ZWEIUNDZWANZIG

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Nicht mal 20 Minuten hatte es gedauert, bis ich alle Aufgaben beantwortet hatte. Meine Sorgen waren unbegründete, aber das war immer so. Ich hatte genug gelernt um über alle Fragen locker sprechen zu können und ich hatte ehrlich gesagt kein schlechtes Gefühl, als ich den Pfügungsraum verließ.

Am Donnerstag folgte letztendlich noch die fachpraktische Prüfung, zu der wir uns in der großen Sporthalle, neben dem Campus trafen.
Auch hierfür hatte ich schon früh angefangen zu lernen, um die besten Techniken ausführen und Punkten zu können.

Am Nachmittag telefonierte ich mit Kara, welche mir erzählte, dass auch ihre Prüfung gut verlief. Wir verabredeten uns noch auf morgen zum lernen, einfach weil es zu zweit mehr Spaß macht und weil wir uns gegenseitig letzte Tipps geben konnten.
Da ich für heute genug vom lernen hatte, beschloss ich kurzerhand endlich mal wieder ins Fitnessstudio zu gehen. Das ist in letzter Zeit viel zu kurz gekommen, aber ich hatte schlichtweg keine Zeit und zu viel Stress.
Ich packte meine Sachen zusammen und sprang voller Vorfreude ins Auto.

Bitte bleib Grün. Bitte bleib Grün.
Aber die Ampel wurde natürlich rot.
Die Trantüte vor mir quetschte sich noch über die Kreuzung, aber ich musste stehen bleiben.
Genervt griff ich nach meinem Handy und machte ein neues Lied rein, bevor ich mein Blick wieder auf die Straße wendete und mit den Fingern auf dem Lenkrad trommelte.
Auf der anderen Straßenseite kam gerade ein dunkler Sportwagen zum stehen, ich musste direkt an Julian's denken, der genau so aussah.
Im Augenwinkel bemerkte ich, dass das Licht der Ampel Orange wurde, mein Blick huschte ein letztes mal zu dem Sportwagen und ich zuckte sofort zusammen, als ich den Blonden Haaransatz erkannte. Das kann doch nicht sein. Ich glaube ich bin irre. Oder?

Ein Hupen riss mich aus der Starre, verdammt es war schon längst grün.
Hektisch riss ich mein Lenkrad nach rechts und bog in die Seitenstraße ein.
Den Blick zum Sportwagen mied ich jedoch.
Das Bild ging mir aber nichtmehr aus dem Kopf, sein Gesicht hatte ich nicht erkennen können, da er etwas im Fußraum gesucht hatte.
Aber diese unverkennbaren Haare und der Wagen. Im Nachhinein ärgerte es mich, dass ich nicht doch nochmal hingeschaut hatte, aber an der jetzigen Situation hätte es auch nichts mehr geändert.

Drei verschwitzte Stunden später saß ich wieder zu Hause. Es tat unglaublich gut mich mal wieder auspowern zu können, letztendlich beschloss ich wieder öfters hin zu gehen.

-

"Können wir bitte was essen gehen, ich hab so Hunger" murrte ich nun schon zum zweiten Mal.

"Nur noch hier rein" Elisa zeigte auf einen kleinen Laden.

"Oooh und hier" kreischte Kara, während sie auf einen Unterwäsche Shop zu lief.

So ging das gefühlt seit Vier Stunden und ich wollte einfach nur endlich etwas essen.
Elisa und Kara verstanden sich mal wieder viel zu gut und zwangen mich dazu sämtliche Klamotten anzuprobieren. Anfangs hatte ich noch Spaß daran und hatte auch einige schöne Sachen gefunden, aber jetzt wurde es langsam nervig.

Den gestrigen Tag hatten Kara und ich echt viel gelernt und waren nun bestens vorbereitet. Heute hatten wir uns um 12 Uhr mit Elisa im großen Einkaufszentrum getroffen, seitdem waren wir Drei Stunden unterwegs und ich hatte seit heute morgen nichts mehr zwischen den Zähnen.
Als beide keine Lust mehr hatten, ja das geht, ich war genauso schockiert, beschlossen wir zum Chinesen zu gehen. Das Essen war himmlisch gut.
Und nach einer guten Stunde verabschiedeten wir uns alle voneinander.

Zuhause spielte ich mit dem Gedanken wieder ins Fitnessstudio zu gehen, wägte dies aber recht schnell wieder ab, da ich sowieso noch Muskelater hatte und für morgen fit sein musste.
Also ging ich recht früh ins Bett und stand morgens somit pünktlich vor der Sporthalle.
Ich zückte mein Handy, da ich noch 10 Minuten hatte, und schaute ob Kai noch etwas geschrieben hatte, nachdem ich ih meine Adresse gesendet hatte.

Danke. Ich bin dann um 18 Uhr bei dir.

Ich war gespannt auf unser Treffen und hatte ehrlich gesagt etwas Angst davor, aber ich wusste, dass Kai eine Person war, die sehr herzlich war und mit der man offen sprechen konnte.
Aber ehrlich gesagt wusste ich nicht so recht, wie er mir in dieser Situation helfen konnte.

-

Ich legte die Bluse und das Top neben die kurzen Shorts.

Bluse?

Top?

Gar nichts?

"Argh" fluchte ich.

Was zieht man denn bei sowas an?
Letztendlich zog ich mir das leichte Top mit Spitze an und streifte mir die schwarze Shorts über die Beine.
So konnte ich gehen.

Es war mittlerweile Freitag, 17.30 Uhr.
Kai würde mich bald abholen und meine Nerven gingen langsam mit mir durch, ich konnte mir selber nicht ganz erklären warum.
Nichtmal bei der Prüfung gestern war es so schlimm.
Welche übrigens gut verlief, nicht ganz so gut wie die mündliche, aber ich denke ich habe es geschafft.
Umso erleichterter bin ich heute morgen aus dem Bett gekommen, ich hatte endlich Semesterferien. Gut die nächste Woche war ich noch zwei mal dort. Zum einen würden am Freitag die Ergebnisse bekannt gemacht werden und zum anderen war am Mittwoch das Finalspiel der Fußball-Unimannschaften der Frauen.
Als ich hier angefangen hatte zu studieren war ich ebenfalls im Team, einfach weil ich es liebte Fußball zu spielen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch angefangen Literatur zu studieren. Alles in allem wurde es mir aber zu viel, da ich auch noch irgendwie Geld verdienen musste um die Miete zu bezahlen und letztendlich brach ich das Literatur Studium nach einem Semester ab und stieg somit auch aus dem Team aus.
Literatur hatte mich schon immer interessiert, aber ich wusste, dass ich lieber Sport weiter studieren wollte, da mir daran einfach mehr lag. So viel es mir auch nicht allzu schwer das Studium abzubrechen.

Ich war total aufgeregt auf das nächste und gleichzeitig letzte Jahr. In ziemlich genau einem Jahr werde ich das Studium abgeschlossen haben, sofern ich die Prüfungen schaffen würde. Aber zunächst freute ich mich auf den bald anstehenden Urlaub.

Das läuten der Tür riss mich aus meinen Gedanken.
Kai war bestimmt schon da.
Mit meiner Tasche in der einen und dem Handy in der anderen Hand öffnete ich die Tür.

"Hi" kam es sofort von meinem gegenüber.

"Hallo Kai" antwortete ich knapp und zog die Tür hinter mir zu.

"Schön dass ich dich auch mal wieder sehe" ich nickte.

"Ja das war wohl dringend nötig" er quittierte meine Aussage mit einem Lächeln und öffnete mir die Autotür.
Auch er nahm Platz und startete das Auto.

"Wohin fahren wir eigentlich?" fragte ich Kai nach einer Weile, in der wir auf der Straße fuhren.

"Zu mir, ist glaub der geeigneteste Ort um in Ruhe reden zu können" ich formte mit meinem Mund ein O und nickte anschließend.
Den Rest der Fahrt redeten wir nicht viel, aber es war mir so recht. Die Atmosphäre war angenehm, ich hatte keineswegs das Gefühl, dass Kai mich zu etwas zwingen würde und war ihm auch dankbar dafür.

Kurze Zeit später hielten wir vor einem kleinen, aber schicken Haus.
Kai öffnete die Garage und fuhr hinein, wir stiegen anschließend aus und gelangen durch eine Tür in einen Flur. Kai, der noch seine Trainigstasche in der Hand hatte, schob mich in die Küche und bot mir was zum trinken an.

"Setzt dich schon mal hin, ich zieh mich noch schnell um"

Nobody compares to you   -Julian BrandtWhere stories live. Discover now