|ZWEI|

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Am nächsten Morgen wachte ich, meinem Wecker sei dank, pünktlich um halb Acht auf.
Meine Glieder sehnten sich nach mehr Ruhe, aber diese fiel jetzt leider weg.

Bevor ich mich umziehen wollte, ging ich in die Küche, meiner kleinen aber feinen Wohnung und nahm erst einmal meine tägliche Dosis an Nutella und Brot zu mir.
Schließlich hatte ich seit gestern Abend nichts mehr gehabt. Demnach hatte ich auch einen riesen Hunger.
Danach begab ich mich in das kleine Bad um mich fertig zu machen, an meinem Handy schaltete ich dazu Musik an und fing daraufhin an durch die Wohnung zu tanzen.

Man konnte mich zurecht einen Morgenmensch nennen. Das war schon immer so, aber woher das kam wusste ich auch nicht so genau. Meine ganze Familie bestand aus Morgenmuffeln.

Als ich zu meiner Zahnbürste greifen wollte, blieb mein Blick im Spiegel hängen, ich hatte einen kurzen Schockmoment als ich sah, dass ich nicht meine eigenen Klamotten trug.
Ich hatte doch niemand mit zu mir genommen, oder?
Nein. Ich war doch nüchtern.

Meine Augen suchten neugierig nach Indizien.
Ein roter Adidas Pulli hing an mir herunter wie ein Sack, er war groß und angenehm kuschelig.
Und dann fiel es mir wieder ein.
Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn.
"Natürlich" murmelte ich mir selbst zu. Wie konnte ich das Ende des gestrigen Abends nur vergessen. Ich erinnerte mich ausdrücklich an die funkelnden Augen, die blonden Haare "Julian", sein Name.

Hatte ich den Pulli wirklich einfach an gelassen?
Verdammt ich bin so verpeilt.
Bestimmt wollte er ihn wieder zurück, aber er war ja schon halb eingeschlafen, als ich mich verabschiedet hatte.

Da ich das Kleid ebenfalls noch anhatte, schloss ich daraus, dass ich gestern Abend schlichtweg zu faul war um mich umzuziehen.

Schnell putzte ich meine Zähne, wusch mein Gesicht und verdeckte sowohl mit Concealer meine Augenringe als auch Mascara meine Wimpern in Form brachte.
Anschließen ging ich in mein Schlafzimmer, zog mein schwarzes Jeanskleid und ein weißes T-Shirt aus dem Schrank, packte noch schnell meine Tasche und schmiss mir dann die Kleider über.
Ich packte vorsichtshalber Julian's Pulli in meine Tasche, so nach dem Motto, man weiß ja nie wann man sich wieder sieht, blöderweise nahm er fast den ganzen Platz ein.
Der Pulli war ja ziemlich groß, was natürlich kein Wunder war, wenn er auch so groß war.

Ich erwischte mich leider Gottes beim Grinsen als ich an ihn dachte, er hatte es verdammt noch mal geschafft mir innerhalb einer Stunde den Kopf zu verdrehen. Aber wie konnte er das auch nicht, alleine seine Augen hatten einen riesen Einfluss auf mich.

Naja, und dann wurde mir schlagartig bewusst, dass ich keinerlei Informationen, weder über Julian, noch über Kai hatte.
Nichtmal einen Nachnamen, Wohnort, oder sonstiges
Wieso fiel mir das denn auch jetzt erst auf?
Verdammt.

Auch wenn ich es nur ungern zugeben wollte, es würde mich echt freuen die beiden wieder zu sehen. Ich hatte wirklich nicht allzu viel Zeit mit ihnen verbracht, aber alleine die Stunde war ziemlich lustig.

Ich seufzte und beschloss das ganze Elisa zu erzählen, natürlich erst wenn sie ihren Kater ausgeschlafen hatte.
Wenn sie etwas richtig gut konnte, dann stalken. Manchmal fragte ich mich, ob es für sie nicht sinnvoll wäre eine Karriere beim FBI oder der CIA einzuschlagen.
Aber, ob sie in meinem Fall etwas tun konnte, wusste ich auch noch nicht so ganz.
Nach dem Seminar würde ich einfach mal bei ihr durchfahren.

Kacke.
Der Seminarkurs.
Wie konnte ich das denn bitte schon wieder vergessen?

Zehn nach Acht zeigte mir die Uhr, an der Wand, an.
Ich benötigte mindestens 15 Minuten bis zu Uni, also schnappte ich mir mein Schlüssel und meine vollgepackte Tasche und sprintete zu meinem Auto.
Das könnte knapp werden.
Rasend fuhr ich über die Straßen Kölns und war froh, dass ich nicht allzuweit von der Uni weg wohnte. Ich konnte nur hoffen, dass ich heute Glück hatte und die Polizei nicht gerade hier unterwegs war. Denn verkehrsgerecht war, das was ich gerade tat, jedenfalls nicht.
Gottseidank war ich schon aus der Probezeit raus.

Nach gestern Nacht war ich dementsprechend müde und hatte Mühe meine Augen offen zu halten, meine tägliche Dosis Koffein musste ich wohl während des Seminars zu mir nehmen. Schließlich wollte ich den Tag noch überleben.

Wieso hatte ich mich auch so leicht überreden lassen, mitten in der Woche feiern zu gehen?
Aber ich konnte meine beste Freundin ja nicht einfach, nicht unterstützen. Dafür waren Freunde ja letztlich da.
Gerade beim Versuch ihren Exfreund eifersüchtig zu machen, hatte Elisa Unterstützung bitter nötig.
Sie hatte herausgefunden, dass er an diesem Abend in dem Club sein sollte - Ich sgate ja schon; besser als das FBI- und da Elisa nicht alleine gehen wollte, war ich gezwungenermaßen mit gekommen.

Der Plan war eigentlich, dass Eli sich einen jungen Mann suchen sollte, um ihren Ex dann eifersüchtig zu machen. Aber als sie ihn dann gesehen hatte fing sie an rum zu jammern und kippte sich ein Glas nach dem anderen runter. Wie es dann geendet hatte wissen wir ja alle.

Immerhin hatte sie heute frei, zu ihrem Glück und zu meinem Leidwesen.
Elisa arbeitete zur Zeit als Erzieherin in einem Kindergarten, das ist es was sie schon immer tun wollte. Sie liebte es schon immer sich mit Kindern zu beschäftigen und ich fand es wunderschön, dass sie das nun zu ihrem Beruf machen konnte.

Wir kannten uns schon, seit wir uns damals im Schwimmunterricht um eine Schwimmnudel geprügelt hatten.
Nachdem unsere Eltern uns gezwungen hatten uns zu entschuldigen, wurden wir tatsächlich Freunde.
Es waren wirklich die komischsten Anlässe, die Leute verbanden.

Elisa hat auf der Relaschule ihren Abschluss gemacht und während ich noch an meinem Abi saß, arbeitete sie als Überbrückung das erstemal in einer Kita.
Und nachdem ich vor fast zwei Jahren endlich mein Abi in der Tasche hatte, gingen wir zusammen nach Köln, so wie wir es immer vorhatten, weg aus unserer Heimatstadt Stuttgart und rein in ein neues Leben.

Es war nicht so, dass es uns dort nicht gefiel, ganz im Gegenteil, aber Köln war schon immer unser Trazm gewesen.

Ich studierte nun Sportwissenschaften an der Uni von Köln und war überglücklich. Ich war einfach schon immer sportverrückt gewesen und das sollte in meiner Zukunft auch so bleiben, ich lebte sozusagen meinen Traum.

Stellt sich nur noch die Frage, warum wir nicht zusammen wohnten.
Es ist eigentlich eine ganz einfache Geschichte: vor zwei Jahren war Eli noch mit einem Typen zusammen und sie wollten unbedingt zusammen ziehen, ich hatte nichts dagegen und wollte das junge Glück nicht zerstören.
Also suchte ich mir selbst eine kleine Wohnung, die ich mithilfe eines kleinen Minijobs in einem Café bezahlte.
Jedenfalls hielt ihre Beziehung nicht allzu lange, aber wir hatten trotzdem beschlossen, dass jeder für sich wohnen sollte, weil es in dem Moment so lediglich einfacher war.

Beziehungen hatte Elisa inzwischenzeit noch zwei andere, aber es war im Endeffekt irgendwie nie was ernstes.
Ich hatte tatsächlich, seit wir in Köln wohnent, keine Beziehung mit einem männlichen Wesen mehr, einfach weil ich keine Zeit dafür hatte.
Ich war im dauer Stress fürs lernen und dann auch noch der Nebenjob, der mir meine letzten Nerven raubte.
Aber ich konnte mich nicht anderweitig beschweren, ich hatte ein Dach überm Kopf, genug Essen und ein Auto, mehr als manch andere so besaßen.

Auf dem Parkplatz der Uni parkte ich endlich, nahm meine Tasche und hetzte schnellen Schrittes durch das große Tor. Tatsächlich hatte ich noch ganze Fünf Minuten und holte mir deshalb meinen heiß ersehnten Kaffe.
Kurze Zeit später machte ich es mir auf einem Stuhl im Hörsaal, so gut es ging, gemütlich und versuchte die nächsten zwei Stunden aufzupassen und mit zu schreiben.

Nobody compares to you   -Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt