Kapitel 56 - Mrs. Finchs Geheimnis

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Gegen fünfzehn Uhr trafen wir uns am Haupteingang. Ich hatte meine Tante im Schlepptau, die bereits eingeweiht war. Als ich ihr das Vorhaben offenbart hatte – per E-Mail, um genau zu sein – hatte ich eine Antwort bekommen, die deutlich einige Teile des Plans missbilligte, doch letztendlich hatte sie zugestimmt. Wenn sie wüsste, welchen Ort ich mir ausgesucht hatte, würde ich wahrscheinlich einen bösen Blick ernten.

„Habt ihr alles?", fragte ich und dreistimmiges Nicken war die Folge.

„Dann lasst hören."

„Also", begann Ethan. „Ich habe hier die Zeiten und Routen der Patrouillen von heute. Wenn ihr euch daran haltet, solltet ihr es ungesehen durch den Wald schaffen." Er reichte mir einen Zettel. Und schon packte Elara mich am Arm.

„Wald?", zischte sie vorwurfsvoll.

„Willst du nun Zeit mit James oder nicht?", konterte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und sie ließ mich los.

„Okay, danke. Will?"

„Ich übernehme den Kampfunterricht von James. Er hat eingewilligt, sich mit euch hinter der Turnhalle zu treffen und zwar in genau sieben Minuten."

„Mara?"

Meine Freundin verzog das Gesicht. „Und ich werde mich an Miss Finley heften und im Notfall ablenken."

„Ihr seid die besten", lächelte ich und schlüpfte aus der Eingangstür. Meine Tante folgte mir. Ausnahmsweise trug sie heute mal keine Absatzschuhe, sondern einfache Sneaker. Der Campus war menschenleer. In der Ferne vernahm ich leise Stimmen, die wohl den AFE-Agenten gehörten. Ich warf einen Blick auf die Zeitpläne und fand eine Lücke von wenigen Minuten, die perfekt ausreichte, um von der Turnhalle in den Wald zu gelangen. Jetzt aber bewegten wir uns so unauffällig wie möglich auf das Gebäude zu und daran vorbei. Von James keine Spur.

„Wo ist er?", wollte Elara unruhig wissen und sah sich fahrig um.

„Entspann dich", erwiderte ich und sah auf mein Handy. „Er hat noch drei Minuten."

Die vergingen furchtbar zäh und meine Tante wurde immer nervöser, auch wenn sie es zu verbergen versuchte.

„Elara?"

„James", stieß sie erleichtert hervor und auch ich atmete insgeheim auf.

Die beiden umarmten sich, doch dafür blieb jetzt keine Zeit.

„Später", drängte ich. „Wir müssen los."

Schweigend folgten sie mir zwischen die Bäume. Während wir liefen, ließ ich meine Sinne nach Anzeichen von Raven Dragonis Magie suchen, denn dem wollte ich noch weniger begegnen als den Patrouillen. Aber alles war friedlich.

„Hannah? Wo willst du eigentlich hin?", stellte der Wächter die entscheidende Frage.

„An einen Ort, den Ava Finley niemals finden wird."

„Geht es auch genauer?"

„Lasst euch einfach überraschen." Ich tauchte unter einem Ast hinunter und schob den Farn beiseite. Ohne ein weiteres Wort hielt ich den beiden den Efeuvorhang auf und sie traten nach einem misstrauischen Blick in die Dunkelheit.

„Einfach dem Gang folgen und Köpfe einziehen", erklärte ich und bildete das Schlusslicht.

„Hannah? Ist das diese Feenlichtung?", wollte Elara verzaubert wissen, als wir aus der Finsternis traten.

„Das ist sie", entgegnete ich lächelnd und dankte Will noch einmal dafür, dass er eingewilligt hatte, als ich ihn fragte.

„Ihr habt jetzt gut anderthalb Stunden. Ich bin dahinten und vollkommen unsichtbar." Zwinkernd verzog ich mich ans andere Ende der Wiese und ließ mich ins weiche Gras sinken. Die Feen umschwirrten mich und schienen die Fremden neugierig zu beobachten.

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWhere stories live. Discover now