43_Lucien

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Warum fühle ich mich in Azads Gegenwart so anders?


Die ganze Zeit während ich redete hatte ich Angst.

Angst, dass Azad mich einfach von sich stoßen würde.

Angst, dass er nicht einwilligen würde mein Freund zu sein.

Angst, dass ich vielleicht doch zu Victor würde gehen müssen.

Aber all diese Ängste wurden mit nur einem einzigen Wort aufgelöst. Hatte der Rebell gerade wirklich "Ja" gesagt?

Ich konnte es nicht wirklich glauben. Azad akzeptierte mich wirklich als Freund? Ich wusste, dass wahre Freundschaft auf gemeinsame Zeit und aufgebautes Vertrauen basierte, aber dass er überhaupt diese Freundschaft annahm, war schon einmal ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Azad erwiderte die Umarmung nicht, aber er löste sie auch nicht, was ich irgendwie schon als Umarmung wertete- ich zweifelte stark, dass Azad oft irgendjemanden umarmte- selbst zwischen ihm und seinen Schwestern konnte ich es mir ehrlich gesagt nicht wirklich vorstellen.

Als mich Azad wieder von ihm wegschob, bemerkte ich wie nahe wir uns gerade eigentlich waren und mein Herz machte einen kleinen Sprung, den ich nicht wirklich einordnen konnte. Ich war nur erleichtert, dass er es nicht schaffte in meine Augen zu blicken, denn bei unserer geringen Entfernung zueinander, hätte er die Goldpartikel auf jeden Fall gesehen.

Mir fiel erneut auf, wie gut er eigentlich aussah- trotz seiner Narben und der Augenklappe hatte er etwas unglaublich faszinierendes an sich oder vielleicht auch gerade deswegen.

Es war etwas völlig anderes als die immer gleichen, perfekten Gesichter, die jeder bei uns in der Elite hatte. Wir wurden zwar nicht direkt im Reagenzglas erschaffen und völlig manipuliert, trotzdem wurde immer darauf geachtet, dass nur das beste Erbmaterial weitervererbt wurde und viele der Erwachsenen hatten auch Operationen hinter sich.

Auch bei mir hatte mein Vater zu einer solchen Operation gedrängt, damit ich noch perfekter aussehen würde, aber ich hatte auf meine natürliche Schönheit bestanden und mein Vater hatte nach langer Diskussion endlich eingelenkt- vorerst zumindest.

Azads Narben zeugten von zahlreichen Kämpfen in seiner Vergangenheit- von seinem Mut, seiner Tapferkeit und seiner Stärke. Etwas, was bei mir niemals der Fall sein würde, weil meine Wunden stets ohne Narben zurückblieben. Meine Haut würde immer makellos sein- bis auf eine schmale, blasse Narbe an meinem Rücken, diese hatte ich noch aus meiner Kindheit, wo die Technik noch nicht perfekt entwickelt gewesen war und ich hatte sie auch lange Zeit verschwiegen, weswegen die "Rettung" meiner Haut zu spät kam.

Ich fand mein Aussehen zu perfekt langweilig, während Azad mysteriös und anziehend wirkte.

Viele mochten Azad als bedrohlich empfinden, aber ich sah so viel mehr in dem Rebellen. Sein eisblaues Auge, welches mich jedes Mal von neuem in seinen Bann zog, sein verwegenes Aussehen, welches ihn in meinen Augen so viel heißer wirken ließ, als jeden Mann, dem ich bisher begegnet war. Ob er selbst wohl wusste wie gut er aussah? Und ich sah den Menschen dahinter, welcher mich von Tag zu Tag mehr in seinen Bann zog, so sehr er mich auch verletzt haben mochte. Verdammt... ich sollte aufhören von Azad zu schwärmen.

Ja, er war gutaussehend und so vieles mehr, aber ich musste mich selbst stoppen, ehe ich begann wirkliche Gefühle für ihn zu entwickeln- wenn es dafür nicht sogar schon zu spät war- aus uns beiden würde ohnehin niemals etwas werden. Er würde niemals auf einen Mann stehen und auch auf keinen Fall auf jemanden wie mich. Er hasste die Elite und er würde mich hassen, wenn er herausbekam, wer ich wirklich war. Selbst wenn irgendwann Liebe zwischen uns sein würde, so hatte diese doch keine Chance.

Lynx&Lion - The RebellionWhere stories live. Discover now