Kapitel 31 - Verhaftung beim Frühstück

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Als ich am nächsten Morgen – mal wieder zu spät – den Speisesaal betrat und mich zu Mara und Ethan sowie Will an den Tisch setzte, fielen mir als aller erstes ihre aufgewühlt-bedrückten Gesichter auf. Sofort war ich in Alarmbereitschaft.
Ohne mir etwas zu Essen zu holen, setzte ich mich und starrte fragend in die Runde.

„Was ist los? Ist wieder jemand überfallen worden?"
Mara schüttelte den Kopf und kaute auf ihrer Lippe herum.

„Dann sag mir doch einer, was hier sonst los ist und wieso ihr schaut, als sei jemand gestorben!" Ich stockte. „Ist denn einer ... gestorben?"

„Nein", beschwichtigte Will mich sofort.

„Wir sollten es ihr sagen, bevor sie es durch Ashley oder sonst wen erfährt", mischte sich nun auch Ethan ein und putzte fahrig seine Brille.

„Was sagen?" Langsam bekam ich richtig Angst und begann, mir die furchtbarsten Dinge auszumalen. Aber bevor meine Fantasie mit mir durchgehen konnte, erhob Mara die Stimme.
„Okay. Ethan hat recht." Sie holte tief Luft. „Sie haben Direktorin Frey verhaftet."
Der Satz erreichte mein Gehirn verspätete und ich versuchte, etwas mit ihren Worten anzufangen. Dann ordnete ich meine Gedanken und fragte so ruhig wie möglich:
„Wer, wann und wieso?"

„Die AFE hat sie während des Frühstücks festgenommen. Vor aller Augen. Sie kamen hier hereingestürmt, als würde die Welt untergehen, allen voran unser Lieblingsagent Blake Hampton. Ich sage dir, er hat es genossen. Seine Augen haben vor Triumph geleuchtet, als ihr die Handschellen angelegt wurden." Maras Stimme troff vor Abscheu.

„Aber wieso?", wollte ich fassungslos wissen, während in mir die Wut auf diesen arroganten AFE-Leiter brodelte.

„Laut seiner überdeutlichen Ansprache, hat sie sich des Missbrauchs von Magie schuldig gemacht." Schweigen legte sich über unseren Tisch. In meinem Kopf arbeitete es. Mrs. Frey musste dem AFE-Leiter irgendwie auf die Füße getreten sein. Sie war dem Mann ja schon eine Weile ein Dorn im Auge. 

„Aber ich kann dir versichern, dass Direktorin Frey seinen Auftritt doch ziemlich gedämpft hat", meinte Ethan und holte sein Handy hervor. „Ich war mir sicher, du würdest es dir selbst ansehen wollen. Der Anfang fehlt, aber sonst ist alles drauf. Hier." Er reichte mir das Gerät und ich tippte auf Play. Das Video war gestochen scharf und ich konnte das Geschehene ohne Probleme mitverfolgen. Dann erhöhte ich die Lautstärke, sodass nur ich den Ton hören konnte.
Blake Hampton stand, umringt von seinen Männern, am Lehrertisch, ein triumphierendes Lächeln im Gesicht.

„Elara Frey, ich verhafte Sie wegen des Missbrauchs von Magie." Für einen Sekundenbruchteil, entglitten der Direktorin die Gesichtszüge, dann erhob sie sich ruckartig, das Gesicht wie versteinert, während die Lehrer um sie herum, verwirrt zu tuscheln begannen.

„Und warum, wenn ich fragen darf?" Sie sprach laut und ihre Stimme war so kühl, wie eh und je.

„Sie dürfen", erwiderte Blake Hampton glatt und griff in seinen Mantel. Ein Blatt Papier erschien in seiner Hand. „Es besteht der Verdacht, dass Sie sich verbotener Weise Informationen zu vertraulichen Angelegenheiten beschafft haben und so ihre Magie benutzen konnten, um andere ihrer Kräfte zu erleichtern."
Wie gebannt starrte ich auf den Bildschirm. Ich achtete nicht auf die Lehrer im Hintergrund, die nun fassungslos dreinblickten und auch nicht auf Blake Hampton. Meine Aufmerksamkeit galt allein der Direktorin, die den AFE-Leiter eisig musterte.

„Diese Anschuldigungen sind ungeheuerlich", zischte sie. „Und wenn Sie nur hierhergekommen sind, um Ihr arrogantes Ego zur Schau zu stellen, indem Sie mir unterstellen, ich würde meinen Schülern und meinen Kollegen an meiner Akademie ihre Magie rauben, dann rate ich Ihnen nur eines ... verschwinden Sie!" Ich hatte das Gefühl, das Kribbeln von Macht, auf meiner Haut spüren zu können. Selbst auf dem Handydisplay wirkte die Direktorin einschüchternd.
Wut schlich sich in die Züge des AFE-Leiters. Elara Frey hatte ihn erwischt. 


„Ich dachte, Sie wären schlau genug, zu kooperieren, denn diese Anschuldigungen sind keineswegs falsch. Es gibt Beweise." Dann hob er seine Hand. „Handschellen und Manschette!"
Zwei der Agenten erschienen im Blickfeld und traten auf die Direktorin zu. Obwohl sie aufrecht gingen, lag ein gewisser Respekt in ihrer Haltung und zwar nicht vor Blake. Respekt vor Mrs. Frey. Da sprang meine Mum von ihrem Stuhl auf und stellte sich neben ihre Freundin.

„Das werden Sie nicht tun", sagte sie bedrohlich und deutete auf die Handschellen und die Manschette.

„Doch, Mrs. Windemear. Ich tue hier nur meine Arbeit. Meine Arbeit. Ihre besteht darin, den Schülern etwas beizubringen und jetzt gehen Sie zur Seite, sonst sehe ich mich gezwungen, Sie ebenfalls zu verhaften."

„Ich bitte darum", erwiderte meine Mum fest und die Direktorin warf ihr einen ungläubigen Blick zu.

„Und was wird dann aus Ihrer Tochter? Vaterlos und mutterlos?" Der AFE-Leiter schüttelte mit gespieltem Bedauern den Kopf und meine Mum biss sich auf die Lippen. Ich schluckte schwer und bewunderte ihre Loyalität zu Elara, aber sie schien nicht gegen ihre Liebe zu mir anzukommen. Widerwillig und mit einem gequälten Ausdruck in den Augen trat sie aus dem Weg. Ihre Lippen formten ein „Es tut mir leid."

Widerstandslos ließ die Direktorin sich Manschette sowie Handschellen anlegen. Erhobenen Hauptes wurde sie aus dem Speisesaal geführt und dann wurde der Bildschirm schwarz. Benommen starrte ich auf das Handy und versuchte, die Informationen zu verarbeiten. Eine Frage drängte sich mir auf.

„Was war das für eine Manschette?"

„Ich bin mir sehr sicher, dass es sich dabei um einen magischen Gegenstand handelt", begann Ethan sofort. „Diese Manschette blockiert die Kräfte eines Elementarys und schickt, bei dem Versuch, sie zu entfernen, selbst einen magischen Schub an den Träger, der ihn körperlich schwächt. Früher wurde sie nur bei Elementarys verwendet, die ihre Kräfte überhaupt gar nicht kontrollieren konnten oder die als hochgradig gefährlich galten, wie beispielsweise Raven Dragoni."

„Zur Hölle mit Blake Hampton", murmelte ich wütend. „Elara ist unschuldig!"

„Elara?", fragte Will verwundert.

„Ja ... ach, vergesst es. Ich muss was unternehmen! Wo wurde sie hingebracht?"

„Hannah! Egal, woran du gerade denkst ... lass es!", mahnte Mara warnend, doch ich ignorierte sie.

„Wohin?"

„Akademiegefängnis. Bis Montag. Dann wird sie nach Ottawa gebracht", gab Will mir die erhoffte Antwort, denn ich hatte mich schon damit angefreundet, es alleine herausfinden zu müssen und ich lächelte ihn dankbar an.    
Ich war schon halb aufgestanden, als Mara mich am Arm festhielt.

„Mara, ich bitte euch nicht, mir zu helfen, aber lasst mich Direktorin Frey helfen. Ich weiß, dass sie unschuldig ist und Mr. Hampton sie nur aus dem Weg geräumt haben will oder was weiß ich, also ..."

„Stopp, Hannah", unterbrach meine Freundin mich.

„Ich lass dich das nicht alleine durchziehen."

„Ich auch nicht", stimmte Ethan zu.

„Und ich erst recht nicht", sagte Will, kam zu mir hinüber und schaute mir tief in die Augen.

„Wir holen die Direktorin da raus. Das verspreche ich dir." Meine Knie wurden weich und ich schluckte gerührt.

„Danke."

„Aber wir sollten nichts überstürzen. Nach dem Unterricht in der Bibliothek?" Wir nicken gleichzeitig. In diesem Moment konnte ich einfach nicht fassen, was für unglaublich tolle Freunde ich hatte. Sie würden mich nie im Stich lassen und ich war mir sicher, dass ich für sie sterben würde. Aber nur fast sicher. Naja, hoffen wir, dass es nicht so weit kommt.

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWhere stories live. Discover now