29_Lucien

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Was fängt man mit dem Wissen an?


Ich fragte mich, wie es wohl weitergehen würde. Sowohl mit mir, als auch mit Mic, mit Azad, mit den Rebellen im allgemeinen, mit dieser Stadt- mit diesem Land und so vielem mehr. Auf nichts darauf konnte ich eine Antwort bekommen- zumindest dann nicht, wenn ich nicht danach suchte. Ich würde wohl meinen eigenen Weg finden müssen um mit dieser Situation klarzukommen.

Ich hatte mir Abwechslung von meinem langweiligen, eintönigen Leben gesucht? Diese hatte ich definitiv gefunden.

Die nächste Zeit würde alles andere als langweilig werden. Ich fragte mich, ob ich wohl überhaupt das Versprechen mit Mic einhalten konnte nach zwei Wochen wieder mit ihm die Plätze zu tauschen. Das alles würde sich nicht von einem Tag auf den Nächsten regeln lassen. Es würde seine Zeit brauchen. Bei uns Adeligen heilten Wunden schnell, aber hier bei dem einfachen Volk taten sie es nicht.

Vermutlich sollte ich mein Geld besser haushalten- ich wusste nicht, wie lange ich damit würde auskommen müssen, aber so wie ich es momentan einschätzte, hatte ich mehr als genug Geld für die zwei Wochen dabei und zu viel konnte ich ohnehin nicht ausgeben, ohne dass es auffallen würde. Man würde sich fragen, woher ein einfacher Bauer so viel Geld besaß. Ich wusste nicht, wie viel ein Bauer verdiente, aber viel war es bestimmt nicht, so wie ich die Welt, die ich kennengelernt hatte, einschätzte.

"Bei mir läuft immer noch alles gut. Dein Vater ist noch nicht zurückgekehrt und von den anderen schöpft keiner Verdacht!", ertönte Mics Stimme in meinem Ohr, während ich Azad zu der Bar folgte. "Aber ich mache mir Sorgen um dich. Ich weiß, dass ich dich mehr hätte aufklären müssen, aber ich hatte Angst, dass du dem Tausch dann vielleicht nicht zustimmen würdest, weil es dir zu gefährlich ist. Und um ehrlich zu sein- ich habe dich einfach nur für dein Leben gehasst und beneidet. Vielleicht wollte ich dich auch ins offene Messer hineinlaufen lassen. Deswegen hatte ich mich auch bisher noch nicht bei dir gemeldet. Aber nun, da du dich den Rebellen angeschlossen hast... Vielleicht kannst du tatsächlich etwas bewirken. Vermutlich bist du sogar der Einzige, der etwas bewirken kann. Ich glaube an dich und ich werde dich zukünftig so gut es geht von hier aus unterstützen. Ich weiß, dass du nicht mit mir sprechen kannst, aber vielleicht kannst du ja Botschaften schreiben, welche ich über die Kamera lesen kann. Und ich würde dich bitten, dass du zu dem geplanten Treffen in fünf Tagen auftauchst. Vielleicht kann ich dir dann ja noch ein paar mehr Fragen beantworten!"

Wir betraten die Bar und ich blendete Mics Gerede aus. Es spielte gerade keine Rolle- ich musste vorsichtiger sein- mich besser anpassen und dafür musste ich mich konzentrieren und durfte mich nicht ablenken lassen. Vielleicht konnte ich Mic sogar etwas verstehen, dass es mir das alles verschwiegen hatte, auch wenn ich immer noch sauer auf ihn war. An seiner Stelle hätte ich vermutlich nicht anders gehandelt, wenn ich dadurch die Möglichkeit gehabt hätte, einem armseligen, gefährlichen Leben zu entfliehen. Im Prinzip hatte ich ja sogar nicht anders gehandelt. Ich hatte mich nach Abwechslung und Abenteuer gesehnt- Mic nach einem sicheren, wohlständigen Leben. Wir hatten beide unsere Welten, in die wir nicht richtig passten und denen wir entfliehen wollten.

Ich blickte mich in dem Raum um. Kneipe- ich hatte das Wort in einem Buch aufgeschnappt- traf es wohl eher als eine Bar, wie ich sie kannte. Es roch stark nach Alkohol, vermischt mit schweren Essensgerüchen und die Kneipe hatte definitiv schonmal bessere Zeiten gesehen. Alles wirkte abgenutzt, gebraucht und irgendwie schäbig. Aber vermutlich konnte es schlimmer gehen. Nachdem ich mich von der Einrichtung losgerissen hatte, betrachtete ich die anderen Gäste der Bar, welche nicht gerade zahlreich waren- vermutlich war es für die meisten einfach noch zu früh einen solchen Ort aufzusuchen oder sie besaßen einfach nicht das Geld dafür.

Lynx&Lion - The RebellionWhere stories live. Discover now