60_Azad

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Wir machten ab, uns in einer halben Stunde vor der Bar zu treffen und ich war damit einverstanden. Anders als er würde ich jedoch die Zeit nicht mehr hier verbringen. Es war mir hier zu voll und zumindest gerade hatte ich nicht besonders viel Lust mich noch mal zu betrinken. Mein Kopf tat immer noch etwas von heute morgen weh und daher war es vermutlich nicht die beste Idee schon wieder was zu trinken.

Ich wollte mich gerade auf den Weg nach draußen machen, als sich eine junge Frau zu mir gesellte. Sie lächelte etwas anzüglich und man konnte ihr ansehen, dass sie zumindest stark angetrunken war. Vergeblich versuchte sie sich bei mir einzuhaken und wirkte ziemlich unzufrieden damit, dass ich nicht besonders interessiert zu sein schien.

"Willst du kein Spaß, Löwe? Komm, lass uns was trinken und vielleicht wollen wir dann noch etwas mehr", kicherte sie. Ich kannte sie nicht, aber sie kam mir doch schon irgendwie bekannt vor. Ihre Stimme zumindest habe ich schon mal gehört. Woher genau, wusste ich jedoch selber nicht und es interessierte mich auch ziemlich wenig.

"Nein und verschwinde", meinte ich genervt, ohne sie überhaupt groß zu betrachten. Sie wirkte etwas verletzt, als hätte ich sie gerade wirklich beleidigt. Jedoch verschwand sie nicht, weshalb ich einfach versuchte an ihr vorbei zu gehen.

"Ich habe jedoch eine Nachricht für dich."

"Was ist es?"

"Der General lädt dich und deinen Schüler morgen ein. Der Dolch hat mir aufgetragen, dir diese Nachricht zu überbringen."
Sie war also eine, die für den Dolch arbeitete. Es erklärte schon ein bisschen. Die Rekruten des Dolches sind bekannt dafür, niemals die zu sein, die sie zu sein scheinen. Unter ihn arbeiten Spione, Diebe und Auftragsmörder. In der Regel hörte man höchstens ihre Stimmen, aber ihr Gesicht zeigten sie nur seltener.

"Er will dich im Restaurant treffen. Komm einfach dort hin, wenn ihr Zeit habt."
Ich nickte und verschwand aus der Bar ohne ein weites Wort mit überhaupt irgendjemanden zu wechseln.

Draußen war es kalt für unsere momentanen Verhältnisse. Anders gesagt, war es zu kalt in den Sachen, die ich trug, aber nicht zu kalt um es aushalten zu können. Es war aber immer noch besser, als in der viel zu vollen, viel zu heißen Bar, aus der ich gerade gekommen war.

Ich beschloss mich nur wenige Meter von der Tür entfernt, an die Wand zu lehnen und dort auf Mic zu warten. Ich nahm an, dass es noch ein bisschen dauern dürfte, aber das machte mir kaum was aus. Ich verbrachte die Zeit damit entweder die anderen Leute zu beobachten, oder meine Augen zu schließen um mich insgesamt etwas auszuruhen.

Als Mic also die Bar nach einiger Zeit verließ, hatte ich gerade meine Augen geschlossen gehabt, auch wenn ich sie ziemlich schnell geöffnet hatte. Er war nicht der erste gewesen der die Bar verlassen hat, weshalb ich im ersten Moment, bevor ich ihn gesehen hatte, dachte, es wäre nur irgendjemand anderes. Als ich dann jedoch wirklich Mic sah, musste ich unwillkürlich leicht grinsen.

Er kam sofort auf mich zu und stellte sich so nah vor mich, dass ich mich kaum bewegen konnte, ohne ihn zu berühren. Ich wollte ihn auch berühren, was die Situation etwas unangenehm machte. Mal wieder kämpfte mein Herz mit meinem Verstand und ich wollte momentan gar nicht erst wissen warum. Er blickte mir direkt in mein Auge und so tat ich es ebenfalls.

"Nun, ich weiß selber nicht wohin", merkte ich an, als er mich gefragt hatte, an welchen Ort ich dann gedacht hätte. Er stellte mir noch eine andere Frage und ich wusste, dass ich sie beantworten musste. Ich selbst wusste die Antwort jedoch nicht. Im Bad ist es einfach so aus mir raus geplatzt. Schon damals hatte ich nicht gewusst, was ich damit gemeint hatte.
"Und wenn ich ehrlich bin, hab ich selbst keine Ahnung", gestand ich also, nachdem ich kurz überlegt hatte," Im Bad habe ich es spontan gesagt, ohne denn Sinn dahinter zu verstehen. Vermutlich liegt es daran, dass ich dir vielleicht nie so stark vertrauen können werde, wie du es verdient hast und es von einem Freund erwartest. Vermutlich, weil ich vielleicht nie, alles für dich tun würde ohne selbst darüber nachzudenken. Ich weiß nicht, was ich von einem Freund erwarte und noch weniger, weiß ich was du von einem Freund erwartest, aber dennoch weiß ich, vermutlich nie, deinen Hoffnungen zu entsprechen."

Hatte ich zu viel gesagt? Wenn ich ehrlich war, hatte ich nur laut gedacht, ohne wirklich darüber nachzudenken, ob es wirklich Sinn ergibt.

Wenn ich ehrlich war wusste ich auch nicht, warum ich daraufhin mit wenigen schnellen Bewegungen meinen Platz mit dem von Mic tauschte. Ich hatte seinen Arm ergriffen, und drehte uns beide. Bevor also einer von uns wirklich begreifen konnte, was ich getan hatte - ich ging zumindest davon aus, dass Mic ebenfalls überrascht war - stand ich auch schon vom Mic und drängte ihn damit quasi gegen die Wand. Ich ließ seinen Arm jedoch nur langsam los.

"Insgesamt... hast du eigentlich eine Ahnung, wie sehr du mich verwirrst, Luc", rutschte es mir raus, während ich noch immer in sein eines Auge blickte. Meine Haut kribbelte leicht von der Nähe und mein Herz schlug etwas zu schnell und zu stark.

Momentan wollte ich eigentlich nichts lieber, als ihn tatsächlich noch näher zu kommen. Verdammt, wie bin ich nur in etwa einen Tag von komplett verärgert zu dem hier gekommen? Ich verstand die Welt wirklich kaum noch.

Wieder ziemlich spontan und selbst für mich unerwartet, griff ich schließlich wieder seine Hand und zog ihn mal wieder mit mir. "Verdammt", fluchte ich leise vor mich hin und wiederholte es noch ein paar mal.
Ich hatte insgesamt außerdem keine Ahnung wohin ich überhaupt ging. Tatsächlich dachte ich kein bisschen darüber nach, wo ich hin wollte oder welche Straßen und Gassen ich nahm. Ich ging einfach nur und hielt währenddessen Mics Hand, was mir immer mal wieder schon fast schmerzlich bewusst wurde, ehe ich es wieder als angenehm entfinden konnte.

So ging das für einige Minuten, bis ich plötzlich in einer kleinen, verlassenen Gasse stehen blieb und mich zu Mic umderehte.
"Verlassen genug?" Meine Stimme war aus irgendeinem Grund einen ticken zu scharf und ernst gewesen.
Er tat mir wirklich leid schließlich musste ich mich gerade wie ein Verrückter benehmen. Sofort begann ich wieder in seine Augen zu blicken, was ich mittlerweile viel zu oft getan hatte, auch wenn es dieses Mal wieder das mit dem goldenen Schimmer war. Es war wirklich wunderschön, auch, wenn man diesen Schimmer momentan nicht sehen konnte, da es zu dunkel war.

Ich wusste nicht was ich jetzt tun sollte.

"Weißt du...", begann ich sanft ohne es jedoch beenden zu können.

Lynx&Lion - The RebellionWhere stories live. Discover now