~Kapitel 3~

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Die Menschen hier drin begannen davon zu erzählen, wie es ihnen heute ging und was sie am Wochenende gemacht hatten.

Einigen konnte man überhaupt nicht anmerken, wieso sie hier waren, andere begannen bereits jetzt fast zu weinen, weil das Leben für sie schrecklich ist.

Und wieder Andere weigerten sich überhaupt Irgendwas zu sagen.

Ich will nicht behaupten, dass es mich nicht interessiert wovon sie sprechen, nur wusste ich nicht ob es mir wirklich helfen würde, hier zu sitzen und mich von den Problemen Anderer noch mehr runterziehen zu lassen.

Doch als schließlich Grace dran war, richtete ich mich ein wenig auf und lies das Mädchen nicht aus den Augen.

Ich musste wissen, wie es ihr ging, wieso sie hier war, ich wollte einfach Alles von ihr wissen.

Ich konnte diese Spannung, die Anziehung quer durch den Raum spüren.

Nie zuvor fühlte ich mich so zu einer Frau hingezogen, schon gar nicht von einer wildfremden.

Und trotzdem spürte ich mein Herz rasen, wie meine Hände schwitzig wurden und ich zugegeben unangebrachte Bilder im Kopf hatte.

"Wie geht es dir und Alex heute?" wollte der Typ wissen und ich kniff die Augenbrauen zusammen.

Alex? Hat sie einen Freund?
Oder ist sie schwanger? Hat sie ein Kind?
Hab ich keine Chancen bei ihr?

Reiß dich zusammen, Shawn.
Hier geht es nicht um dich und deine Triebe, sondern darum dass es diesem perfekten Mädchen scheinbar nicht gut geht.

"Oh.. ähm.. uns geht es, wie immer schätze ich." antwortete sie und allein durch den Klang ihrer Stimme bekam ich Gänsehaut.
Sie klang so sanft und ruhig.

Sie versuchte leicht zu lächeln, doch es erreichte ihre Augen nicht.

Es war ein gefaktes Lächeln, damit kenne ich mich definitiv aus.

"Möchtest du uns erzählen, wieso du zu spät gekommen bist?"

Grace sah den Betreuer überfordert an, bevor sie auf den Boden vor sich starrte und am Saum ihres Kleides rumspielte.

"Ich hab einfach nur verschlafen." behauptete sie, doch so ganz ehrlich klangen ihre Worte dabei nicht.

"Okay, würdest du am Ende noch kurz zu mir kommen?" fragte er an sie gerichtet und Grace nickte stumm.

Wieso bin ich überhaupt so neugierig?

Ich bin hier, um mich auf meine Gesundheit zu konzentrieren, damit ich so schnell wie möglich die Shows nachholen kann, nicht um mich an irgendein Mädchen ranzumachen.

Als Jeder etwas über seinen aktuellen Gefühlszustand erzählt hatte, war die Zeit schon fast zu Ende, weshalb der Betreuer die Einheit beendete und die Meisten direkt den Raum verließen.

"Shawn, hast du noch einen Moment?" fragte er mich, woraufhin ich nickte und zu ihm rüber lief.

Grace saß noch immer auf ihrem Stuhl, während alle Anderen den Raum verließen.

Sie beobachtete uns Zwei und durch den Blick ihrer unglaublich blauen Augen, konnte ich mich auf nichts Anderes konzentrieren.

"Ich hoffe du wirst dich schnell hier einleben, ich habe schließlich mitbekommen, dass du nicht gerne hier bist.
Wir werden aber Fortschritte machen, das verspreche ich dir, du musst dich nur darauf einlassen, okay?" fragte er und dieses ganze pädagogische, vorsichtige Gerede geht mir jetzt schon auf die Nerven.

Er sprach mit mir, als wäre ich ein Kind, dabei ist er vermutlich nur ein paar Jahre älter als ich und gefühlt ein halben Meter kleiner.

"Klar." antwortete ich trotzdem.

Je schneller ich hier Fortschritte mache, desto schneller heißt es wieder Tourleben für mich.

"Schön, Grace kommst du bitte zu uns?" rief er dem Mädchen zu, die daraufhin zu uns lief.

Sie sah so normal aus und trotzdem muss es einen Grund für sie geben, hier zu sein.

"Ich habe mir gedacht, du könntest Shawn ein bisschen rumführen, angesichts der Umstände." sagte er und lächelte überfreundlich, welches Grace jedoch nicht erwiderte.

"Natürlich." antwortete sie schlicht.

"Na dann, komm mal mit." sagte sie an mich gerichtet und sah mir kurz in die Augen, weshalb ich direkt wieder aus der Fassung geworfen wurde.

Sie begann zu laufen, doch wartete an der Tür, als sie merkte, dass ich ihr nicht folgte.

Peinlich berührt blinzelte ich ein paar Mal und folgte ihr schließlich doch.

Du bist komplett peinlich, Alter.

~Grace~

Beinahe hätte ich es nicht mehr ausgehalten, wieso hat er mich die ganze Zeit so angesehen?
Sieht man mir etwa an, dass ich verrückt bin?
Was ist nur sein Problem?

Und jetzt steht er da, wie bestellt und nicht abgeholt, anstatt mir zu folgen.

Findet er mich so abstoßend, dass er nicht von mir rumgeführt werden möchte?

Blöder Superstar, hält sich vermutlich für etwas Besseres und möchte ein Empfangskomitee.

Ich verdrehte die Augen und wartete, bis er sich doch endlich dazu entschloss mir zu folgen.

"Okay.. hier vorne.." begann ich und lief den Gang entlang, bog um die Ecke nach links und sah in die große Cafeteria, die von hohen Glasfenstern umgeben war, man konnte also vom Gang aus hinein sehen.

Allgemein ist hier fast Alles ziemlich transparent, um die Patienten.. Bewohner im Auge behalten zu können.

"Ist die Cafeteria, hier gibt es um 8, 12 und 18 Uhr essen. Am Anfang herrscht für Jeden Anwesenheitspflicht, jeder muss etwas Essen und nach dem Essen noch mindestens eine halbe Stunde sitzen bleiben." erklärte ich und er nickte verwirrt.

"Wieso?"

"Solange man noch nicht an einer Sonde hängt, wollen die Betreuer so sicher gehen, dass Jeder etwas isst und sich nicht in den Tod hungert.
Außerdem muss man sitzen bleiben, damit der Körper so viele Nährstoff wie möglich zu sich nimmt, bevor man zurück ins Zimmer geht und Alles wieder auskotzt.
Sie beobachten dich und wenn du ein normales Essverhältnis hast, musst du nicht mehr erscheinen. " ich zuckte mit den Schultern.

Natürlich wirkt das nach außen komisch, doch für mich ist das mittlerweile Alltag geworden.

"Ich bezweifel zwar, dass das bei dir der Fall ist, aber so sind eben die Regeln." sagte ich und versuchte etwas freundlicher zu klingen.

Schließlich kann er auch nichts dafür, dass mein Tag schon beschissen angefangen hatte.

"Nein, schon okay. Ich versteh das." antwortete er und ich zog eine Augenbraue hoch.

Wow, ich hatte nicht gedacht, dass er so kooperativ sein würde.
Um ehrlich zu sein dachte ich, er würde eine Szene machen.

"Gut, dann gehen wir weiter." ich zwängte mir ein Lächeln auf und ging den Gang weiter entlang, bis wir im Eingangsbereich ankamen.

"Übrigens.. ich hab mich noch gar nicht vorgestellt." begann er plötzlich, als er neben mir zum Stehen kam.

"Ich bin.." schnell unterbrach ich ihn.

"Shawn Mendes. Schon klar, ich wohne in einer Psychiatrie, nicht auf dem Mond." sagte ich und sah hoch zu ihm.
Er ist um Einiges größer als ich.

Sein Blick war verwirrt, doch ich ergriff einfach die Hand, die er mir hingehalten hatte und schüttelte diese.

"Ich bin Grace." sagte ich und lies seine Hand wieder los.

Noch immer musterte er mich fasziniert.

Was erwartet er? Natürlich bin ich verrückt.

Hat er sich mal umgesehen?
Wir sind alle verrückt.

S.M.|| Cold In California - Shawn Mendes FanfictionWhere stories live. Discover now