Allein unterwegs

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Jenny PoV

Es ist dunkel und noch eisig kalt. Die Atemluft meines Schimmels gefriert ihm an seinen Tasthaaren zu kleinen Eiszapfen. Aber tapfer reiten wir weiter in den anbrechenden Tag. Die Route, die ich mit Pat und Claus hergekommen bin habe ich noch vage im Kopf. Ich treibe Manolito zu einem leichten Trab an, um schnell aus der Stadt zu kommen, bevor mein Verschwinden bemerkt wird. Bei Sonnenaufgang werden die Soldaten los reiten und da möchte ich schon ein Stück voraus sein.

Wir kommen gut voran. Ich lasse mein Pferd zwar sehr oft am langen Zügel einfach Schritt gehen, damit er sich ausruhen kann, aber ich verzichte für mich selbst auf Pausen. Ich esse auf dem Pferderücken von den Vorräten, die ich mir aus der Küche in die Satteltaschen gepackt hatte. So allein habe ich viel Zeit über alles in Ruhe nachzudenken. Ich versuche mein komplettes Leben in meinem Kopf zu sortieren. Vor etwas über einem halben Jahr war ich noch eine arme Bauerntochter und habe mit meinem Bruder und Vater die Felder bestellt. Und jetzt bin ich Erbin eines riesigen Landes mit einer imposanten Handelsstadt. Es sind solche enormen Extreme, dass ich sie immer noch kaum erfassen kann. Aber am meisten hat mir die Zeit dazwischen bedeutet. Ich glaube, die letzten Monate bei Pats Eltern waren die besten meines bisherigen Lebens. Dort hatte ich eine Familie, die mich unterstützt und gefördert hat und ich konnte meinen eigenen Weg ausprobieren. Meine eigene kleine Apotheke und die vielen Menschen, die mich um Hilfe ersucht haben, hatten mein Selbstbewusstsein und meine Eigenständigkeit gestärkt. Traurig denke ich daran, dass ich das wohl nicht mehr machen kann, wenn ich wieder in das Schloss meiner Großmutter zurückkehre. Und dann ist da noch Manuel. Der Mann, in den ich mich unsterblich verliebt habe. Ohne den ich mir eine Zukunft einfach nicht vorstellen kann, auch wenn alles dagegen spricht, dass wir ein gemeinsames Leben führen können. Ich spüre, wie mir warme salzige Tränen über meine kalten Wangen rinnen. Ich kann sie nicht mehr zurück halten und ich habe niemanden da, der mich gerade aufmuntern kann und mir sagen kann, dass alles gut wird.

Meine Reise geht gut voran und ich erreiche bald den Wald, in dem wir auf dem Hinweg von den Wegelagerern überfallen wurden. Ich zögere. Soll ich mich wirklich allein hier durch wagen oder lieber warten bis die Soldaten mich eingeholt haben? Andererseits bin ich gerade mal einen halben Tagesritt von der Stadt entfernt und die Waffen könnten noch auf den Gedanken kommen mich wieder nach Hause zu schicken. Ich entscheide mich für eine kleine Pause und will es dann einfach wagen.

Ich spüre, dass mein Pferdchen langsam müde wird. Wir haben fast den ganzen Weg durch den unheimlichen Wald geschafft. Ich habe ihn oft galoppieren lassen, aber wenn ich nicht aufpasse wird er sich überanstrengen, also lasse ich ihn jetzt ruhiger laufen. Die Stelle, an der wir angegriffen wurden haben wir zum Glück schon hinter uns gelassen. Mein Herz hatte mir bis zum Hals geschlagen und ich hatte mich flach auf Manolitos Hals gelegt und gebetet, dass es sich nicht noch einmal wiederholt. Und das Glück war wirklich auf meiner Seite. In der Abenddämmerung erreiche ich das Gasthaus und atme erleichtert auf. Hier werde ich auf die Wachen warten.

Der Wirt empfängt mich freundlich und nachdem ich Manolito versorgt habe, gehe ich auf mein Zimmer und erwarte die Ankunft der Soldaten. Ich muss eingeschlafen sein, denn ich schrecke von lauten Stimmen und Pferdewiehern auf. Mit einem Satz bin ich an dem kleinen Fenster und schaue nach draußen. Sechs Soldaten mit dem Wappen des Herzogtums sitzen gerade von ihren Pferden ab und einer von ihnen redet mit dem Gastwirt. Ich richte meine Kleider und gehe hinunter, um mit dem Kommandant der Truppe zu sprechen. Als er mich sieht, ist er sehr erstaunt „Lady Jennifer? Wie kommt ihr hierher? Wisst ihr nicht wie gefährlich diese Gegend ist." Ein wenig eingeschüchtert nicke ich und antworte ihm dann wahrheitsgemäß „Ich habe es im Schloss nicht ausgehalten und will mich vergewissern, ob es meinen Freunden im Königreich von Manus Vater gut geht." Und vor allem, ob es Manu gut geht... Aber das behalte ich besser für mich. Zweifelnd sieht der ältere Mann mich an und schüttelt dann seinen Kopf „Das kann ich auf keinen Fall zu lassen. Beim Anbruch des Tages werdet Ihr mit zwei meiner Männer zum Schloss zurück kehren." Ich bin auf diese Reaktion von ihm vorbereitet und sage streng „Auf keinen Fall. Ich werde ins Königreich reiten. Und ihr habt einzig die Wahl, ob ihr mich begleitet oder ich mache mich allein auf den Weg." Er holt tief Luft und will etwas erwidern, aber ich sage schroff „Es gibt keine Diskussion darüber." Da lächelt er freundlich und sagt beschwichtigend „Selbstverständlich begleiten wir Euch. Ihr seid genauso willensstark wie eure Mutter war. Sie wäre unglaublich stolz auf euch." Darauf war ich nicht gefasst und die Erwähnung meiner Mutter macht mich wieder traurig. Ohne ein weiteres Wort laufe ich die Treppe hinauf und gehe zurück in mein Zimmer. 

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Ich habe es doch noch geschafft ein Kapitel heute fertig zu bekommen. #ganzvielliebe an euch alle <3

Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | FreedomsquadWhere stories live. Discover now