EINUNDZWANZIG

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Perplex griff ich nach meinem Handy.
Ich konnte nicht glauben, was ich soeben gehört hatte.
Vielleicht war das auch eine Falschinformation.
Überrumpelt von meinen Gefühlen tippte ich Julian's Namen in die Suchleiste ein und drückte auf den Hörer.

Ich wollte einfach nur Klarheit.

Als mir jedoch die Ausmaße eines Anrufes an ihn klar wurden, hatte es schon zum zweiten Mal geklingelt.

"Scheiße, shit, shit, shit" fluchte ich und fischte mein Handy vom Tisch.
Aber noch bevor ich den Anruf beenden konnte, knisterte die Leitung.

Ich war tot.

"Hallo, Julian's Handy hier, was kann ich für dich tun?"

Ein Stein fiel mir vom Herzen als ich erkannte, dass das nicht Julian's Stimme war, sie aber als Kai's identifizierte.

"Hallo?" kam es fragend.

"Kai" stieß ich mit einem Seufzen hervor und schloss meine Augen.

"Oh Alessia, ich geb dich gleich an Julian weiter, er ist noch duschen" sagte er erfreut, aus dem Hintergrund war laute Musik und einige Stimmen zu hören.
Vermutlich waren sie am feiern.

"Nein, Stopp" rief ich in schrillem Ton.

Kai rutschte ein erschrockenes 'Woah' raus.

"Gib mich bitte nicht an Julian weiter, ich wollte nicht anrufen, ich, ich bin nur-" ich stockte.
Ja, was war ich eigentlich. Geschockt.
Enttäuscht. Traurig. Durcheinander.

"Durcheinander" schob ich hinterher.

Kai gab ein murmeln von sich und ich konnte hören, dass die Musik und Stimmen leiser wurden.

"Hör mal" kam es plötzlich von ihm.

"Jule hat mir erzählt, dass ihr euch geküsst habt, er war echt glücklich." murmelte Kai.

"Und er hat auch gesagt, dass ihr euch nocheinmal getroffen habt,
aber er hat mir nicht erzählt warum, jedenfalls ist er seitdem total in sich gekehrt, will aber auch nicht drüber reden und wenn er jetzt weggeht und dann gar niemanden mehr zum reden hat, das wird nicht gut enden.
Er stürzt sich ja jetzt schon total in den Sport.
Aufjedenfall solltet ihr, was auch immer da war, in Ordnung bringen." beendete der Fußballer seine Rede

Ein Schluchzer entwich mir. Ich hatte meine Selbstkontrolle total verloren.

"Alessia?" erschrocken rief Kai ins Telefon.
"Willst du mir davon erzählen?" fragte er nach einer Weile, in der ich verzweifelt versuchte meine Schluchzer in einem Kissen zu ersticken.

"Nicht am Telefon" brachte ich hervor, ehe mir ein Sturtzbach an Tränen entfloh.
Mit einem verheulten Schimpfwort drückte ich auf den roten Hörer und ließ mich ins Kissen sinken.

Das machte doch alles kein Sinn.
Es hat Julian nichts bedeutet, aber laut Kai's Angaben hatte es ebenfalls Wirkungen auf ihn. Und zwar keine guten.
Vielleicht sollte ich wirklich mal mit Kai reden. Denn ich wollte es nicht so enden lassen. Allein in diesen paar Tagen fehlte mir der Blonde so sehr und das obwohl er mich verletzt hatte.
Vielleicht gab es einen Ausweg aus dieser beschissenen Situation.

Meine Euphorie trübte sich jedoch wieder, als ich bemerkte, dass ich keinerlei Bezugsdaten von Kai hatte.
Erneut vergrub ich meinen Kopf im Kissen und ließ meinen Tränen freien lauf, ich glaubte noch nie so viel Tränen in so kurzer Zeit vergossen zu haben.

Ich musste eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen wieder öffnete war es schon etwas dunkler geworden. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich knapp Zwei Stunden geschlafen hatte.
Es war aber wohl nötig, da meine Kopfschmerzen glücklicherweise nur noch halb so schlimm waren.

Bevor ich Aufstand, um mir etwas zu trinken zu richten, gab ich ein tiefes Seufzen von mir. Ich griff nach meinem Handy und sah, dass ich eine neue Nachricht hatte, von einer unbekannten Nummer.
Ich entsperrte den Bildschirm und klickte auf den Chat, die Nachricht stimmte mich sofort um.

Hallo Alessia.
Ich hab mir deine Nummer von Jules Handy aus geschickt, du hast gesagt du willst das nicht am Telefon erzählen, also wann hast du Zeit.
Hier ist übrigens Kai.

Ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen, die Tatsache, dass sich Kai Gedanken um mich, naja beziehungsweise Julian, machte, war schon süß.
Umso mehr wunderte es mich, dass er gar nicht traurig oder wütend war, weil Julian nächste Saison wechseln würde.
Es würde mich ungemein interessieren, was in seinem Kopf vorging, als er davon erfuhr.

Schnell tippte ich zurück:

Hallo Kai,
Alessia hier:)
Ich habe nächste Woche Montag und Donnerstag Prüfungen und die Tage dazwischen muss ich ebenfalls in der Uni sein, aber ab Freitag hätte ich Zeit.

Ich war unglaublich froh, wenn diese Woche vorbei war, die Woche darauf würden wir die Ergebnisse der Prüfungen bekommen und dann hatte ich endlich Semesterferien.
In welchen ich mit meinen alten Freundinnen nach Barcelona fliegen würde.
Auf die Sonne und das Meer freute ich mich schon am meisten.

Schweren Herzens raffte ich mich auf um nocheinmal meine Notizen durchzugehen, denn bevor ich an Urlaub denken konnte musste ich morgen erstmal die mündliche Prüfung bestehen.

Mit einem mulmigen Gefühl ging ich schlafen und wachte morgens mit einem noch viel schlimmeren Gefühl auf. Mein Wecker würde erst in einer Stunde klingeln, aber es war unmöglich für mich jetzt nocheinmal einzuschlafen.

Ich hatte gestern noch ein längeres Telefonat mit Elisa, welche mich wenigstens ein bisschen beruhigen konnte. Außerdem hatte mir Helena geschrieben, dass ich erst Donnerstag Nachmittag wieder zum arbeiten erscheinen muss, damit ich mich besser auf das Lernen konzentrieren kann.

Vor dem Unigebäude traf ich auf Kara, ihre Prüfung war erst um 11, weshalb ich sie fragend ansah.

"Was machst du denn schon hier?"

Sie grinste "Na ich wollte dir viel Glück wünschen"

Ich zog sie strahlend in meine Arme
"Ich fühle mich geehrt, dass du für mich früher aufstehst" ich deutete einen Knicks vor ihr an, weshalb sie mir lachend gegen die Schulter boxte.

"Du sag mal, ich habe bis Donnerstag frei, wollen wir am Mittwoch was machen, zur Ablenkung?" fragte ich sie.

"Shoppen" schrie sie euphorisch.

"Na gut" murmelte ich "Und Elisa kommt auch mit".

Kara grinste über beide Ohren und schob mich dann weg von sich.

"Wir sehen uns, du musst jetzt gehen, viel Glück" rief sie und winkte.

"Danke dir auch" rief ich zurück.

Schwer atmend drückte ich die große Tür auf und suchte den Raum.
Da noch jemand vor mir da war setzte ich mich auf die Heizung und wartete.
Nach einer Weile zog ich mein Handy raus, Vier neue Nachrichten.

Zwei davon waren von Elisa und meiner Mutter, die mir viel Glück wünschten.
Die anderen waren beide von Kai.

Oh, viel Glück dann.

Ich hol dich am Freitag Abend ab, schickst du mir deine Adresse?

Kurz darauf musste ich mein Handy wegpacken, da der Prüfer die Tür öffnete, somit ließ ich die Nachricht fürs erste unbeantwortet.
Verängstigt betrat ich den Raum und ließ mich auf den Stuhl fallen.

Ab jetzt war meine ganze Aufmerksamkeit auf die Aufgaben gerichtet.

Nobody compares to you   -Julian BrandtWhere stories live. Discover now