Academy for Elementarys 1 - Verborgene Kräfte

Kapitel 5 - Mythologische Geschichte

Der nächste Morgen begann nicht besser als der gestrige Tag geendet hatte. Ich verschlief und kam gerade noch rechtzeitig zur ersten Stunde, weswegen ich das Frühstück ausfallen lassen musste. Hektisch stürmte ich durch die schon verlassenen Gänge der riesigen Akademie und verlief mich zu allem Überfluss auch noch. Bis ich schließlich völlig außer Atem mit jemandem zusammenstieß.

„Hannah, sieh an." Ich stolperte zurück und blickte in die blauen Augen von James.

„Oh, ähm, ich habe mich verlaufen und komme noch zu spät. Könnten Sie mir sagen wo ich hin muss?" Fragend zog ich eine Grimasse.

„Den Gang runter und dann rechts. Raum 18."

„Danke!", rief ich und war auch schon losgerannt, während sich mir die Frage aufdrängte, warum er wusste, wo ich hatte, obwohl ich ihm in meiner Eile nicht einmal das Fach genannt hatte. Aber egal. Das war bestimmt so ein Elementary – Ding. Eine Minute vor Unterrichtsbeginn platzte ich in den Raum und fünfundzwanzig Augenpaare richteten sich auf mich. Augenblicklich blieb ich abrupt stehen und fühlte mich wie gelähmt.

„Hier her!", rief da eine bekannte Stimme und mein Blick richtete sich auf Mara, die mich zu sich winkte und auf den freien Platz neben sich deutete. Schritt für Schritt stakste ich durch den Raum, während die Blicke der anderen mir zu folgen schienen wie ein Magnet.
Unwohl setzte ich mich auf den Stuhl und biss die Zähne zusammen.

„Keine Sorge. Das ist normal. Hier wird jeder, der neu ist angestarrt.", erklärte Mara leise.

„Wie ... nett", brachte ich hervor und wünschte mir sehnlichst, es würde aufhören. Das tat es auch und zwar in dem Moment, in dem die Tür erneut aufschwang und – oh nein – Elara Frey höchstpersönlich hereinmarschiert kam. Wollte sie etwa schon wieder etwas von mir? Doch ich hatte mich geirrt. Sie faltete die Hände vor dem Körper und ließ ihre kühlen, grünen Augen durch die Klasse schweifen. Es war mucksmäuschen still und niemand wagte zu atmen. Unauffällig musterte ich sie. Wie gestern waren ihre Haare streng nach hinten gekämmt, doch diesmal zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der ihr wie ein glänzender Wasserfall über die schmalen Schultern fiel. Sie trug eine elegante, weiße Bluse und einen schwarzen Bleistiftrock, der knapp bis zu den Knien reichte. Dazu ihre gefährlich aussehenden Pumps. Wie sie auf solchen Schuhen laufen konnte, als wären es Turnschuhe, war mir ein großes Rätsel. Ich jedenfalls, würde mir die Füße brechen. Das war so gut wie sicher.

„Ihr habt dieses Semester das unzweifelhafte Vergnügen mit mir Mythologische Geschichte durchzunehmen", begann sie mit ihrer freundlich, kühlen Stimme und ich schaute mich vorsichtig um. Niemand hier sah wirklich glücklich darüber aus. Ich ehrlich gesagt auch nicht, doch ich versuchte mir das Gesagte meiner Mum über sie wieder ins Gedächtnis zu rufen.
„Ich weiß, dass ihr lieber Miss Winters hier stehen sehen wollt, doch bedauerlicher Weise wurde sie auf Grund gesundheitlicher Probleme vom Unterricht freigesprochen. Deswegen werdet ihr nun mit mir vorlieb nehmen müssen."

Die Klasse nickte fast synchron mit den Köpfen und ich schrieb dieses Fach gedanklich schon einmal ab.
„Nun nehmt eure Bücher und schlagt sie auf Seite 13 auf." Gehorsam blätterte ich die vorgegebene Seite auf und stieß leise Luft aus. Das ging ja gut los. Bösartig verzerrte Gesichter starrten mir entgegen und ich versuchte die Bilder zu ignorieren. Stattdessen richtete ich meinen Blick auf Direktorin Frey, die darüber zu erzählen begann, was das für abscheuliche Wesen waren.

„Was ihr dort auf den Fotos seht, sind Gorgonen. Als Gorgonen werden in der griechischen Mythologie drei geflügelte Schreckensgestalten bezeichnet, welche jeden, der ihnen ins Antlitz blickt, zu Stein erstarren lassen. Am bekanntesten dürfte euch Medusa sein, doch sie war nicht allein.
Sie alle drei sind Töchter von Phorkys und Keto und hießen Medusa, Euryale und Stheno, wobei Medusa die einzige ist, die sterblich war. Sie wurde von Perseus enthauptet und ihr Haupt brachte dieser zu Athene." Ich schauderte. Das war echt gruselig.