Kapitel 40 - Yggdrasil

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Ich erzählte auch meiner Mum von meiner Vermutung, doch wie erwartet schien auch sie die Wahrscheinlichkeit für sehr gering zu halten. Trotzdem sah ich den Schatten der Beunruhigung über ihr Gesicht huschen, als der Name Raven Dragoni fiel.

Noch am Abend durfte ich den Krankenflügel verlassen und begab mich auf mein Zimmer. Noch immer pochten die Kopfschmerzen schwach hinter meiner Stirn, doch ich konnte es mir nicht nehmen lassen, in meinen Notizen über Raven Dragoni etwas nachzuschauen. Ich brauchte Bestätigung, was die Sache mit den Augen anging.

„Ha!", rief ich, als ich die entsprechende Stelle gefunden hatte. Seine Augenfarbe wurde entweder als schwarz oder rot beschrieben und ich war mir sicher, dass niemanden sonst gab, der rote Augen hatte, es sei denn, man trug Kontaktlinsen. Aber wenn er es gewesen war und er hinter den Angriffen steckte, warum hatte ich dann noch meine Magie? Eine blasse Erinnerung an den Weihnachtsball blitzte in meinem Kopf auf. Was hatte James zu Elara gesagt? Bisher seien überwiegend nur Elementarys der Elemente Feuer und Erde angegriffen worden und kaum Luft und Wasser. Doch wieso? Welchen Sinn machte es, die Essenzen Feuer und Erde zu rauben? Wozu brauchte er sie? Die Fragen würden warten müssen, denn ich spürte wie meine Kopfschmerzen sich wieder meldeten und gab es auf. Schlaf war jetzt wahrscheinlich die beste Lösung.

Also zog ich mich um und kuschelte mich ins Bett. Doch sobald ich die Augen schloss, blitzte der grausame Blick vor meinen Lidern auf und ich riss sie wieder auf. Unruhig wälzte ich mich von einer Seite auf die andere bis mich endlich die Müdigkeit überwältigte. Aber schon zwei Stunden später fuhr ich schweißgebadet und mit klopfendem Herzen wieder hoch. Die Bettdecke hatte sich um meine Beine gewickelt und ich brauchte eine Weile, um mich zu befreien. Ich wusste nicht mehr, was mich geweckt hatte, doch erinnerte mich schemenhaft an ein wild verzerrtes Gesicht, das vor Hass nur so geglüht hatte. Unwillkürlich schauderte ich und schlang mir die Arme um den Oberkörper. Der Schweiß auf meiner Haut trocknete langsam und plötzlich war mir kalt. Rasch zog ich die Decke bis ans Kinn und sank zurück in die Kissen, doch an einschlafen war nicht mehr zu denken.

Halbwach lag ich nun da, döste immer wieder weg, nur um dann erschrocken hochzuschrecken. Irgendwann machte ich Licht, streifte meinen kuschligen Pullover über und setzte mich an den Tisch.

Das Portrait von Elara lag halb verdeckt unter meinen Büchern. Ich zog es vorsichtig hervor und betrachtete die Zeichnung. Seit meiner Ankunft hier, seit ich dieses Bild gemalt hatte, war ich nicht mehr zum Zeichnen gekommen. Je länger ich meine Tante auf dem Papier anstarrte, desto mehr wuchs in mir das Bedürfnis, es neu zu malen. Irgendetwas störte mich, doch ich konnte nicht benennen, was es war. Vielleicht die extreme Kälte, die sie ausstrahlte, oder aber das zu kräftige Grün ihrer Augen.

Entschlossen griff ich nach meinen Stiften und Papier und zeichnete drauf los. Diesmal musste es perfekt werden. Ich sah ihr Gesicht vor mir, erinnerte mich an den Weihnachtsball und ihr Lächeln.

Zufrieden betrachtete ich drei Stunden später mein Werk und nickte leicht. Das war es.

Langsam legte ich den Stift aus der Hand und streckte mich. Meine Augen fühlten sich klein vor Müdigkeit an und ich blickte zur Uhr.

03:28 Uhr.

„Im Ernst?", fragte ich und gähnte herzhaft. Der morgige Tag würde sehr, sehr lang werden und das wurde er.

Vollkommen übermüdet schleppte ich mich zum Frühstück. Nicht einmal die kalte Dusche hatte meine Lebensgeister zum Leben erwecken können.

„Hannah, du siehst furchtbar aus", begrüßte Mara mich und Besorgnis lag in ihrem Blick.

„Dir auch einen guten Morgen", brummte ich plumpste auf meinen Platz.

„Schlecht geschlafen?", fragte Ethan mitfühlend und ich nickte knapp.

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWhere stories live. Discover now