um die Kurve und hielt mit leichtem Abstand vor dem eisernen Tor der Akademie. Kalter Schweiß sammelte sich in meinen Handflächen und ließ den Griff des Schwertes rutschig werden, während ich die Finger noch fester darum schloss.

„Elara", hörte ich James sagen und wandte leicht den Kopf. Meine Tante setzte an, um etwas zu entgegnen, wahrscheinlich, dass sie sich um keinen Preis zurückziehen würde, doch da hatte der Wächter sie bereits an sich gezogen und küsste sie stürmisch.

Als sie sich voneinander lösten, glühten Elaras grüne Augen leidenschaftlich.

„Jetzt!", rief sie und unsere verbliebenen Feuer-Elementarys, darunter Will, hoben die Arme. Augenblicklich schoss vor unseren Augen eine meterhohe Flammenwand empor, die knisternd das erste Hindernis für die Gorgonen darstellen sollte. Doch uns war auch klar, dass es sie nicht lange würde aufhalten können.

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt