28_Azad

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Mir war es ziemlich egal, wer den Drink bezahlte, weshalb ich nichts dagagen hatte, dass er mir etwas ausgeben wollte. Vermutlich hatte er aber ziemlich wenig Geld und würde wegen diesem Drink später noch Probleme damit haben, essen zu kaufen. Er sollte sich wirklich daran gewöhnen ein solches Angebot anzunehmen, aber das sagte ich ihn nicht. Er wusste vermutlich zumindest einigermaßen, dass man Geld nicht einfach so aus dem Fenster schmeißen sollte, und vielleicht hatte er doch genug Geld um mir, ohne spätere Probleme, einen Drink ausgeben zu können. Warum machte ich mir überhaupt solche Sorgen? Ich hatte mich nie um die finanzielle Situation anderer gekümmert, also sollte ich jetzt nicht damit anfangen. Vermutlich war es nur die Erschöpfung, die mich dank meiner schlechten Erinnerungen und dem gestrigen Tag, mittlerweile einholte.

Wir gingen zu einer kleinen Kneipe, die sich nicht weit von unserem letzten Stop entfernt befindet. Es war einer der ordentlicheren und sichereren Kneipen, was aber für jemanden wie Mic vermutlich nicht allzu offensichtlich schien. Schließlich roch es stark nach Alkohol, Essen und ein wenig nach Erbrochenen. Das Möbelliar war gut gebraucht und an vielen Stellen schon etwas kaputt. Insgesamt schien es hier zwar ungemütlich, aber nicht zwielichtig, wie in den meisten anderen Kneipen hier. Es war nicht besonders gut gefüllt, weil es noch früh war. Die wenigen Besucher die hier waren, waren größtenteils Alkoholiker, die sogar jetzt schon betrunken zu sein schienen. Tatsächlich saßen in einer Ecke auch ein paar Kinder - ich würde sie zwischen sieben und dreizehn einschätzen - die ich ein großes Stück Brot teilten.

Entspannt ging ich zu einem kleinen Tisch nicht weit vom Eingang entfernt und setzte mich. Ein Mädchen, das hier vermutlich arbeitete kam schon fast sofort zu unserem Tisch und blickte uns beide an. Es war offensichtlich, dass sie auf unsere Bestellung wartete.
"Zwei Bier und ein Stück Brot und richte dem Koch einen Gruß von mir aus.", meinte ich leicht lächelnd. Ich kam öfters hier her, weshalb mich der Koch recht gut kannte. Das Mädchen dagagen, schien neu zu sein, weshalb sie vermutlich nur von mir gehört hatte. Zumindest von einem meiner zwei Namen. Das Mädchen nickte nur und verschwand schnell.

"Also, wo soll ich dann mal beginnen?", überlegte ich laut, nachdem ich mich Mic zugewendet hatte. Ich lehnte mich entspannt im Stuhl zurück. Als ich dann beginnen wollte, senkte ich meine Stimme etwas, für den Fall, dass jemand uns belauschen könnte und bemerkt, wir redeten über die Rebellion. Man weiß so nah am Tor zur Stadt der Reichen nämlich leider nie, ob es hier welche gibt, die es den Wachen erzählen würden.

"In den letzten Jahren ist eigentlich kaum was hier passiert, wenn ich ehrlich sein möchte. Schon seit ich klein war, war es eigentlich so wie es jetzt gerade ist, nur, dass selbst ich als Kind, nicht alles mitbekommen habe. Du weißt vermutlich, dass alle die nicht Reich sind, in Orten wie diesen wohnen. Das geht, wie du vermutlich ebenfalls weißt, im ganzen Land so und in den anderen Ländern ist es wenn überhaupt nur wenig besser. So wirklich viel weiß ich, wie vorhin gesagt, von dem ganzen auch nicht. Jedenfalls gibt es die Rebellion schon in etwa so lange, wie es diese extreme Trennung zwischen Arm und Reich gibt. Es gab Zeiten, wo wir unserem Ziel, diese Trennung zu zerstören, ziemlich nah waren, und Zeiten, wo dieses Ziel unerreichbar schien. Momentan sieht es weder schlecht noch gut für uns aus, aber wir haben ein paar Pläne, von denen ich dir noch nicht erzählen darf, die uns vermutlich etwas voran bringen dürften. Die genaue Geschichte der Rebellion ist aber in etwa genau so lang wie langweilig, von daher sollte das erst mal reichen."

Ich legte eine kurze Pause ein, da das Mädchen mit unserer Bestellung ankam. Als Dank nickte ich ihr kurz zu und nahm einen Schluck von meinem Bier. Wie fast jedes Bier, dass ich je getrunken hatte, war auch dieses widerlich und mit Wasser gestreckt worden. Daran war ich aber schon ziemlich gewöhnt.

"Was die Rebellion angeht, muss ich dir aber vermutlich viel erklären... Was unsere Decknamen angeht. Es ist für jemanden wie dich vermutlich etwas verwirrend zu verstehen, weil du nicht in der Stadt groß geworden bist. Es ist so, dass der Deckname in Situationen verwendet wird, die mit der Rebellion zu tun haben, unserer richtiger Name dagegen in den anderen Situationen, die nichts damit zu tun haben. Für viele ist Azad jemand anderes als der Löwe, so seltsam das auch klingen mag. Es ist schwer zu erklären, aber insgesamt nicht all zu schwer zu verstehen, von daher lasse ich es mal aus, es wirklich zu erklären zu versuchen."

Ich machte eine weiter Pause, weil ich wusste, dass es etwas dauern könnte, das nächste zu erklären. Ich nahm einen etwas größeren Schluck meines Getränks und setzte wieder zum reden an.

"Was Ränge und so angeht, ist es so, dass man am Anfang logischerweise ein Rekrut ist. Als solcher führt man nur Befehle aus und wenn man schon etwas erfahrener ist, bildet man andere neue Rekruten aus. Es gibt auch einige, die abgelehnt haben, einen höheren Rang anzunehmen und damit eine Führungspersönlichkeit zu werden und ein Tattoo zu bekommen. Sie sind zwar offiziell Rekruten, aber haben dennoch mehr Einfluss und manchmal sogar einen eigenen Decknamen. Der nächste Rang wird oft nur Sekretäre genannt und tatsächlich gibt es weniger von diesem Rang, als Angehörige meines Rangs. Der Name sollte eigentlich schon in etwa sagen, was die machen. Es ist auch ziemlich schwer als Sekretär aufzusteigen. Der nächte Rang ist der eines Unteroffiziers, zu dem ich gehöre. Wir sind die Vorgesetzten der Rekruten und wenn wir wollen, können wir einen Sekretär haben. Obwohl wir schon recht viel Einfluss verglichen mit den unter uns haben, müssen dennoch noch auf die Befehle unseres jeweiligen Offizieres, Generals und dem Anführer hören und diese ausführen. In jeder größeren Stadt, in der es Rebellen gibt, gibt es bis zu vier Offiziere mit jeweils bis zu zwei Unteroffizieren, sowie einem General. Generäle sind die Anführer der Rebellion in einer jeweiligen Stadt, weshalb sie meist auch einfach Anführer genannt werden. Ist nun mal einfacher. Es gibt jedoch nur einen wirklichen Anführer und um ehrlich zu sein, kennen nur Generäle und ein paar wenige Offiziere die Identität und Aufenhaltsort von diesem."

Keine Ahnung ob er es wirklich verstand, aber an sich ist es nicht so schwer zu verstehen. Das Problem war nur, dass ich schon seit klein auf kein Funken Talent darin hatte, etwas zu erklären oder Leuten Sachen bei zu bringen. Ich trank dieses mal etwas mehr als nur einen Schluck und nahm mir etwas Zeit, ehe ich fortfuhr.

"Was die Rebellion angeht, sollte das also jetzt genug sein. Neben uns gibt es aber auch noch zwei weitere größere und ein paar kleiner Gruppierungen und Gangs, hinter denen die Wachen her sind. Die Anführer dieser haben außerdem ähnliche Tattoos wie wir Rebellen, also solltest du auch nicht jedem vertrauen, der ein Tattoo hat, das nach einem eines Rebellen aussieht. Insgesamt solltest du dich lieber nicht mit den anderen Gruppen anlegen. Nicht alle unterstützen die Rebellion und man weiß nie wie sie uns gegenüber gerade stehen."

Das ist eigentlich schon fast alles was mir jetzt gerade einfällt, an Sachen, die er wissen sollte. Ich verstummte deswegen wieder kurz und dachte nach, ob mir noch was einfallen würde, während ich immer mal wieder etwas trank und etwas von dem Brot aß.

Mir fiel noch ein, dass er mich nach der Bibliothek gefragt hatte, weshalb ich kurz erwähnte, dass sie abgesehen vom Sonntag jeden Tag von acht Uhr morgens bis zehn Uhr abends geöffnet hatte. Ansonsten hatte ich aber nichts mehr, was mir wichtig genug schien um es zu erwähnen.
"Falls du doch noch fragen hast, kannst du sie mir natürlich stellen. Dafür bin ich schließlich da. Momentan sieht es so aus, als gäbe es für mich nichts zu tun, von daher haben wir vermutlich etwas Zeit.", meinte ich deswegen nach einiger Zeit. Ich war mir um ehrlich zu sein ziemlich sicher, dass er noch einige Fragen hatte, aber ich war mir nicht sicher ob er sie stellen würde.

"Falls das aber genug für dich ist, werde ich jetzt gleich gehen. Ich wollte noch etwas erledigen."
Dieses Etwas war zwar nichts anderes als zum öffentlichen Badehaus zu gehen und danach dem Alten von meinem bisherigen Plan mit, und Wissen über, Mic zu berichten, aber dass musste er nicht unbedingt wissen.

Lynx&Lion - The RebellionWhere stories live. Discover now