Kapitel 32 - Keine Ahnung von Architektur

5.1K 283 14
                                    

Der Unterricht verlief schleppend. Niemand schien sich konzentrieren zu können und das einzige Thema des Tages war die Verhaftung der Direktorin beim Frühstück. Die Stunde über mythologische Geschichte fiel trotz des Fehlens von Direktorin Frey nicht aus, sondern wurde vertreten. Der Lehrer, den ich bisher nur vom Sehen kannte, kam gegen das allgemeine Gemurmel in der Klasse kaum an und so schaltete ich einfach auf Durchzug. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu der Frage nach dem Warum. Dem Grund, wieso Blake Hampton glaubte, Direktorin Frey aus dem Verkehr ziehen zu müssen. Verschiedenste Theorien geisterten durch meinen Kopf, doch nur wenige von ihnen ergaben wirklich Sinn. Die Direktorin musste etwas herausgefunden haben, das den AFE-Leiter belasten könnte oder ihn zumindest unter Verdacht geraten ließ, weswegen er – skrupellos, wie er war – seine Macht missbraucht und Mrs. Frey verhaftet hatte. Ich seufzte und schloss kurzzeitig die Augen. Die Magie verursachte ein angenehmes Gefühl in meinem Inneren und je mehr ich mich auf sie konzentrierte, desto ruhiger wurde ich. Sie gab mir das Gefühl, dass ich alles schaffen konnte, wenn ich es nur wirklich wollte. Und ich wollte die Direktorin befreien. Ich wollte wissen, was sie herausgefunden hatte.

Endlich klingelte es und ich begab mich zusammen mit Mara auf schnellstem Weg in die Bibliothek. Die deckenhohen Regale voller Bücher brachten mich jedes Mal zum Staunen, doch heute würdigte ich sie keines Blickes, sondern hastete durch die schmalen Gänge.
Ethan und Will saßen schon auf ihren Plätzen und unterhielten sich leise.

„Also, wie gehen wir vor?", fragte ich ohne Umschweife und ließ mich auf meinen Sitz fallen.

„Dir auch einen schönen Nachmittag", meinte Will grinsend und ich verdrehte die Augen.

„Kriege ich denn gar keinen Begrüßungskuss?"

Er sah mich aus blitzenden Augen an und ich spürte, wie die Schmetterlinge in meinem Bauch zu tanzen begannen.

„Oh nein", ging Mara bestimmt dazwischen und hob abwehrend die Hände. „Wenn ihr rumknutschen wollte, dann geht auf ein Zimmer und wir verschieben die ganze Sache hier."

„Vergiss es", schoss ich hervor, beugte mich vor und gab Will einen leichten Kuss, denn ich konnte ihm einfach nicht wiederstehen. Er zwinkerte mir verschwörerisch zu und ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.

„Genug jetzt, ihr Turteltauben. Lasst uns endlich anfangen zu überlegen, wie wir unsere Direktorin aus den Fängen der AFE befreien können", meinte Mara und ich riss mich zusammen.

„Als erstes bräuchten wir einen Plan des Akademiekellers."

„Schon zur Stelle", brachte Ethan sich ein und breitete eine Karte auf dem Tisch aus. „Dieses Schmuckstück habe ich mir von unserem netten Hausmeister geliehen. Es ist hundertprozentig aktuell und verzeichnet sogar die Überwachungskameras."

„Perfekt", murmelte ich und scannte augenblicklich den Plan, doch die ganzen Linien und Punkte ergaben keinen Sinn.

„Okay, ich erkenne da nur Gekrakel", gab ich zu und stellte erleichtert fest, dass Mara zustimmend nickte.

Ethan schmunzelte amüsiert. „Keine Ahnung von Architektur, wie?"

„Richtig, keine Ahnung, aber ich hoffe, du klärst uns Unwissende auf", witzelte Mara trocken.

„Stets zu Diensten. Also, hier befindet sich der Eingang, der für uns relevant ist. Es gibt noch zwei weitere auf der anderen Seite, aber die befinden sich im Inneren der Akademie. Dies ist der einzige Zugang außerhalb. Über eine Treppe gelangt man in einen Gang, der etwa fünfzig Meter lang und videoüberwacht ist." Er deutete auf einen kleinen Punkt. „Die Kamera befindet sich am Ende des Ganges, direkt über der Tür zum Gefängnis. Ich gehe stark davon aus, dass die Tür bewacht wird. Ihr müsst also schnell sein."

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWhere stories live. Discover now