Morgenwind - die fliegende St...

By dell_a_story

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Die 25-jährige Emma arbeitet in einer Boutique, kümmert sich um ihre kranke Mutter und hat die Hoffnung auf e... More

1. Späte Kundschaft [1]
1. Späte Kundschaft [2]
2. Oben
3. Jäger in der Nacht [1]
3. Jäger in der Nacht [2]
4. Neue Freunde, alte Feinde [1]
4. Neue Freunde, alte Feinde [2]
5. Das Mädchen und der Dämon
6. Die Legende der Morgenwind
7. Die Prinzessin [1]
7. Die Prinzessin [2]
8. In den Untergrund
9. Die Last der Verantwortung [1]
9. Die Last der Verantwortung [2]
10. Freundinnen [1]
10. Freundinnen [2]
11. Der Tod und die Morgenwind
12. Mein Lehrer, der Werwolf [1]
12. Mein Lehrer, der Werwolf [2]
13. E-Doppel-M-A [1]
14. Die dämonische Kränkung [1]
14. Die dämonische Kränkung [2]
15. Das Lebkuchenhaus [1]
15. Das Lebkuchenhaus [2]
16. Familienbande
17. Ein Date mit dem Baron
18. Das Lichterfest [1]
18. Das Lichterfest [2]
19. Wasser
20. Feuer
21. In Ungnade gefallen [1]
21. In Ungnade gefallen [2]
22. Über den Regenbogen [1]
22. Über den Regenbogen [2]
23. Plutos [1]
23. Plutos [2]
24. General Orel Erelis [1]
24. General Orel Erelis [2]
25. Der Untergang der Morgenwind
26. Kriegsopfer
27. Der Einäscherer [1]
27. Der Einäscherer [2]
28. Schlaflos [1]
28. Schlaflos [2]
29. Die Bestimmung [1]
29. Die Bestimmung [2]
30. Noblesse oblige [1]
30. Noblesse oblige [2]
31. Die Zukunft der Morgenwind [1]
31. Die Zukunft der Morgenwind [2]

13. E-Doppel-M-A [2]

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By dell_a_story

Den restlichen Vormittag verbrachte Emma in der Schule und bastelte mit den drei Kindern (vier, wenn man Titus mitzählte) Laternen für das Lichterfest.

Zunächst hatte sie geglaubt, Jonas müsste draußen im Fluss zurückbleiben, doch es stellte sich heraus, dass die Schule, genau wie die darüber liegende Wohnung, Meermann-gerecht ausgestattet war. Ein schmaler Flussarm führte durch einen Tunnel ins Innere des Hauses und von dort direkt in eines der beiden Klassenzimmer. Durch ein Schleusensystem, wie Emma es aus der Schifffahrt kannte, konnte Jonas ins obere Stockwerk gelangen. Dort wohnte er in einer Art Fischtank, der mit allerlei Spielzeug, Plastikmöbeln und einer großen Schlaf-Muschel ausgestattet war. Die ganze Konstruktion war von Derrick und Nori ersonnen worden.

Da Emma neu auf der Morgenwind war, genossen es die Kinder, sie herumzuführen und mit allen Besonderheiten ihres Zusammenlebens vertraut zu machen. Penny zeigte ihr die Flügelschoner, die sie nachts überziehen musste, damit ihre filigranen Flügel nicht zerknickten. Anders als Titus war sie zumindest dazu in der Lage, über dem Boden zu schweben, was man ihr aber im Innern des Hauses streng verboten hatte.

Kichernd zeigten die Kinder Emma auch das Schlafzimmer ihrer beiden Väter. Laurents Seite des gemeinsamen Bettes war mit Fellen überhäuft. Angeblich, weil es die Anwesenheit anderer Wölfe simulierte und ihm auf diese Weise beim Einschlafen half. Joseph hatte ein Hörgerät auf seinem Nachttisch liegen, das er aber, nach Angabe der Kinder, nie benutzte. Darüber hinaus erfuhr Emma, dass es außer Jonas, Penny und Finka noch andere Kinder auf der Morgenwind gab. Im Moment waren es ganze zwölf Kinder zwischen vier und vierzehn Jahren, die mit ihnen zusammen die Schule besuchten.

Hier wurden sie von Laurent in allen grundlegenden Dingen unterrichtet: Lesen, Schreiben, Rechnen, Biologie, Hausarbeit und Handwerk. Sie trieben gemeinsam Sport und unternahmen lehrreiche Ausflüge. Darüber hinaus kamen immer wieder andere Stadtbewohner vorbei, um sie in speziellen Fächern zu unterrichten. Miragel lehrte sie Pflanzenkunde und Geschichte, Savannah gab ihnen Kochunterricht, Derrick unterrichtete sie in Technologie und Physik, Anoushka in Chemie, Lusine war ihre Literaturlehrerin und Sebastian kümmerte sich um ihre religiöse und moralische Erziehung. Laut Titus kamen sogar Masumi und Kilian ab und zu vorbei. Von Masumi lernten die Kinder Selbstverteidigung und von Kilian Reiten und Schwertkampf.

Während sie den Erzählungen der Kinder lauschte, hatte Emma das Gefühl, selbst gern noch einmal mit ihnen zur Schule gehen zu wollen. Ihre eigene Schulzeit hatte sie in schlechter Erinnerung. In der Grundschule war sie noch eine ganz gewöhnliche, absolut durchschnittliche und unauffällige Schülerin gewesen, doch mit dem Gymnasium waren auch die Probleme gekommen. Sie hatte damit begonnen, die Schule zu schwänzen, zu rauchen und sich ganz allgemein daneben zu benehmen. Inzwischen wusste Emma, dass der Auszug ihres Vaters und die neue Liebe ihrer Mutter der Grund für den Absturz gewesen waren.

Erst mit Beginn der zehnten Klasse hatte sich ihr Verhalten wieder gebessert. Sie war zwar noch immer als Enfant terrible verschrien, sowohl bei ihren Mitschülern als auch bei den Lehrern, doch mit ihren Noten war es wieder bergauf gegangen. Einer der Gründe für diese Verbesserung war wohl auch der Auszug ihres Stiefvaters aus der gemeinsamen Wohnung. Für eine Weile war es ihr und ihrer schulischen Karriere ziemlich gut ergangen. Doch dann, kein Jahr vor ihrem Abschluss, war ihre Mutter schwer erkrankt. Von da an hatte sie sich neben der Schule auch noch um den Haushalt und um ihre kleine Schwester kümmern müssen. Das Abitur hatte sie deswegen nur gerade so geschafft. Trotzdem hatte sie geplant, so schnell wie möglich ein Studium zu beginnen. Doch wieder hatte ihr die Familie einen Strich durch die Rechnung gemacht. So war sie in der Boutique gelandet, wo Kilian und die Anderen sie gefunden hatten.

»Es tut mir leid, dass ich vorhin so ungehalten reagiert habe«, meinte Titus plötzlich, als sie in den Nebenraum gingen, um nach Klebstoff zu suchen.

Emma schloss die Tür hinter ihnen. Die Kinder mussten ja nicht hören, was zwischen ihnen vorgefallen war. »Und mir tut es leid, dass ich eine so blöde Frage gestellt habe.«

»Du konntest es ja nicht wissen«, sagte Titus und schwang sich auf das Lehrerpult. Dann hob er den Arm, damit Emma sehen konnte, wie sich sein Federkleid aufspannte. »Ich habe einen Gendefekt«, erklärte er. »Das sagen jedenfalls Laurent und Miragel.« Er wedelte mit den Händen. »Echte Geflügelte haben nur drei Finger pro Hand, genau wie Vögel. Weil meine Hände wie Menschenhände geformt sind, fehlen mir mehrere Handschwingen - und ohne die kann ich nicht fliegen.« Er zuckte mit den Schultern, als könnte er sein Leid auf diese Weise einfach abstreifen. »Keine große Sache.« Seine Stimme wurde leiser. »Miragel übt ab und zu heimlich mit mir, aber ich mache keine besonderen Fortschritte.«

»Das kommt schon noch«, meinte Emma mitfühlend. »Du bist doch noch jung.«

Titus lächelte traurig. »Ich bin schon über zweihundert Jahre alt.«

»Was?«, fragte Emma verwirrt. »Aber du-«

»Wir Geflügelte werden deutlich älter als ihr Menschen. Mit zweihundert Jahren ist man bei uns kaum ein Küken. Die meisten Wesen werden sehr alt. Miragel muss schon fast tausend Jahre alt sein - oder sogar noch älter. Der Zweitälteste auf der Morgenwind ist wahrscheinlich Rasputin. Dämonen können sehr lange leben, sofern sie sich nicht gegenseitig verschlingen. Sie prahlen auch gern mit ihrem Alter. Selbst Anoushka muss schon über hundert Jahre alt sein.« Er runzelte die Stirn. »Ich würde sie aber besser nicht nach ihrem Alter fragen.«

Emma schmunzelte, wurde aber schnell wieder ernst. Sie wusste, dass sie Titus noch eine wichtige Frage stellen musste. Eine Frage, die er vielleicht nicht mögen würde. »Titus ...«, begann sie vorsichtig. »Dein Volk, die Geflügelten, sind das die Geflügelten aus der Legende vom König aller Welten

Einige Sekunden lang sagte Titus nichts, sondern fuhr mit der Hand über sein Gefieder, bis es völlig glatt lag und jede Feder korrekt ausgerichtet war. »Ich weiß es nicht«, murmelte er dann. »Wahrscheinlich.«

»Macht dir das Angst?«, fragte Emma.

Titus nickte. »Ich glaube schon.« Trotzig fügte er hinzu: »Aber ich bin nicht wie die aus der Legende.«

»Nein«, bestätigte Emma. »Du gehörst zur Morgenwind.«

Der junge Geflügelte presste die Lippen zusammen und nickte noch einmal.

Emma konnte nicht verhindern, dass sein Anblick mütterliche Gefühle in ihr weckte. Darüber hinaus tat er ihr furchtbar leid. Es musste schlimm sein, von der eigenen Familie zurückgelassen zu werden, nur, weil man nicht den Vorstellungen eines Sohnes entsprach, ein paar Finger zu viel und ein paar Schwingen zu wenig hatte.


*


Als am Mittag Laurent und Joseph von ihrer Suchaktion zurückkehrten, waren die Laternen bereits lange fertig gebastelt und die Kinder in eine emotionale Diskussion vertieft. Es ging darum, zu entscheiden, wer der stärkere Kämpfer wäre: Herr Kilian oder der Einsame Emiel, das berüchtigte Phantom der Morgenwind.

»Ich habe gehört, der Einsame Emiel kann Stahl mit seinem Blick schmelzen«, sagte Jonas und imitierte einen Strahl, der aus seinem linken Augen zischte. Seine Schwanzflosse bewegte sich im Wasser des kleinen Beckens unruhig hin und her. Mit den Ellenbogen stützte er sich auf die Schreibtischplatte, die am Beckenrand festgemacht war. »Deswegen muss er auch stets eine Maske tragen.«

»Ich habe gehört, Herr Kilian hätte mal einen Bären im Faustkampf besiegt«, erwiderte Penny, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Baron zu verteidigen.

»Aber der Einsame Emiel kann im Dunkeln sehen wie ein Wolf«, ereiferte sich Jonas.

»Herr Kilian hat mit einem Drachen gekämpft«, rief Penny aufgebracht. Sie nahm die ganze Sache ziemlich persönlich.

»Das hat er wirklich«, bemerkte Titus, während er ihren Laternen den letzten Schliff verlieh. Er schien ein Händchen für diese Arbeit zu haben, auch wenn er im Schloss bloß als Knappe und Laufbursche schuftete.

»Ach ja?«, fragte Emma neugierig.

Titus nickte. »Es ist schon ein paar Jahre her, da wurden wir von einem Drachen angegriffen. Miragel meinte, der Drache müsse aus einer der anderen Welten gekommen sein, aber so genau wissen wir das bis heute noch nicht.«

»Und Kilian hat mit ihm gekämpft?«

»Er war ganz wild darauf«, erwiderte Titus. »Sein Vater wollte ihn aufhalten, aber er hat sich einfach aufs Pferd geschwungen und-« Er hielt mitten im Satz inne und lauschte.

Im nächsten Moment wurde die Tür geöffnet und Joseph schleppte einen ziemlich erschöpft aussehenden Laurent ins Klassenzimmer. Sofort beendeten die Kinder ihren sinnlosen Streit. Während die beiden Mädchen ihre Väter umringten, ließ sich Jonas tiefer ins Wasser sinken, bis nur noch seine meergrünen Augen und sein brauner Haarschopf zu sehen waren.

Inzwischen wusste Emma, dass die Kinder allesamt Angehörige verloren hatten. Bei Penny war es ihre Mutter Olivia, die Schlossköchin, die vor einem knappen Jahr über die Klippe gestürzt war. Finka hatte ihre Schwester Minka verloren und Jonas seinen Vater Ulyf. In Ermangelung anderer Angehöriger hatten Laurent und Joseph sich bereit erklärt, die Kinder bei sich aufzunehmen. Jonas war der neuste Familienzuwachs und hatte sich offenbar noch nicht ganz mit der Situation abgefunden.

Beim Anblick der Kinder schien die Müdigkeit von Laurent abzufallen. Er ging in die Hocke, um sie zu begrüßen. Derweil verschwand Joseph im oberen Stockwerk, um seinem Gefährten etwas zum Anziehen zu bringen. Nachdem Laurent seinen Morgenmantel gegen Hose, Hemd und Weste getauscht hatte, setzte er sich zu den Mädchen und ließ sich von ihnen jedes Detail ihres erlebnisreichen Vormittags erzählen.

Joseph nutzte die Gelegenheit und fragte Jonas, ob er mit ihm schwimmen wollte. Jonas überwand seine Zurückhaltung und stimmte zu. Mit einem knappen Handzeichen gab Joseph Titus und Emma zu verstehen, dass sie ihn aus dem Haus begleiten sollten.


*


»Vielen Dank dafür, dass ihr auf die Kinder aufgepasst habt«, sagte Joseph, während sie dem Fluss Richtung Regenfurt folgten. Jonas glitt neben ihnen her, tauchte immer wieder unter und sammelte kleine Steine vom Grund des Flusses auf.

»Das ist doch selbstverständlich«, meinte Emma. »Nicht wahr, Titus?«

Titus nickte zustimmend.

»Habt ihr den Megamon denn gefunden?«, fragte Emma.

Joseph fuhr sich mit einer Hand durch die krausen Haare. »Nein. Aber dafür etwas Anderes.« Sein Tonfall sagte Emma, dass er keine guten Neuigkeiten hatte. »Ach, ihr werdet es ja sowieso erfahren«, seufzte er. »Wir haben den Leuchtenden wiedergefunden.«

»Das ist ja prima«, bemerkte Titus.

»Wo habt ihr ihn gefunden?«, wollte Emma wissen.

Joseph seufzte noch einmal. »Im Haus von Savannah und Rasputin.«

»Aber das ist doch Blödsinn! Weder Savannah noch Rasputin hätten den Leuchtenden nehmen können!«, rief Emma empört.

»Ich weiß«, sagte Joseph rasch. »Laurent und Hilde wissen das auch, aber viele Wesen und Menschen auf der Morgenwind fürchten sich insgeheim vor Rasputin.«

Das konnte Emma nur zu gut nachvollziehen. Trotzdem war es nicht fair, ihn einer Tat zu bezichtigen, die er nicht begangen haben konnte.

»Außerdem weiß niemand außer uns, dass sich ein Megamon in die Stadt geschlichen hat«, fuhr Joseph fort. Sein Blick suchte Jonas, der neben ihnen durchs Wasser glitt. Da Joseph aufgrund seines Hörschadens recht laut redete, konnten sie wohl davon ausgehen, dass der Junge ihre Unterhaltung belauschte.

»Das heißt, sie verdächtigen Rasputin, weil er ein Dämon ist«, schloss Emma. Spöttisch fügte sie hinzu: »Und ich dachte, auf der Morgenwind wären alle gleich.«

Josephs Mundwinkel zuckten. »Ja, so heißt es«, murmelte er. »Aber genau wie auf der unteren Welt bedienen sich die Menschen und Wesen auf der Morgenwind alter Vorurteile, wenn die Zeiten schlechter werden.« Er nahm seine dunkle Brille ab und säuberte sie mit dem Ärmel seiner Jacke. »Glaub mir, ich weiß, was das bedeutet.«

»Weil ...« Emma wusste nicht, wie sie es sagen sollte. Sie wollte sich nicht schon wieder in ein Fettnäpfchen treten. »Weil du schwarz bist?«

»Schwarz, schwul und aufgewachsen in Jackson, Mississippi«, erwiderte Joseph mit einer Offenheit, die sie ihm gar nicht zugetraut hätte.

»Das war bestimmt kein Spaß«, vermutete Emma.

»Nein«, erwiderte Joseph. »Aber ich habe meine Heimat immer geliebt. Deswegen bin ich auch zur Navy gegangen.« Er verlangsamte seine Schritte. »Das war keine leichte Zeit. Ich war erst in Somalia, dann in Afghanistan. Dort wurde meine Einheit dann vor etwas mehr als sieben Jahren von einem heftigen Gewitter überrascht. Es geschah ganz plötzlich, aus einem beinahe wolkenlosen Himmel heraus.« Bei der Erinnerung daran wanderte ein Schatten über sein Gesicht. »Ich wurde von einem Blitz getroffen - und als ich wieder zu mir kam, befand ich mich auf der Morgenwind.«

»Und dann hast du Laurent kennengelernt und entschieden zu bleiben?«

Joseph nickte. »Genau so war es.«

»Liebe auf den ersten Blick?« Emma konnte nicht verhindern, dass sich ein etwas dümmliches Lächeln auf ihre Lippen schlich. Auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ, war sie tief in ihrem Innern hoffnungslos romantisch.

»So kann man es ausdrücken«, sagte Joseph.

»Hast du deine Entscheidung je bereut?«, fragte Emma. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie Jonas seine Schwanzflosse ins Wasser klatschen ließ, um Titus nass zu spritzen. Der Geflügelte floh vor dem kühlen Nass als wäre es Gift.

»Die Frage ist nicht leicht zu beantworten«, erwiderte Joseph nachdenklich und drehte seine Brille zwischen den Fingern. »Ich habe es nie bereut, Laurent kennengelernt zu haben. Und auch unsere gemeinsame Zeit würde ich gegen Nichts auf der Welt eintauschen wollen. Trotzdem kommt es vor, dass ich mein Zuhause und meine Familie vermisse.« Sein Blick wanderte in den wolkenverhangenen Himmel. »Es ist nie leicht, ein Leben zurückzulassen und von vorne anzufangen, aber ich bin mir sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.«

»Joseph!«, rief Jonas. Er klang ungeduldig.

Titus hatte sich ein paar Schritte entfernt und schüttelte sein Gefieder. »Ich hasse es«, ächzte er. »Das wird nie wieder trocknen.«

Emma folgte Joseph an den Rand des Flusses. Dort befand sich ein mit Wasser gefüllter Tunnel, der unter die Erde führte. Eine kleine Mauer grenzte ihn vom Rest des Flusses ab. Jonas kletterte auf das Mäuerchen. »Ich will zum See«, drängelte er.

Joseph nickte. »Alles klar, Partner.« Er zog seine Jacke aus und warf sie ins Gras.

»Was hast du vor?«, fragte Emma verwundert.

»Auf der Morgenwind sind alle Gewässer durch Tunnel miteinander verbunden«, erklärte Titus, während Joseph zu seinem Adoptivsohn ins Wasser glitt. »Keine Sorge«, ergänzte er und unterstrich die Worte mit einer beruhigenden Geste. »Ich bin ein Navy SEAL. Wasser ist mein Element.«

Jonas grinste und schwang sich über die Mauer. Die Strömung saugte ihn in den Tunnel. Joseph folgte ihm. Emma starrte ungläubig auf die dunkle Öffnung, durch die Vater und Sohn verschwunden waren. »Wohin führt der Tunnel?«, brachte sie hervor.

»Zum Tränensee«, antwortete Titus.

»Und wird er das überleben?«

Titus rollte mit den Augen. »Natürlich. Die beiden schwimmen fast täglich im See.«

Emma brauchte noch eine Weile, um diese neuen Informationen zu verarbeiten. Ihr letzter Schwimmbadbesuch lag bereits Jahre zurück. Normalerweise ließ sie sich am Strand bloß die Sonne ins Gesicht knallen und kühlte sich dann im niedrigen Wasser ab. Richtig geschwommen war sie schon sehr lange nicht mehr. Sie hätte in den unterirdischen Tunneln und ihren Strömungen vermutlich keine zwei Minuten überlebt. Doch anscheinend gab es auch Menschen, die über Superkräfte verfügten.

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