|VIERZEHN|

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"Weißt du was ich schon immer mal tun wollte?" fragte ich Julian, während er mich wartend ansah.

"Im Regen tanzen" flüsterte ich.

Etwas blitzte in seinen Augen auf, "Na dann los" wisperte er zurück und drückte meine Hand, um mich näher an sich zu ziehen. Seine andere Hand wanderte zu meiner Taille, während die, die sowieso schon meine Hand hielt, nach oben ging.
Ich führte meine Hand an seinen unteren Rücken und drückte mich näher an seinen warmen Oberkörper, zwischen uns hätte kein Blatt mehr gepasst.
Wir bewegten uns erst langsam, wurden dann aber untereinander sicherer.
Es war verrückt ohne Musik zu tanzen, es war fast schon so, als ob uns der Regen den Takt vorgab. Mindestens genauso unkontrolliert wirbelte Julian mich durch die Gegend. Je lauter das geprassle des Regens wurde, desto mehr vertrauen legte sich zwischen mich und Julian. Ich gab mich ihm völlig hin und er führte unseren unkontrolierten Tanz an, bis ich mich ihm, total erschöpft in die Arme fallen ließ.
Völlig außer Atem standen wir da, einander in den Armen liegend, mein Herz raste und auch Julian's Herz spürte ich durch unsere durchnässte Kleidung hindurch.
"Danke" wisperte ich.

"Es war mir eine Ehre" flüsterte Julian mit seiner rauen Stimme, die mir eine Gänsehaut über den Rücken wandern ließ.

Seine Finger schoben sich sanft unter mein Kinn und hoben es an, so, dass ich im direkt in die Augen sah.
Sein Geischt zierte ein lächeln, wobei an seiner Wange kleine Grübchen entstanden, über seine Stirn kullerte ein Regentropfen, den ich mit meinem Daumen weg wischte.
Unsere unkontollierten Atemstöße prallten aufeinander.
Julian beugte sich langsam zu mir hinunter, meine Herzschläge verschnellerten sich.

"Du hast nicht die geringste Ahnung, was du mit mir anstellst" klang seine Stimme, leise, rau und geheimnisvoll durch die kalte Nachtluft.
Langsam führte er meine Hand zu seiner Brust, die sich unregelmäßig hob und senkte.
Sein Herz konnte mit meinem um die Wette rasen.
Ein Lächeln zierte meine Lippen, da ich mir endlich sicher sein konnte, dass ich den gleichen Einfluss auf ihn hatte, wie er auf mich.

Julian's Gesicht kam meinem näher, sein heißer Atem traf auf meinen, als ich den letzten Abstand überbrückte und sich unsere Lippen endlich vereinten.
In meinem Bauch fand eine ganze Gefühlsexplosion statt, meine Hand wanderte zu seinem Rücken, um mich noch näher, als sowieso schon, zu ihm zu ziehen.
Er war so sanft, dass sich erneut eine Gänsehaut auf meinem Rücken ausbreitete, während meine Fingerkuppen, die an Julian's Halsbeuge verweilten, förmlich brannten.
Unsere Lippen bewegten sich miteinander, der Regen setzte wieder zu, aber das war uns egal. Es war fast schon so, als ob uns der Regen mit seinem geprassel zu jubeln würde.
Gerade zählten einfach nur wir.

Bis wir aufgrund eines Knalles auseinaderschreckten, kurze Zeit später erstreckte sich ein Blitz über den Himmel. Julian schaute mich ängstlich an,
"Hast du etwa Angst vor Gewittern?" wollte ich ihn necken.

"Eigentlich nicht, aber es scheint gefährlich nahe zu sein und ich will nicht, dass dir was passiert" mir wurde ganz warm ums Herz, ich schenkte Julian ein ehrliches Lächeln und schnappte mir seine Hand.
"Du hast recht, lass uns zurück laufen"

Der Regen schien immer stärker zu werden, weshalb der große Blonde schon nach einigen Metern die Jacke auszog, die er im Auto liegen hatte, und als Regenschutz über uns hielt.
Da er beide Hände benötigte, schlang ich meine Arme um seine Taille und verschränkte sie vor seinem Bauch.

Einander wärme spendend, liefen wir durch die Kölner Innenstadt zurück zu seinem Auto.
Immer wieder fing einer von uns an zu kichern, einfach weil die Situation so eigenartig war.
Als Julian endlich das Auto aufschloss, waren wir beide tropfnass, aber Julian ließ sich trotzdem auf das teure Leder fallen, weshalb ich mich auch auf den Beifahrersitz setzte.
Unsere Blicke trafen sich über der Mittelkonsole, seine Augen blitzen verdächtig auf und ich dachte so etwas wie Verlangen darin erkennen zu können.
Erschöpft lächelnd wandte ich mich wieder von ihm ab.
Ich war gerade einfach viel zu müde und verwirrt über meine Gefühle.
Man konnte es niemals verliebt nennen, dafür kannten wir uns noch viel zu kurz.
Andererseits hatte ich schon immer an Liebe auf den ersten Blick geglaubt.

Ich bemerkte in Gedanken versunken gar nicht, wie meine Zähne zu klappern begonnen hatten, die kalte Kleidung klebte an meinem Körper und obwohl Julian die Heizung angestellt hatte, erfasste mich die Kälte.
Als wir an einer Ampel standen drehte er sich nach hinten und kramte vom Rücksitz den roten Pulli hervor.
"Hier, nicht, dass du noch erfrierst" er warf ihn mir in den Schoß und ich zog ihn mir dankend über.

Im Radio lief gerade das Lied 'Irgendwie anders' und irgendwie beschrieb der Text genau meine Situation, seit Justin war es mit noch niemandem so wie mit Julian und das machte mir seltsamerweise Angst, Schmetterlinge im Bauch kannte ich schon, aber vorhin ist fast ein ganzer Zoo in mir ausgebrochen.
Versunken in meinen Gedanken merkte ich nicht wie wir schon vor meiner Haustür hielten.

Ich wollte noch nicht gehen.

Der Leverkusener schaltete den Motor aus.
"Danke für den tollen Tag, so viel-" er drehte seinen Kopf zu mir, "Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß" vollendete er seinen Satz.

"Ich muss dir danken, es war ein wunderschöner Tag, es war-" ich dachte nach, "Perfekt" beendete Julian meinen Satz, woraufhin ich langsam nickte.

"Also dann" ich wollte gerade den Pulli wieder ausziehen, doch seine Hand stoppte meine.
"Lass ihn einfach an-" er schmunzelte
"Dann hab ich wenigstens wieder einen Grund, dich nach einem weiteren Date zu fragen."

Das Lächeln auf meinen Lippen war wie fest getackert, ich bedankte mich nochmal bei ihm. Wie gerne hätte ich den Blonden nocheinmal in die Arme schließen und ihn küssen wollen, aber irgendetwas hielt mich davon ab. Vielleicht war es einfach noch zu früh.

"Tschüss" flüsterte ich in die Dunkelheit und stieg aus.

"Bis bald" kam es noch von ihm zurück, bevor ich die Tür schloss.

Julian schaltete den Motor erst wieder an, als ich längst im Haus verschwunden war.
Verträumt öffnete ich die Tür meiner Wohnung und zog mir zuerst was trockenes an, danach plumpste ich in mein Bett und wählte Elisas Nummer.
Einfach auf gut Glück, denn ich erwartete nicht, dass sie um 12 Uhr noch wach war.
Doch sie ging tatsächlich ran.
Wir unterhielten uns kurz über dies und das, bis wir auf den heutigen Tag zu sprechen kamen.

20 Minuten später hatte meine beste Freundin sogar die kleinsten Details aus mir herausgequetscht bekommen.
Ich erzählte ihr einfach alles so, wie ich es gefühlt hatte und sie kam zum Schluss, dass ich ganz heftig auf ihn stand und damit konnte ich mich, zu meinem Erstaunen sogar abfinden.

"Wir sehen uns dann am Montag, Gute Nacht du olle, grüß deine Eltern von mir und schau mal ob meine noch leben." lachte Elisa ins Telefon.

"Mach ich, Schlaf gut und bis dann" sagte ich kopfschüttelnd über den Humor meiner Freundin.
Wir hatten uns für Montagabend verabredet, nachdem ich wieder aus Stuttgart zurück war.

Bevor ich ins Bett ging, packte ich noch meine Tasche für morgen.
Ich fiel in einen tiefen Schlaf, in dem ich von dem heutigen Treffen träumte.
Es war beinahe unheimlich, dass  ich am nächsten morgen
mit einem Lächeln im Gesicht aufwachte.

Nobody compares to you   -Julian BrandtOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz