DREIUNDDREIßIG

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Ich hatte gedacht mit diesen Drei magischen Wörtern, hätte ich alles überstürzt, aber warum hätte ich noch länger warten sollen.
Laut Einstein war die Zeit sowieso relativ. Warum nicht jetzt, wenn gerade alles so gut passt, warum lange warten, wenn der Moment perfekt ist.

Mit diesem Hintergedanken kroch ich, glücklich zurück in Julian's warmes Bett, wo ich in seine starken Arme gezogen wurde. Aneinander gekuschelt waren wir wohl noch ein mal eingeschlafen.

Ein leckerer Duft holte mich aus meinen Träumen. Nur das platt gedrückte Kissen und die Bettdecke erinnerten mich daran, dass Julian bis vor kurzem noch dort gelegen haben musste.
Verträumt tapste ich aus Julian's Schlafzimmer und hatte Mühe, nicht die steile Wendeltreppe hinunter zu fliegen.
Der übliche Kater war, meines Erschreckens, ausgeblieben. Vielleicht hilft nächtlicher Sport ja dagegen.

Grinsend beobachtete ich Julian, der, nur in Boxershorts bekleidet, am Herd hantierte.
Langsam näherte ich mich ihm und schloss meine Arme um seinen Bauch.

"Woah Alessia. Erschreck mich nicht so" quietschte er und gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn.

"Was wird das wenn's fertig ist?" fragte ich lachend und deutete auf das halb-verkokelte etwas in der Pfanne.

"Pfannkuchen" murrte der Blonde, als er das verbrannte Stück herauskratzte.

"Warum musst du mich auch immer ablenken" mit einem Grinsen im Gesicht löste ich mich aus seinen Fängen.

"Schon gut" abwehrend hob ich die Hände in die Luft "Dann decke ich schonmal den Tisch"

In meiner Abwesenheit gelangen Julian sogar noch einige Pfannkuchen, die wir danach verspeisten.

"Wann fährt ihr?" fragte er, nachdem wir die Teller in die Spüle gestellt hatten.

"Gegen Fünf, glaub ich" um nach der Uhrzeit zu sehen kramte ich mein Handy hervor.

"Zehn nach Eins" kam es von Jule, bevor ich überhaupt das Handy angeschaltet hatte.

"Danke" anerkennend nickte ich ihm zu, woraufhin wir in ein lautes Lachen verfielen.

"Sag mal wo sind eigentlich Jannis und Nala" fragte ich, nachdem wir uns beruhigt hatten.

"Jannis ist gestern nach Bremen gefahren und hat Nala direkt mitgenommen. Ich komme heute Abend nach"

"Oh okay, wolltest du nicht direkt mit?" hinterfragte ich.

"Nicht wenn ich den Tag mit einem wunderschönen Mädchen verbringen kann" seine Augen strahlten mich an, während unsere Münder sich näherten.

"Wenn das so ist" mit diesen Worten drückten sich unsere Lippen gegeneinander.
Was harmlos anfing, artete in einer heftigen Knutscherei aus, aus der wir uns, wegen Luftmangels lösen mussten.

"Also, was machen wir zwei hübschen noch?" wackelte Julian mit den Augenbrauen. 

Der Fußballer höchstpersönlich hatte es geschafft, mich zu überreden mit ihm ein Videospiel zu spielen.
Ich hatte ihm schon im Voraus, tausendfach, erklärt, dass ich für so was nicht gemacht wurde.
Aber er meinte es sei gar nicht so schwer.

Schon nach der Zweiten Runde hatten wir das ganze abgebrochen und entschieden uns lieber für einen Film.

"Ich hätte gedacht du würdest dich wenigstens ein bisschen anstrengen" murmelte Julian in meinen Haaransatz, als wir gerade den Abspann sahen.

Empört griff ich nach dem Kissen neben mir und schlug es dem Größeren, mit einer geschickten Bewegung, mitten ins Gesicht.

"Lass mich." gespielt beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust und drehte mich um.
Da ich mich abgewendet hatte, verpasste ich, wie sich Julian aufrichtete und sich plötzlich mit aller Macht auf mich plumpsen ließ.
Sein Gewicht presste mich mit voller Wucht in das große Sofa.

"Julian" kam es als erstickter Schrei aus meiner Lunge.

Mit einer geschickten Drehung wendete er uns um 180°, so dass ich oben lag. Erleichtert atmete ich aus und bemerkte erst im hinterher, wie Julian anfing vor sich her zu glucksen.

"Mach. Das. Nie. Wieder." Hinter jedem Wort setzte ich ihm einen schlag auf die Brust.

Der Fußballer schloss seine Arme um mich und zwang mich so in eine liegende Position. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, während ich auf seinem Bauch lag.

Das gleichmäßige Atmen entspannte mich und beruhigt lauschte ich seinen Herzschlägen.

"Ich will dich nicht gehen lassen" flüsterte Julian und strich eine Strähne hinter mein Ohr.

"Ich dich auch nicht Julian. Aber es sind nur Sechs Tage" murmelte ich an seine Brust.

"Und eine Woche später bin ich vielleicht schon über alle Berge" seufzte er.

"Lass uns daran gar nicht erst denken."

Noch eine Weile blieben wir so liegen, doch mussten wir uns schon bald verabschieden.

Wenn dieser Abschied schon schmerzte, wie würde es dann wohl werden, wenn er wirklich weg ist?

"Wenn du wieder da bist muss ich mich ziemlich bald entscheiden, das weißt du oder?" fragte er verunsichert.
Mit einem Kopfnicken bejahte ich.
"Ich werde dir von Barcelona erzählen"

Nach einem viel zu kurzen Kuss stieg ich in mein Auto und machte mich auf den Heimweg.

Es war schon ein wenig irre, dass wir schon so großes geplant hatten, ohne, dass ich überhaupt mit meinen Eltern darüber geredet habe.
Ich war angespannt, wie sie reagieren würden.

Um Punkt Fünf stand Elisa vor meiner Tür. Gemeinsam schafften wir meinen Koffer zum Auto und machten uns anschließend auf den direkten Weg in die Heimat.
Gesprächsbedarf hatten wir glaube ich genug.

"Ich habe übrigens Neuigkeiten" verkündete sie mir schließlich.

Interessiert musterte ich meine beste Freundin, ihre Miene war leicht traurig. "Johannes wurde versetzt. Nach Nürnberg. Und ich werde ich begleiten." presste sie hervor.

"Wie? Wo? Was? Wann?" sprudelte es aus mir heraus. Geschockt blickte ich sie an.

"Erst in einem halben Jahr. Und wenn du weg bist, dann habe ich sowieso niemanden mehr in Köln. Johannes und ich-" sie stockte "Wir lieben uns. Wirklich. Er war das, nach dem ich immer gesucht habe. Ich werde mit ihm zusammen nach Nürnberg ziehen" den letzten Satz brachte sie mit einem Grinsen und Selbstsicherheit hervor.

Es entstand eine kurze Stille im Auto.
"Das ist toll, das freut mich wirklich für dich. Aber wie soll ich nur ohne dich überleben."

Die Ruhe kehrte ein. Nur das leise Radio war noch zu hören. Jeder ging seinen Gedanken nach.
Ich hatte ehrlich gesagt noch gar nicht darüber nachgedacht, dass sich unsere Wege trennen werden. Nach fast 14 Jahren. Wir waren noch nie länger als 14 Tage voneinander getrennt.
Ganz zu schweigen von meiner Familie wird mir dieser Abschied sicherlich mit am schwersten Fallen.

"Sag mal wie ist es denn noch so zwischen euch gelaufen?" grinste sie mich an.
Woraufhin ich ihr alles erzählte. Die Details blieben ihr natürlich erspart.

"Also seid ihr jetzt zusammen?"

Überfragt zuckte ich mit den Schultern "Denke nicht, er hat noch nichts derartiges gefragt"

"Ach das wird schon noch kommen" tätschelte Elisa meine Schulter.

Erst um halb Neun erreichten wir Stuttgart. Elisa ließ mich vor unserem Haus aussteigen und fuhr dann selber nach Hause.
Wir beide hatten noch schwere Gespräche mit unseren Eltern bevorstehen.
Und so wie wir es früher immer getan hatten, tauschten wir auch heute unsere Armbänder. Um dem jeweils anderen in seiner Situation zu unterstützen und ihm Kraft zu geben.

Nobody compares to you   -Julian BrandtWhere stories live. Discover now