Pistazieneis zum Frühstück

By KnownAsTheUnknown

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„Wieso isst du jeden Tag Pistazieneis?", fragte ich (...). „Ich mag keine andere Sorte", sagte sie, als wär... More

Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Epilog
Nachwort

Kapitel 10

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By KnownAsTheUnknown

Der Alkohol machte Ally ruhiger. Es war merkwürdig. Ich war immer davon ausgegangen, dass diverse Drinks die Leute auftauen ließen und sie offener machten – aber Ally schien immer mehr zuzufrieren. Sie versank in Gedanken und egal, wie oft ich ihr eine gute Vorlage gab, ihre neckischen Antworten blieben aus.

„Und natürlich hat Pete alles so dargestellt als wäre ich der Idiot", endete ich gerade die Geschichte von unserer Gruppenpräsentation – die ein ziemlicher Reinfall war.

Selbst ein leises „Bist du doch auch" hätte ich mir in diesem Moment mehr gewünscht als ich je gedacht hätte, aber Ally schnaubte nur und zwang sich zu einem Lächeln.

Ich glaube, es war der dritte Cocktail, den sie gerade leerte, und mein keine-Ahnung-wievieltes Guinness. Außerdem hatten wir vorhin ein paar Shots gekippt – was definitiv ein Fehler gewesen war. Egal, was ich ihr erzählte, sie hörte nur mit halbem Ohr zu und antwortete kaum. Genauso gut hätte ich Selbstgespräche führen können.

„Jetzt sag schon... Was ist los?", wagte ich einen neuen Versuch, ihre Sorgen aus ihr raus zu kitzeln. Es tat doch besser, wenn man seine Probleme aussprach, statt sie immer stumm in sich hineinzufressen. Zumindest ging es mir so. Sie hätte auf jeden Fall einiges zu erzählen, wenn sie aufhören würde, es zu verdrängen.

Ihr Blick klebte an ihrer Hand, die mit dem Strohhalm des Piña Colada Cocktails spielte. Sie sah mich auch nicht an, als sie leise zu sprechen begann. „Darüber will ich nicht reden. Obwohl der Abend jetzt schon ziemlich am Tiefpunkt ist, will ich ihn nicht noch mehr ruinieren." Endlich wanderten ihre blauen Augen zu mir. „Tut mir leid, Ben. Ich will nicht alles mit meiner miesen Laune verderben. Es war trotzdem wirklich schön... also naja. Bis... ich weiß nicht... Ach, ich sollte wirklich nach Hause gehen."

Es war dreiviertel elf, also saßen wir seit fast vier Stunden hier. Die Zeit war wie im Flug vergangen, – anfangs jedenfalls – doch irgendwann ging es steil bergab. Auch meine Motivation war mittlerweile so gut wie aufgebraucht. Ally saß gegenüber von mir – klar, das machte mich wahnsinnig glücklich. Aber sie war nun mal nicht glücklich und dass sie mich nicht einmal versuchen ließ, das zu ändern, nahm mir alle Willenskraft.

Trotzdem war da diese Stimme in meinem Kopf, die schrie, dass ich es versuchen musste. Und plötzlich kam die passende Idee, um sie wieder irgendwie zu ihrem Optimismus zurückzuführen. War das die „große romantische Geste" von der Carina gesprochen hatte? Keine Ahnung, aber solange es Ally dadurch besser ging, war mir egal, was alle anderen dachten.

„Du hast recht – wir sollten gehen."

Ich sprang von meinem Stuhl auf und zog Ally zu mir hoch. Ihre Wangen färbten sich leicht rosa, aber sie erwiderte meinen Blickkontakt. Wir hatten bereits bezahlt, als uns die Getränke an den Tisch gebracht worden waren, sodass wir jetzt einfach verschwinden konnten. Was gut war. Hätte ich mich jetzt noch mit der Rechnung herumschlagen müssen, würde ich wohl all meine Zuversicht verlieren, die ich durch die Macht des Bieres gewonnen hatte.

Erst als wir die Bar verlassen hatten, warf mir Ally einen fragenden Blick zu. „Was hast du vor, Hunter?" Und da war es wieder. Das schönste Lächeln, das ich je gesehen hatte.

„Lass dich überraschen. Und spring auf." Dafür erntete ich einen noch verwirrteren Gesichtsausdruck. „Ich mein's ernst. Ich nehme dich Huckepack und du schließt die Augen – sonst wäre es doch keine richtige Überraschung."

„Wie alt sind wir?"

„Alt genug, um zu wissen, dass wir nicht zu alt sind." Sie lachte laut und das Kribbeln in mir wuchs – was nicht am Alkohol lag. „Also los!"

Sie gehorchte, kletterte zurückhaltend auf meinen Rücken und klammerte sich mit Armen und Beinen an mir fest. „Augen zu, Allison. Wehe, du schummelst!", warnte ich sie.

Fast eine halbe Stunde lang bewegten wir uns halb gehend halb laufend so durch die Stadt. Ich genoss jede Sekunde, in der sich ihr kleiner Körper an mich schmiegte und mich wärmte, auch wenn es mit der Zeit anstrengend wurde, sie zu tragen. Wir hätten zwar den Bus nehmen können, doch ich bildete mir ein, sie jeden Zentimeter bis zur Haustür unseres Zielortes tragen zu müssen. Mein Stolz ließ erst zu, sie abzusetzen, als wir dort angekommen waren.

„Lass die Augen zu oder ich steche sie dir aus", ermahnte ich sie nochmal, als ich nach meinem Schlüsselbund kramte.

„Jaja, Psycho. Hab mal ein bisschen Vertrauen in mich." Sie hatte überhaupt keinen Orientierungssinn mehr und stand mit dem Rücken zu mir gewandt da. Außerdem schwankte sie leicht hin und her.

Endlich öffnete ich die Glastür, legte meine Hände auf Allys Schultern, um sie zu lotsen, und wir betraten das Gebäude. „Schreck dich nicht, wir fahren gleich mit dem Aufzug", meinte ich, als ich sie in den kleinen Raum schob.

„Hicks", machte Ally. Wieso war sie so süß, wenn sie Schluckauf hatte? Am liebsten hätte ich sie jetzt sofort, hier im Fahrstuhl, näher zu mir gezogen, sie geküsst und nie damit aufgehört. Aber heute war nicht der Tag dafür. Wir waren beide ein wenig beschwipst und sie war emotional auf irgendeine Weise kaputt, die ich immer noch nicht kapierte. Es war nicht der richtige Moment, diesen Schritt zu wagen. „Hicks", machte sie wieder. Fast hätte ich in diesem Augenblick die Prinzipien verworfen, die ich gerade noch selbst aufgestellt hatte, doch ein hohes „Ping" riss mich aus meinen Gedanken.

Ich räusperte mich verlegen und führte uns beide aus dem Aufzug hinaus. „Vorsicht, Stufe."

„Haben wir überhaupt ein Ziel? Ich bekomme langsam das Gefühl, wir irren nur sinnlos durch die – hicks – Gegend", gab Ally schmunzelnd zu bedenken.

„Nein, wir irren nicht durch die Hicks-Gegend", flüsterte ich. „Wir sind gleich da, also sei kurz still."

„Wieso soll ich-"

„Pscht. Sei leise. Du wirst es gleich selbst sehen", unterbrach ich sie.

Ich öffnete eine weitere Glastür, die zu der Dachterrasse führte, und hielt den Atem an. Es war jedes Mal aufs Neue wunderschön. Doch heute kamen mir die Lichter der Stadt unter uns und die Sterne über uns noch um einiges zahlreicher vor. Ich genoss die kühle Nachtluft und platzierte Ally neben mir. Nur um zu bereuen, dass ich meine Kamera mal wieder nicht dabei hatte – ich war tatsächlich der schlechteste Fotograf aller Zeiten. Also zückte ich mein Handy, weil ich mir diesen Moment nicht nehmen lassen wollte und das die beste Art war, die ich kannte, um ihn festzuhalten.

Es war eines der schönsten Fotos, die ich jemals schießen würde. Das war mir sofort klar, als ich Allys Silhouette, das Meer aus Stadtlichtern und einen im Vergleich schwarzen Himmel auf dem Bildschirm sah.

„Du kannst die Augen übrigens öffnen", sagte ich nun leise.

Nichts. Kein Wort. Auch kein Schluckauf mehr.

Ich war kurz davor, sie nochmal anzusprechen, als sie sich zu mir rüber drehte und unter Tränen lächelte. „Ben... Ich... Danke. Ich glaube, dass noch niemand, absolut niemand, so was Schönes für mich gemacht hat."

„Hör auf zu weinen... Ich hab dich eher hier hergebracht, um dich lachen zu sehen", gab ich zu.

„Du bist vermutlich der süßeste und gleichzeitig dümmste Idiot, der mir je begegnet ist, Hunter." Sie schniefte und lachte und die Hormone in mir spielten verrückt. Da war wieder die unbekümmerte Ally, die mich ohne jegliche Scham beleidigte.

„Wo zum Teufel sind wir hier eigentlich?" Ihr Blick galt einzig und allein der weiten Aussicht von hier oben.

Ich wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen, auch wenn sie es vermutlich gar nicht richtig sah. „Das ist leider etwas unspektakulärer und nimmt dem Ganzen irgendwie... seinen Zauber", erklärte ich. „Aber damit du nicht die Polizei rufst, sag ich's dir lieber."

„Was sollte ich denen groß sagen? ‚Hilfe, ein Psychopath hat mich auf irgendein Dach entführt? Huckepack?'"

„Genau!" Ich räusperte mich. „Meine Tante wohnt in diesem Haus – ich weiß nicht, wie viel Geld sie seit der Scheidung von ihrem Mann hat, aber es ist nicht wenig. Jedenfalls hatte sie vor ca. einem halben Jahr irgendwelche gesundheitlichen Probleme... irgendein Frauenzeugs oder was auch immer. Und für ‚Notfälle' hab ich einen Zweitschlüssel bekommen."

„Dann war ich also heute dein Notfall?", fragte Ally amüsiert.

„Ja", stimmte ich ihr zu. „Ich glaube, du bist sogar mein Lieblings-Notfall."

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Oh Gott, dieses Kapitel trieft geradezu vor lauter Kitsch - aber es macht Spaß, solche Szenen zu schreiben ^^ 

Irgendwie würde mir dieser Part auch aus Allys Sicht gefallen - man wird von einem netten Typen durch die Stadt getragen, hat die Augen zu und kaum macht man sie wieder auf, hat man den schönsten Ausblick über die Stadt, den es gibt. Was will man mehr?

So, das war's mit Selbst-Kommentaren auf meine Geschichte xD An alle, die bis jetzt noch Ferien hatten, so wie ich: Viel Glück beim Überstehen der kommenden Woche ^^

PS: Die Widmung geht an @guteluegnerin, weil mir deine Theorien zu Ally wirklich gefallen ^^ 

~KnownAsTheUnknown

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