76_Azad

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Er bedankte sich bei mir, wie ich mich bei ihm bedankt hatte. Nur ohne den Kuss, was schade war, da ich nach unserem Kuss noch mehr wollte aber es mir selbst nicht zuslassen würde.
Dafür jedoch entschied er sich dazu meine Hand zu ergreifen und mich zu seiner Wohnung zu bringen. Bis jetzt hatte ich gar nicht gewusst, dass er auch die Wohnung von diesem Mic benutzen konnte. Seine Verletzung hätte im Prinzip verhindert werden können, wäre er einfach nur zu seiner Wohnung gegangen. Es machte mich schon ein wenig wütend, dass er sein Leben damals so riskiert hatte, aber er hätte ja auch nicht wissen können, wie es endet. Noch nicht mal davon wie es hätte enden können, hatte er damals vermutlich eine Ahnung. Ich hoffte, dass er etwas daraus gelernt hatte, aber so wie ich ihn kannte, würde er es vermutlich noch mal machen, wenn er müsste.
Während wir also Hände haltend und nebeneinander gehend zu seiner Wohnung gingen, entschied ich mich dazu, dass wir so oft wie möglich in einer unser beiden Wohnungen schlafen würden, egal wie seine aussah. Eine Wohnung war immer besser, als eine von diesen Unterkünften, und noch um einiges sicherer.

Es fühlte sich schon etwas seltsam an, dass er mich zur Abwechslung mal irgendwohin führte. Natürlich ging ich fast direkt neben ihm, aber er war immer noch derjenige, der unseren Weg vorgab. Einerseits hatte ich es nie wirklich gemocht, wenn ich irgendjemanden folgen musste. Andererseits, war es Luc, welcher meine Hand einfach nicht losließ, so wie ich es auch nie getan hatte. Es war ein weiteres schönes Seltsam, von ihm zu seiner Wohnung geführt zu werden. Ich versuchte es einfach mal zu genießen.

Seine Wohnung war wirklich winzig und gerade mal für das Nötigste. Eigentlich nicht wirklich was besonderes in dieser Stadt, da nur die wenigsten wirklich genug Geld hatten um sich mehr Platz leisten zu können, aber ich war dennoch an mehr Platz gewöhnt. Die Toilette war gerade mal groß genug für eine Person und es gab nur ein Bett. Der Hauptraum war auch gerade mal groß genug, um auch mit Küche noch etwas Platz zu haben. Es war kein Wunder, dass er nach der Villa in der er gelebt hatte, das hier vermutlich als viel zu klein ansah und deshalb nicht hier schlief. Vielleicht lag es aber ja auch nicht daran, dass es ihm hier viel zu eng war. So genau konnte ich es schließlich nicht sagen.

Er entfernte irgendeine Bodenplatte und zog etwas Geld aus dem Loch, welches er mir in die Hand drückte. Es war viel. Verdammt viel. Hätte er nicht ziemlich deutlich gezeigt, dass er es definitiv nicht zurück haben wollte, hätte ich es vermutlich nie auch nur angerührt. Wenn ich ganz ehrlich war hatte ich noch nie so viel Geld in meiner Hand gehalten, auch wenn es an sich nur wenige Scheine waren, und es fühlte sich nicht richtig an. Dieses Geld würde vermutlich mehrere Familien für ein Jahr ernähren können. Hätten wir so viel Geld gehabt, als meine Mutter krank geworden war, hätten wir davon alleine die Behandlung bezahlen können. Diese wenigen Scheine hätten gemeint, dass sie nie hätte sterben müssen.

Während ich selbst noch weiter darüber nachdachte, was ich alles hätte mit dem Geld verhindern können, schaute Luc ein Foto an, was ihn zeimlich traurig zu machen schien. Ich konnte nicht sehen, was genau darauf war, bis er es mir zeigte. Als er meinte, dass die Frau auf dem Foto seine verstorbene Mutter war, verstummten meine Gedanken.
Die Frau sah ihm tatsächlich ziemlich ähnlich. Sie war wunderschön, keine Frage, aber meiner Meinung nach sah mein kleiner Luchs noch etwas besser aus. Sie lächelte leicht, aber nicht zu sehr. Vermutlich war es künstlich, doch das sah man ihr nicht an. Auf ihrem Gesicht wirkte es natürlich und echt.
Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Natürlich wollte ich nichts falsches sagen, aber alles was mir einfiel, schien nicht zu passen. Auch wenn wir beide unsere Mutter verloren hatten, hatte ich keine Ahung wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte.

"Sie sieht aus wie eine wunderbare Person und wie eine noch bessere Mutter", sagte ich dann nach wenigen Sekunden, in denen ich ihr Foto angeblickt hatte. Ich hoffte, dass ich damit nichts falsches gesagt hatte, aber jetzt war es sowieso egal. Schließlich konnte man gesagte Worte nicht rückgängig machen.
Dennoch wusste ich immer noch nicht, was ich sonst tun sollte. Würde er wollen, dass ich ihn jetzt umarme, oder sollte ich mich anderweitig dankbar zeigen? Brauchte er meine Nähe oder wollte er für diesen Moment etwas abstand? Ich war wirklich schlecht darin mit Leuten umzugehen, die ganz offensichtlich wegen irgendwas leideten. Zwar verstand ich, was er fühlte, aber nicht was er deshalb von mir wollte. Zumal war ich definitiv etwas zu erschöpft um eine wirklich gute Lösung zu finden.
Ohne meine vermutlich nicht perfekte Lösung zu hinterfregen, zog ich Lucien in eine Umarmung. Ich bezeifelte, dass es das war was er gewollt hatte, aber es war zumindest etwas.
Während der Umarmung sagte ich kein Wort mehr, doch als ich mich dann wieder aus dieser löste lächelte ich ihn mitfühlend an - vermutlich muss mein Lächeln immer noch seltsam aussehen. "Wir sollten jetzt wirklich schlafen", sagte ich in dem selben ruhigen Ton wie vorher und ging dann schließlich in das Schlafzimmer.

Automatisch griff ich hinter meinen Kopf, bevor ich mich erinnerte, dass ich meine Augenklappe gar nicht mehr trug. Luc hatte sie abgenommen, doch ich wusste nicht wo sie war. Dennoch war ich zu müde um jetzt danach zu fragen, zumal ich sie momentan sowieso nicht brauchte. Zum Abendessen mit dem General vermutlich, aber jetzt definitiv nicht.
Danach zog ich mein Oberteil und meine Hose aus, bevor ich mich ins Bett legte.
Es war eine seltsame Bettgröße - zu klein um ein Doppelbett zu sein, aber zu groß für ein Einzelbett. Aber abgesehen davon, war es um einiges gemütlicher als meine gewohnte Matte auf dem harten Boden. Das hier war zwar vermutlich nichts im Vergleich zu dem Bett, an das Lucien gewöhnt war, aber es war vermutlich näher an seinem gewohnten Bett, als an meinem.
Sofort fielen mir die Augen zu und ich begann zu schlafen.

Diese Nacht träumte ich nichts, oder zumindest nichts, an dass ich mich nacher erinnerte.

Als ich aufwachte hatte ich einen Arm um Lucien gelegt und es dauerte vermutlich eine Sekunde oder zwei, bis ich mich an den letzten Tag erinnert hatte, wobei ich dennoch meine Arm nicht wegzog. Ich grinste verschlafen und schloss noch ein mal kurz meine Augen um es zu genießen. Ich hatte nicht darauf geachtet, ob er schon wach gewesen war, aber wenn er wirklich nur drei Stunden schlaf brauchte müsste er entweder schon wach sein, oder er war lange nach mir ins Bett gegangen.

Lynx&Lion - The RebellionOnde histórias criam vida. Descubra agora